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Aktuell Jubiläum

Seit fast exakt 60 Jahren hält der Reutlinger Hagen Kluck der FDP die Treue

Hagen Kluck hat sich feiern lassen für 60 Jahre Mitgliedschaft bei den Liberalen – auch wenn’s eigentlich ein bisschen mehr ist.

FDP-Jubilar ganz entspannt: Hagen Kluck im GEA-Gespräch.
FDP-Jubilar ganz entspannt: Hagen Kluck im GEA-Gespräch. Foto: Foto: Pieth
FDP-Jubilar ganz entspannt: Hagen Kluck im GEA-Gespräch.
Foto: Foto: Pieth

REUTLINGEN. Der Riesenschnauzer ist neben der erzliberalen Gesinnung das wohl markanteste Markenzeichen von Hagen Kluck. »Nur auf meinen Kinderbildern ist der nicht drauf«, ulkt das Reutlinger FDP-Urgestein im GEA-Gespräch. Nur einmal habe er ihn abrasiert – aus Versehen, als er sich einem Vollbart abnahm.

Für 60 Jahre Mitgliedschaft in der FDP hat sich der 80-Jährige dieser Tage im Rebstöckle gebührend feiern lassen. Dass Kluck nachlesbar seit 1961 – also eigentlich 63 Jahre – Freidemokrat ist, ficht einen echten Freigeist natürlich nicht an. »Man wollte das schieben – wegen der Wahl«, sagt Kluck. Andere Stimmen behaupten, er wollte es schieben, wegen der Wahl. Schwamm drüber. Kluck ist Pragmatiker: »Wir rechnen ab heute zurück, dann stimmt es. Ich lass mich gern im Kommunalwahljahr feiern. Das muss ja einen Effekt haben.«

»Demokratie lebt vom «gepflegten» Streiten. «

Also vor so circa 60 Jahren trat Hagen Kluck in die FDP ein und blieb ihr treu: »Die einzige Partei, die konsequent für die Freiheit des Einzelnen eintritt« scheint ihm bis heute von allen »das kleinste Übel«, wie er ausführt.

Eine Stellenanzeige im GEA lockte den jungen Lokalredakteur 1966 aus Schleswig-Holstein nach Reutlingen. Als Landtagsabgeordneter, Stadt-, Kreis- und Bezirksgemeinderat hat er für die Liberalen Politik gemacht, macht sie bis heute.

»Die beste Staatsform: Eine Diktatur, in der ich Diktator bin«

Legendär seine nicht immer nur qualifizierten Zwischenrufe im Gemeinderat. Ihr Zweck? Belebung der Debatte: »Manchmal schläft man ja ein.« Auch mache es ihm Spaß, wenn sich jemand über sein Reingrätschen ärgere. »Besonders gern ärgere ich Frau Janz.« Vor der Chefin der grünen Gemeinderatsfraktion war ihr Vorgänger Rainer Buck ein Lieblings-Spottobjekt – der Rauschebartträger konnte sich über die Sticheleien aus dem Schnauzbart herrlich chauffieren.

Wie sich Politik verändert hat in all den Jahren? »Die Leute verlieren den Humor«, findet Kluck. Und: »Sie wollen oder können nicht mehr streiten. Da gibt es welche, die entschuldigen sich, dass sie eine andere Meinung haben.« Dabei lebe doch die Demokratie vom »gepflegten« Streiten.

»Besonders gern ärgere ich Frau Janz«

Auch will er »Entfremdung« der Bürger von den politisch Tätigen wahrnehmen. Die Politiker seien abgehobener geworden; Besserwisser, die Meinung beeinflussen wollten, weil sie die Demokratie nicht verstanden hätten. Früher seien die Politiker auf den Marktplatz gegangen. Heute nicht mehr. »Weil sie dort mit Eiern beworfen werden.«

Hagen Kluck geht nach eigenem Bekunden überall hin – besonders gern in Kneipen – um mit Menschen zu reden und zu streiten. Zum Beispiel über Demokratie. Die gerade irgendwie aus der Mode zu geraten scheint. Auch für Hagen Kluck ist sie »die schlechteste Staatsform der Welt. Aber es gibt keine bessere.« Frei nach Platon räumt er eine Ausnahme ein: »Eine Diktatur, in der ich Diktator bin.«

Immer öfter begegne ihm politisches Desinteresse. Es herrscht zudem breite Unkenntnis bei allem, was mit dem Staat zusammenhängt. »Den Menschen geht es gut. Wenn man Freiheit hat, kann man ihren Wert nicht ermessen.«

Freiheit bedeutet dabei für ihn, »zu machen, was ich will«. Die zunehmend ungleiche Verteilung des Wohlstands in Deutschland und der Umstand, dass praller Geldbeutel und gute Herkunft manche freier als andere machen, ficht ihn als echten Liberalen nicht an. »Auch ein Mensch ohne Geld kann Freiheit haben«, glaubt er zu wissen.

Und wer in Not ist, bekomme schließlich Hilfe. Vom Bildungs- und Teilhabepaket des Bundes bis zum Wohngeld aus der Stadtkasse: Das Hilfsangebot sei da, werde aber oft nicht angenommen. Vorgesehene Gelder würden nicht abgerufen, weil die Leute sich nicht informieren.

"Den Menschen geht es gut. Wenn man Freiheit hat, kann man ihren Wert nicht ermessen." "

Das Aufstiegsversprechen – wer was leistet, bekommt auch was ab vom Kuchen – , die soziale Marktwirtschaft, die’s immer richtet: Liberales Kerngedankengut trägt derweil zu Hagen Klucks Gelassenheit bei. Die kultiviert er in guter Gesellschaft mit Ziege und Esel auf seinem idyllischen Achalm-Gütle. Entsprechend entspannt fällt sein Fazit nach über 60 Jahren Politarbeit aus: »Es gibt immer Lösungen. Die Menschheit stirbt nicht aus.« Ein Lebenselixier ist für ihn der Humor. »Der darf nicht abhandenkommen – bei allen Schwierigkeiten.« (GEA)