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Reutlinger Kulturschaffende: Kaufhof als Interim, die Paketpost dauerhaft

Beim Runden Tisch Kultur erneuern die Reutlinger Kulturschaffenden ihre Forderung nach einer dauerhaften Lösung

Das Objekt der Begierde: die Paketpost hier beim Kulturpost-Festival 2021.  ARCHIVFOTO: KUS
Das Objekt der Begierde: die Paketpost hier beim Kulturpost-Festival 2021. ARCHIVFOTO: KUS Foto: Markus Niethammer
Das Objekt der Begierde: die Paketpost hier beim Kulturpost-Festival 2021. ARCHIVFOTO: KUS
Foto: Markus Niethammer

REUTLINGEN. 300 Quadratmeter in der leeren Galeria Kaufhof sieben Monate lang mietfrei nutzen: Diese Aussicht freut die Reutlinger Kulturschaffenden. Beim Runden Tisch Kultur im Spitalhofsaal wurde während und am Rande der Veranstaltung aber auch schnell der Frust übers Hingehaltenwerden spürbar: »Wir wollen die Paketpost«, machte Gerhard Loew, der Vorsitzende des Vereins Netzwerks Kultur, im Vorfeld deutlich.

»Ich will nicht über das Frustthema sprechen«

Man werde sich in Sachen Kaufhausnutzung weiter »gut einbringen« versprach Edith Koschwitz, Geschäftsführerin des Netzwerkes, dann im offiziellen Teil. Der Verein will als einer der Unterhauptmieter fungieren. Dennoch äußerte sie viele Vorbehalte: Start schon im Juni, kurze Anlaufzeit, die Sommerpause nahe und die Fußball-Europameisterschaft. »Hoffentlich wird das kein Strohfeuer, das verpufft.«

Auch Koschwitz machte ihrem Unmut in Sachen Paketpost Luft, um die sich die Kulturschaffer seit 2019 bemühen. »Im Januar 2025 muss ein fester Ort her«, sagte sie unter dem Beifall aus dem Publikum.

Thema Paketpost ist nicht zielführend

Es klemmt unter anderem massiv an der Ertüchtigung der Stromversorgung, die die Stadt bisher aus Geldgründen nicht umsetzen konnte. »Es gibt keine Mittel im aktuellen Haushalt«, sagte Anke Bächtiger. Die ob des verschwenkten Fokusses etwas verärgerte Kulturamtsleiterin betonte: Sie wolle an diesem Abend nicht über »das Frustthema Paketpost« sprechen. »Das ist nicht zielführend.«

Beim regelmäßig stattfindenden Stelldichein der Reutlinger Kunstszene-Vertreter mit dem Rathaus hatte Markus Flammer von der Wirtschaftsförderung im Rathaus zunächst den Sachstand in Sachen Galeria Kaufhof dargestellt.

Gutes Konzept

»So ein Aufwand für ein halbes Jahr, das klingt nach Wahnsinn«, räumte Bächtiger eine Einschätzung ein, die sich aufdrängt. Denn danach ist die Location, so Flammer auf Nachfrage, in jedem Falle wieder passé für die Interimsnutzer.

Anke Bächtiger verlieh jedoch der Hoffnung Ausdruck, dass »ein gutes Konzept gefunden werde, das dann weiterläuft«. Und sie verkündete eine frohe Botschaft: Aus den Bundesfördermitteln werden Kaltmiete und kalte Nebenkosten gezahlt. Ihr Amt übernimmt für die Kulturschaffenden die verbleibenden warmen Nebenkosten für das halbe Jahr.

Handel geht zurück

Das als zentral angekündigte Thema, welchen Beitrag die Kultur zur Belebung der Innenstadt beitragen kann, fand keine nähere Vertiefung an diesem Abend. Markus Flammer betonte, dass der Handel in der City zurückgehe. Es entwickelten sich »multifunktionale Innenstädte, in denen die Kultur eine wichtige Rolle spielt«. Bei der Verwendung der ZIZ-Bundesfördermittel habe man in Reutlingen »gut an die Kultur gedacht«, findet er. Im Juli sollen die drei Gastrohütten am ZOB mit einer mobilen Bühne bereichert werden. Raum für Kunst und Kultur soll auch bei der Entwicklung des Gerberviertels eine Rolle spielen, zu der es bei einem Frühlingsmarkt im Mai Konkreteres geben wird.

Markus Flammer sieht die Kaufhaus-Episode als »besser als nix« an und versprach, beim Gemeinderat vorstellig zu werden in Sachen Paketpost.

Kulturamtsleiterin Bächtiger sieht »viel Bedenkliches in Stadt und Gesellschaft« – aber keinen Niedergang: »Die Stadt ist nicht tot«. Man verzeichne Touristenzuwachs, Übernachtungszahlenzuwachs und steigende Frequentierung der Fußgängerzone: 2023 waren dort so viele Passanten wie nie zu verzeichen. »Es muss ja einen Grund geben, dorthin zu kommen. Die Stadt hat Aufenthaltsqualität.« (GEA)