REUTLINGEN. Um den Zeitgeist vergangener Epochen einzufangen - Geschichten über Geschichte zu erzählen - legt sich das Reutlinger Heimatmuseum ordentlich ins Zeug. Denn neben Dauerausstellungen beherbergt das Heimatmuseum in der Reutlinger Altstadt auch Wechselausstellungen, für die jeweils neue Exponate gefunden werden müssen. Damit »Eintauchen! Auftauchen! Bäder und Baden« am 2. Dezember planmäßig eröffnet werden kann, bereiten RiIling und sein Team schon seit über einem halben Jahr Informationen auf, erstellen Texte für Informationstafeln und planen die Details der Installationen. Am Beispiel der Reutlinger Bade-Historie veranschaulicht das Heimatmuseum, wie dort eine Wechselausstellung entsteht.
Wie findet das Museum die Themen für seine Ausstellungen?
Den Einfall für eine Ausstellung über die Historie öffentlicher Bäder Reutlingens hatten die Historiker des Museums, so Rilling. »Zunächst überlegten wir uns: Was hat es bisher noch nicht gegeben und welches Thema, das auch die Reutlinger Stadtgeschichte betrifft, könnte unsere Besucher interessieren?« Manche Ideen kristallisieren sich erst während des Arbeitsprozesses heraus. »Viele Inhalte ergeben sich beispielsweise während der Recherchearbeit«, sagt der Museumsleiter.
Wie wird eine Ausstellung vorbereitet?
Nach der Entscheidung im letzten Sommer für die Bade- und Bäderausstellung begannen die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Museums mit der Ausarbeitung ihrer Idee. »Wir sind mit einem groben Konzept angetreten, wollten etwas über die Bädergeschichte der Stadt Reutlingen, über die Orte der Bäder, über Bademodenherstellung und über die Menschen, die mit dem Baden zu tun haben, in der Ausstellung haben«, erzählt Rilling. In den darauffolgenden Monaten sammelten die Kollegen Informationen - »dann beginnt die Archivarbeit«.
Woher stammen die Informationen?
So habe eine Mitarbeiterin im Stadtarchiv viele nützliche Informationen über die Reutlinger Bäder-Geschichte gefunden. Um daraus Ausstellungstexte zu erstellen, müssten die Informationen wohl überlegt gebündelt werden, so Rilling. Zusätzlich durchforsteten die Historiker das Internet und Tageszeitungen. »Wir versuchen immer auch, ein bisschen in die Bevölkerung reinzuhören«, erklärt Rilling. Ein Aufruf in lokalen Zeitungen beispielsweise habe dem Museum knapp 20 Rückmeldungen - vor allem Fotos - aus der Bevölkerung gebracht.
Nach welchen Kriterien werden Exponate ausgewählt und wie kommen sie ins Museum?
Die Ausstellung zeigt ab Dezember drei große Zeitabschnitte der Reutlinger Badehistorie: "Es geht um die Zeit bis ins 19. Jahrhundert mit der Erbauung des mittlerweile nicht mehr existenten Arbachbades, dann um eine Phase bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts, in der das Achalmbad gebaut wurde und die die Zeit des Dritten Reiches beinhaltet, und dann um den Sport- und Freizeitcharakter der öffentlichen Bäder ab den 1950er-Jahren, gibt Rilling einen Vorgeschmack.
Grundlage für die meisten Ausstellungen mit einem hohen Heimatbezug bilden die vom Reutlinger Museum in der Region gefundenen Erinnerungsstücke von Zeitzeugen, Artefakte und Überbleibsel vergangener Zeiten, worauf RiIling besonderen Wert legt. Necdet Mantar, der Chef der Reutlinger Bäderbetriebe, habe bei der Beschaffung einiger Exponate geholfen, die so nur in Bädern mit einer Historie wie dem Reutlinger Achalmbad zu finden sind.
»Die Armbänder aus Messing waren für die Spinde in den Umkleiden, weshalb auf manchen Bändern noch ein bisschen rote oder blaue Farbe erkennbar ist«, erklärt Rilling zu zwei Exponaten. Ergänzt wird die über Monate angesammelte Basis durch die knapp 50.000 Exponate aus dem museumseigenen Archiv.
Soll jedoch ein ganz bestimmter historischer Gegenstand in Reutlingen zur Schau gestellt werden, habe das Heimatmuseum die Möglichkeit, Exponate anderer Museen als Leihgabe auf begrenzte Zeit in seine Sammlung aufzunehmen. »Für unsere momentane Arbeit waren Leihgaben aber weniger relevant, weil es wirklich ein Reutlinger Thema ist«, informiert Rilling. Um Leihgaben aus einem staatlichen Museum zu erhalten, müssten kleine Museen wie das Heimatmuseum jedoch mindestens ein halbes Jahr im Voraus einzelne Exponate anfragen und zudem die genauen Vorgaben des Besitzers zur Lagerung der Stücke einhalten.
Wer ist an der Gestaltung der Ausstellung beteiligt?
Für die Bäderausstellung arbeitet das Heimatmuseum Raumausstattern und Innenarchitekten zusammen, die sich meist auf das Arbeiten in Museen spezialisiert haben. »Für diese Ausstellung haben wir uns quasi Inspirationen mit Gitti Scherer, einer Gestalterin aus Berlin und Stuttgart, ins Haus geholt.«
Zum Aufgabenspektrum von Kuratorin Scherer gehöre auch, Poster und Folien, Informationstafeln und Leinwände in Produktion zu geben und diese zusammen mit den Exponaten fest zu installieren, wie Rilling erzählt. Nebst der Präsentation müssten die Historiker in der heißen Phase vor einer Ausstellungseröffnung viele Einzelheiten mit Zuständigen absprechen. »Den Termin mit dem Oberbürgermeister haben wir schon Frühjahr abgestimmt«, verrät Rilling. (GEA)