REUTLINGEN.. Es war nicht alles perfekt was die Artisten bei der Sondervorstellung des Reutlinger Weihnachtszirkus an Heiligabend boten. Aber es war mindestens unglaublich gut und teilweise spektakulär. 15 Artisten und Artistengruppen boten den 870 Besuchern im nicht ausverkauften Zirkuszelt an der Kreuzeiche ein Feuerwerk an anspruchsvollen Darbietungen, bei denen sie an die Grenze gegangen sind, wie etwa die Gruppe Chepan mit ihrer Russischen Schaukel.

Die Zuschauer hielten vor dem berühmten dreifachen Salto mortale den Atem an, der sie am Ende der zweistündigen Vorstellung von den Sitzen riss. Der Artist stand ihn und die Zuschauer staunten und tobten vor Freude. Es gibt kaum Schöneres, als den Beginn des Heiligabend, dieses besinnlichen und ruhigen Tages, mit solch' einem unterhaltsamen, witzigen, außergewöhnlichem Spektakel zu begehen. Und dazu noch Gutes zu tun.

Denn die Mittagsvorstellung um 11 Uhr ist die Spendenvorstellung, bei der das Eintrittsgeld zum einen Teil an den Hilfsverein des Reutlinger General-Anzeigers, GEA-Leser helfen, sowie in diesem Jahr an Frühchen Reutlingen geht. Der Verein unterstützt seit 28 Jahren die Intensivstation der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin im Klinikum am Steinenberg in Reutlingen in vielfältiger Weise. In diesem Jahr kam bei der Benefizveranstaltung eine Spendensumme von 9.306 Euro zusammen. Somit erhalten beide Vereine jeweils 4.663 Euro.
Damit toppt die Gesamtsumme das Ergebnis aus dem vergangenen Jahr mit 9.032 Euro. Allerdings hätte sie in diesem Jahr noch etwas höher ausfallen können, da es 200 Plätze mehr gab, aber die Nachfrage diesmal nicht ganz so groß war. »Lag es an der Krankheitswelle, die momentan durch das Land schwappt, dass sich doch einige nicht getraut haben?« spekulierte etwa Iris Goldack vom GEA-Marketing, die berichtete, in den vergangenen Jahren seien schon lange im Vorfeld alle Karten verkauft gewesen.
Gleichwohl, die Spende kann sich sehen lassen, die Vereine freuen sich. »Mit dem Geld unterstützt unser Verein das ganze Jahr über bedürftige Menschen aus dem Verbreitungsgebiet, die am Rande des Existenzminimums leben oder unverschuldet in Notlagen geraten sind,« erläutert Goldack. Konkret hilft der GEA-Verein dabei etwa mit Zuschüssen für den Kauf von Winterschuhen oder bei der Aufstockung von Leistungen, die Krankenkasse und Pflegeversicherungen nicht bereit sind zu zahlen. Auch Sabine Dörr von Frühchen Reutlingen freute sich über die Summe.
»Damit wird der Verein eine Reanimationspuppe anschaffen, damit die Helfer besser für den Ernstfall trainieren können.« Viel trainieren müssen auch die Artisten, die an Heiligabend ihr bestes gegeben haben. Aber eben nicht immer klappt alles auf Anhieb, selbst bei so hochkarätigen Manegenkünstlern nicht. Aber es gibt ja noch ein Publikum.

Die Reutlinger haben offensichtlich ein Herz für Menschen und ein gutes Gespür für den Moment. Fair waren sie ohnehin. Als Irena Lagroni bei ihrer Fuß-Artistik Nummer eine etwa vier Meter hohe Stange mit einem Korb ganz oben rücklings auf dem Fuß hatte und einen Ball von unten pendelnd von Stufe zu Stufe hoch oben einlochen wollte, klappte das nicht beim ersten Versuch. Da klatschten die Zuschauer aufmunternd und ein bisschen lauter als sonst, laute Rufe waren zu hören, als die Artistin sichtlicht erschrocken war über den Fehlversuch.
Sie probierte es erneut und wieder klappte es nicht, die Stange fiel. Sie gab nicht auf und die Besucher schon gar nicht. Noch lauter klatschen sie, teilweise rhythmisch und feuerten sie an. Der laute und engagierte Zuspruch half. Beim dritten Versuch zappelte der Ball in vier Metern Höhe im Metallkorb, das Publikum war euphorisch. Ein Gänsehautmoment für alle am frühen Heiligabend. Auch für den Ballkünstler Nicolas Lagron, der mit bis zu 12 Bällen gleichzeitig jonglierte. Als zwei fielen, half wieder das Publikum und munterte ihn mit Rufen und lautem Klatschen auf. Kein Problem, sagten sie damit, es sind alles nur Menschen.
Noch bis zum 7. Januar logiert der Weihnachtszirkus täglich mit zwei Vorstellungen (15 und 19 Uhr) an der Kreuzeiche. Nur am Schlusssonntag, 7. Januar, ändern sich die Zeiten: dann spielen sie um 11 und 15 Uhr. (GEA)
