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Reutlingen versteigert Fahrräder schon für einen Euro

Zweimal im Jahr veranstaltet die Stadt Reutlingen eine Versteigerung gefundener Räder. Rund 80 Interessierte boten am Freitag mit.

Auktionator Holger Schlosser versteigerte rund 100 Stahlrösser an stolze neue Besitzer.
Auktionator Holger Schlosser versteigerte rund 100 Stahlrösser an stolze neue Besitzer. Foto: Gabriele Böhm
Auktionator Holger Schlosser versteigerte rund 100 Stahlrösser an stolze neue Besitzer.
Foto: Gabriele Böhm

REUTLINGEN. »Zum Ersten, zum Zweiten, zum Dritten – zwei Euro!« So schnell und günstig konnte man am Freitag ein Fahrrad erwerben. Holger Schlosser, als Schauspieler unter anderem vom Naturtheater Reutlingen bekannt, nutzte sein offensiv-humoristisches Talent, um rund 100 Räder an sportliche Frauen und Männer zu bringen. Die Räder wurden über Monate irgendwo in der Stadt aufgelesen, wo sie auffallend lange herumgestanden hatten. Endstation war zunächst das Fundbüro, wo aber niemand sie abholte.

»Zweimal im Jahr lassen wir die Räder versteigern, denn unser Lagerplatz ist begrenzt«, berichtete Martina Krumrein, Abteilungsleiterin des Bürgeramts. Mit fünf Kolleginnen und Kollegen war sie am »Gönninger Bahnhöfle« und gab den Interessenten Auskunft über die Fahrräder. »Gekauft wie gesehen« – das Prinzip sagt aus, dass spätere Reklamationen ausgeschlossen sind. Man muss vor dem Kauf schon genau hingucken, darf aber nicht Probe fahren. Die meisten kamen daher mindestens zu zweit zur Versteigerung, um sich untereinander beraten zu können. Auch Fotos wurden nach Hause gesendet, wo die Familie ihr Okay oder Veto einlegen konnte.

Viele Schnäppchen sind dabei

Mitarbeiterin Gudrun Brendle betonte, man schaue danach, dass die Räder einigermaßen in Schuss seien. »Immer mal wieder ziehen wir auch ein Rad aus der Echaz, aber so etwas kommt dann nicht in die Versteigerung.« Ansonsten seien die Kundinnen und Kunden aber selbst dafür verantwortlich, was sie erwerben. »Schnäppchen sind sehr viele dabei.« Die Interessenten erwartete ein bunter Mix an Rädern für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, viele Mountain- und Trekkingbikes, Räder aller Marken, sogar ein E-Bike mit vollem Akku. Bei manchen fehlte nur Luft im Reifen oder hing die Kette durch, andere taugten nur noch für Ersatzteile.

Kunde Daniel Greiner suchte ein cooles Rad für seinen neunjährigen Sohn. »Er ist ´rausgewachsen aus seinem alten Rad«, meinte er. »Jetzt sollte es schon eins mit 26 Zoll sein.« Wobei Greiner speziell an den Fundrädern schätzt, dass man sie herrichten müsste. »Ich habe schon als Kind selbst meine Räder in Ordnung gebracht.« Anhand von Gebrauchträdern könne man den Kindern beibringen, wie man sowas macht.

Kunden suchen auch Ersatzteile

Laura aus Reutlingen schaute nach einem Rennrad für einen Freund, doch ausgerechnet davon gab es kein einziges. »Ich glaube, die werden eher bei der Herbstversteigerung angeboten«, meinte sie. Und wurde kurz darauf auf ein Trekkingmodell aufmerksam, bei dem die ölige Kette durch einen verschleißärmeren Kunststoff-Riemen ersetzt war. Bereits im letzten Jahr hatte Bernd Wachter gute Erfahrungen mit einem Versteigerungsrad gemacht, das er für nur einen Euro bekommen hatte. »Es wartet zwar noch auf seine Restaurierung, aber ich bin ja erst jetzt in Rente«, sagte er. Heute suche er nach einer LX Shimano-Schaltung. »Wenn das zugehörige Rad 15 Euro kostet, lohnt es sich schon.« Überhaupt merkte man den Interessenten an, dass viel Sachkenntnis, Technik-Affinität und Hang zum Schrauben im Spiel war.

Eine halbe Stunde nach der Besichtigung begann um 13.30 Uhr die Versteigerung. Holger Schlosser pries die Räder an, die Martina Krumrein jeweils auf einen Tisch schob. Viele Räder wechselten für kleines Geld den Besitzer wie beispielsweise ein Mountainbike für einen Euro. »Sie können es allerdings nur im Stehen fahren, es hat keinen Sattel«, sagte Schlosser scherzhaft. Die glücklichen neuen Besitzer mussten danach zu Daniela Metzger und Gudrun Brendle an der Kasse: Nur Bares ist Wahres, die Räder mussten bar bezahlt werden. Und gleich mitgenommen werden, um Platz für neue zu schaffen. (GEA)