REUTLINGEN. Meter für Meter soll das Gerberviertel grüner und geselliger werden. Mit einem Frühlingsmarkt hat die GWG Reutlingen gemeinsam mit verschiedenen Akteuren am Samstag einen Vorgeschmack darauf gegeben, wie das in der Gegenwart eher als Problemviertel gesehene Quartier in Zukunft entwickelt werden soll. Erste Veränderungen sind schon zu sehen.
»Innerhalb von einem Jahr hat sich die Zahl der Leerstände von fünf auf einen verringert«, freut sich Dr. Carsten Hutt von der Reutlinger Werkstatt für Integration und Soziale Innovation (Werk ISI) über Bewegung in der Unteren Gerberstraße. Denn das ist eine der Maßnahmen, die Werk ISI in einer 2023 von der GWG beauftragten Machbarkeitsstudie zur nachhaltigen Veränderung dieses Teils der Altstadt nennt. Wer ist diese Werk ISI?
Mitmachen erwünscht
Die Vision vom Gerberviertel 2030 steht laut Werk ISI »für soziales Miteinander, Kunst und Kultur, kleine Gewerbebetriebe und Start-ups. Die Entwicklung zum Magnet für Kreativszene, Touristen und Studierende wurde eingeleitet durch das Eröffnen von Kunst- und Projekträumen, aus denen sich Dienstleistungs-, Kultur- und kleine Handwerksbetriebe entwickelt haben.« Entscheidend für den Erfolg des Veränderungsprozesses sei das bürgerschaftliche Engagement. Ab Ende 2024 soll der »Gerberviertel-Verein« die Bürgerschaft, Jugendliche und Unternehmen vernetzen. Kritik, Anregungen oder Ideen sind ausdrücklich erwünscht. Es gibt eine spezielle Mailadresse. (zen) Gerberviertel@Werk-ISI.de
Das Unternehmen wurde 2021 von Karolina Altenburger und Dr. Carsten Hutt gegründet. Die Firma betreibt den »Wechselnden Wilhelm« in der Wilhelmstraße 101 in Reutlingen, unterstützt Kommunen in der Stadtentwicklung und berät Unternehmen bei Innovationsprojekten. Seit Januar diesen Jahres setzt Werk ISI im Auftrag der GWG Reutlingen die Ideen für ein attraktiveres Gerberviertel um. Dabei spielen die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie eine wesentliche Rolle.
Gelegenheiten zum Verweilen im Gerberviertel noch selten
So habe sich beispielsweise gezeigt, dass es kaum Orte gibt, an denen sich Jugendliche aufhalten können. Bänke mit einer Überdachung oder Gelegenheiten zum Verweilen fehlen. Bei der Anwohnerschaft und Gewerbetreibenden überwiege eine positive Grundhaltung zum Gerberviertel. Der Drogenhandel und Gruppen von Jugendlichen würden zwar kritisch gesehen, die Situation habe sich aber seit massivem Polizeieinsatz gebessert. Für eine bessere Zukunft spielen Bürgerschaft, Unternehmen, Vereine und Kunstschaffende gemeinsam eine zentrale Rolle, wie sich auch auf dem Frühlingsmarkt zeigt. Verschiedene Stände bevölkern einen asphaltierten Privatparkplatz an der Unteren Gerberstraße, der zügig zum grünen Treffpunkt werden soll. »Das muss irgendwer in die Hand nehmen und anschubsen«, beschreibt Hutt die Rolle seines Beratungsunternehmens. Werk ISI verfüge über das passende Netzwerk in Reutlingen. Günstig wirke sich auch aus, das Teile des Viertels im Besitz von Stadt oder GWG sind. Vom Willen zum Wandel profitieren auch verschiedene Organisationen im neu eingezogenen »Naturschutzzentrum Reutlingen«.
Zu finden sind hier jetzt etwa der BUND-Kreisverband Reutlingen, der NABU, der Allgemeine Deutsche Fahrrad Club ADFC oder auch der Bund Naturschutz Alb-Neckar. »Die Vernetzung wird viel besser«, ist sich Reinhard Beneken vom BUND-Kreisverband Reutlingen sicher. Nur für die Öffentlichkeit ist das Naturschutzzentrum noch jenseits eines Blicks durchs Schaufenster meistens geschlossen. Wenn jemand drinnen arbeitet, könne man laut Beneken bestimmt auch mal reinschnuppern.
Noch in diesem Jahr sollen im Gerberviertel Beschattungen und Begrünungen umgesetzt werden. Auf dem Zeitplan stehen daneben Gespräche mit der Stadt zur Verkehrsberuhigung, die Planung der Wiedereröffnung des Gerberstübles sowie das Gewinnen von Partnern aus der Wirtschaft. Schließlich soll ein Bürgerschaftsverein gegründet werden. (GEA)