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Reutlinger Brennstoffzellen-Müllauto »nicht praxistauglich«

Rund eine Million hat's gekostet, vor zwei Jahren wurde es auf dem Marktplatz vorgestellt. Doch das Brennstoffzellen-Müllauto ist extrem fehleranfällig, wie nun bekannt wurde.

War der AfD von Anfang an zu teuer, das Brennstoffzellen-Müllauto der Technischen Betriebsdienste (TBR). Das Bild zeigt die offi
War der AfD von Anfang an zu teuer, das Brennstoffzellen-Müllauto der Technischen Betriebsdienste (TBR). Das Bild zeigt die offizielle Inbetriebnahme mit Ex-Umweltminister Franz Untersteller, dem mittlerweile ausgeschiedenen TBR-Chef Stefan Kaufmann und Oberbürgermeister Thomas Keck (von links). Foto: ARCHIV-FOTO: NIETHAMMER
War der AfD von Anfang an zu teuer, das Brennstoffzellen-Müllauto der Technischen Betriebsdienste (TBR). Das Bild zeigt die offizielle Inbetriebnahme mit Ex-Umweltminister Franz Untersteller, dem mittlerweile ausgeschiedenen TBR-Chef Stefan Kaufmann und Oberbürgermeister Thomas Keck (von links).
Foto: ARCHIV-FOTO: NIETHAMMER

REUTLINGEN. »Premiere in Süddeutschland« und »Vorreiter und Vorbilder im Bereich Klimaschutz«: Mit überschwänglichen Worten hatten Alt-Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) und Reutlingens Oberbürgermeister Thomas Keck im März 2021 auf dem Marktplatz ein Müllauto mit Brennstoffzellentechnologie vorgestellt. Nun ist klar: Der vor rund zwei Jahren vorgestellte Saubermann hat sich als Sorgenkind entpuppt. Im laufenden Jahr war er nach Auskunft der Stadt »bis auf wenige Tage überhaupt nicht einsatzfähig«. 2021 war das Gefährt an 67 Tagen im Einsatz, 2022 an 63 Tagen. Nach GEA-Informationen soll es Softwareprobleme gegeben haben, die immer wieder zum plötzlichen Stillstand geführt haben.

Fahrzeug hat fast 1 Million Euro gekostet

Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen Prototypen, gebaut von der Firma Faun. Es kostete netto knapp 900.000 Euro. Damit war es rund 600.000 Euro teurer, als ein Müllauto mit konventionellem Antrieb. 90 Prozent dieser Differenz – also 550.000 Euro – bekam die Stadt aus Bundesmitteln finanziert. Mit nur einer Gegenstimme hatte der Ausschuss der Technischen Betriebsdienste (TBR) damals im November 2019 für die Beschaffung dieses Fahrzeugs votiert. Um den Klimaschutz voranzutreiben, müsse auch in Reutlingen »Neuland betreten werden«, betonte Ex-TBR-Betriebsleiter Stefan Kaufmann in der entsprechenden Sitzung. Gegen die Anschaffung votierte nur AfD-Mann Hansjörg Schrade.

Beim Reutlinger Brennstoffzellen-Müllauto handelt es sich um eines »von nur zehn Fahrzeugen der ersten Prototyp-Serie« des Herstellers, teilt die Stadt dem GEA mit. »Daher war von vorneherein damit zu rechnen, dass während des Sammelbetriebes immer wieder einzelne Optimierungen notwendig werden, wozu das Fahrzeug aus dem Regelbetrieb herausgenommen werden muss.« Damit, dass das Müllauto im Endeffekt aber so fehleranfällig war, hatte bei der Stadt wohl niemand gerechnet.

Da die Maßnahmen des Herstellers zur Fehlerbehebung »bislang ohne anhaltenden Erfolg waren«, sei die Betriebsleitung der TBR mittlerweile zu dem Schluss gekommen, dass das Brennstoffzellen-Müllauto »nicht praxistauglich ist«. So die Stadt. Für das neuartige Müllauto hatte die Stadt zwar einen saftigen Zuschuss kassiert. Klein ist die Summe, die das Prototyp-Projekt am Ende gekostet hat, aber trotzdem nicht. Zu den Anschaffungskosten kamen nämlich auch noch monatliche Wartungskosten in Höhe von knapp mehr als 4.000 Euro. In diesen Wartungsvertrag inkludiert ist auch eine Garantierverlängerung. Diese umfasst unter anderem die Bereitstellung eines sofort verfügbaren Ersatzfahrzeugs – das nun ziemlich häufig im Einsatz war.

Hohe Wartungskosten fürs Fahrzeug

Der Wartungsvertrag wurde von der Stadt Reutlingen ab der offiziellen Übernahme des Fahrzeugs im August 2021 im Voraus für drei Jahre bezahlt. Dies geht aus der Antwort der Stadt auf eine AfD-Anfrage hervor. Heißt: Insgesamt bezahlte die Stadt für die Wartung und damit indirekt für das Ersatzfahrzeug nochmal mehr als 144.000 Euro. Die Zeiten, in denen das Fahrzeug nicht im Einsatz war, wurden nun an die eigentlich dreijährige Garantie angehängt. Der Vertrag mit dem Hersteller läuft also noch bis zum Sommer 2025. Mit der Vorauszahlung dieser Summe habe man sich gegen Preissteigerungen abgesichert, verteidigt die Stadt Kritik an dieser Vorgehensweise.

Das ändert nichts daran, dass das Müllauto nicht fährt, wie es sollte. »Aktuell steht die TBR mit dem Hersteller in Verhandlungen über das weitere Vorgehen«, teilt die städtische Pressestelle mit. Man prüfe gleichzeitig den Einsatz anderer alternativer Antriebe. Nach allem, was dem GEA bekannt ist, sieht es ganz danach aus, als wolle die Stadt zumindest nicht bis zum Ende des Garantievertrags am Brennstoffzellen-Müllauto festhalten wollen. (GEA)