Logo
Aktuell Ukraine

Reutlingen bereitet sich auf Flüchtlinge vor, Musketiere sammeln Hilfsmittel

Flüchtlinge, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, warten an der rumänisch-ukrainischen Grenze. FOTO: DOBRE/AP/DPA
Flüchtlinge, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, warten an der rumänisch-ukrainischen Grenze. FOTO: DOBRE/AP/DPA
Flüchtlinge, die vor dem Krieg aus der Ukraine geflohen sind, warten an der rumänisch-ukrainischen Grenze. FOTO: DOBRE/AP/DPA

REUTLINGEN. Der Angriff auf die Ukraine war am vergangenen Donnerstag am frühen Morgen. Bereits am Donnerstagnachmittag kam die Stadtverwaltung zusammen, um erste Maßnahmen hinsichtlich der zu erwartenden Kriegsflüchtlinge zu treffen. »Wir haben unverzüglich 75.000 Euro freigegeben, um von dem Geld Ausstattungsgegenstände zu besorgen«, sagt Oberbürgermeister Thomas Keck – also Dinge, die zum täglichen Leben gebraucht werden. Vom Duschvorhang über Reinigungsmitteln bis zur Matratze.

Stand heute habe die Stadtverwaltung 100 Plätze im Stadtgebiet und in den Stadtteilen für Geflüchtete zur Verfügung. »Wir versuchen darüber hinaus, weitere 50 Plätze zu schaffen. Wenn mehr Menschen kommen, rechne ich mit dem Einsatz des THW und mit dem Aufbau von Unterkünften«, sagt Thomas Keck. Erste Geflüchtete seien bereits in Reutlingen angekommen. Vor allem diejenigen, die hier Verwandte haben.

Wie berichtet sollen ukrainische Flüchtlinge zunächst in den Erstaufnahmeeinrichtungen in Ellwangen, Karlsruhe, Freiburg oder Sigmaringen sowie im Ankunftszentrum in Heidelberg unterkommen. »Aber wir sind ein freies Land. Die Menschen werden dorthin gehen, wo sie hinwollen«, sagt Thomas Keck. Wie viele Geflüchtete in Baden-Württemberg ankommen, lässt sich deshalb nur schwer abschätzen.

Schwierige Situation

Es habe auch private Initiativen gegeben, sagt Thomas Keck, der um weitere Unterstützung bittet. Wer kurzfristig eine Wohnung zu Verfügung stellen könne, solle sich mit dem Amt für Integration und Gleichstellung in Verbindung setzen. Eine Mitarbeiterin des Amtes ist täglich von 9 bis 12 Uhr erreichbar. Sie kann Anfragen auch in ukrainischer und russischer Sprache beantworten (siehe Artikelende).

Sofort reagiert hat auch der Verein »Drei Musketiere Reutlingen«. »Wir hatten sehr wenig Schlaf in den vergangenen Tagen«, sagt Markus Brandstetter, Vorsitzende des Reutlinger Hilfsvereins, der sich seit 2016 immer wieder für Menschen in Not einsetzt. »Wir haben unter anderem polnische Organisationen angeschrieben und ukrainische Freunde kontaktiert, um Informationen zu bekommen, wo geholfen werden muss.«

Gestern Morgen machte sich Markus Brandstetter auf den Weg nach Fürth. Dort traf er sich mit Mitarbeitern einer befreundeten Hilfsorganisation und mit zwei Ärztinnen. »Auch eine Dolmetscherin wird zu uns stoßen.«

Am heutigen Dienstag ist dann Radymno Ziel. »Wir hoffen, dass wir im Laufe des Vormittages dort ankommen.« Die knapp 6.000 Einwohner zählende Stadt im Südosten Polens liegt ungefähr 20 Kilometer westlich der ukrainischen Grenze.

»In Radymno gibt es ein Erstaufnahmezentrum, wo etwa 4.000 Menschen für ein paar Tage unterkommen können«, sagt Markus Brandstetter. Die Situation sei schwierig. »Gebraucht wird eigentlich alles, von Decken, über Lebensmittel bis zur medizinischen Versorgung.« Eine erste Hilfslieferung wird das Team um Markus Brandstetter heute abliefern. »Wir werden auch eine Küche aufbauen, mit der im Freien gekocht werden kann. Damit die Menschen einmal am Tag eine warme Mahlzeit bekommen.«

Dem ersten Transport an die polnische Grenze soll ein zweiter in den nächsten Tagen folgen. »In Reutlingen sitzt ein Einsatzteam der Drei Musketiere, das weitere Hilfsmittel sammelt. Wir versuchen auch unter Mithilfe von Oberbürgermeister Thomas Keck medizinisches Material vom Klinikum am Steinenberg oder der Tübinger Uniklinik zu bekommen«, sagt Markus Brandstetter, der hofft, dass der nächste Transport gegen Ende der Woche in Richtung Radymno starten kann. »Das hängt auch davon ab, wie sich die Situation an der Grenze entwickelt.«

»Wir sind dabei, uns im Hintergrund auf Flüchtlinge vorzubereiten«, sagt Katja Walter, Pressesprecherin des Landkreises Reutlingen. Sie verweist auf übergeordnete Strukturen. So haben sich das Landesministerium der Justiz und für Migration, der Landkreistag, der Städtetag und Gemeindetag sowie die Regierungspräsidien bereits auf eine enge Zusammenarbeit zur Aufnahme von Flüchtenden aus der Ukraine verständigt. Beschlossen wurde dabei unter anderem, dass »die Landeserstaufnahme-Einrichtungen die Funktion einer Erstanlaufstelle für alle Ankommenden, die nicht bei Verwandten oder Freunden unterkommen, übernehmen«, heißt es in einer Pressemitteilung des Regierungspräsidiums Stuttgart vom Wochenende.

In Reutlingen würden entsprechende Maßnahmen unter anderem das Amt für Migration und den Katastrophenschutz betreffen, so Walter. Konkrete Zahlen über zu erwartende Flüchtlinge gebe es in Reutlingen noch nicht. (GEA)

07121 3035554 tetyana.pikulska@reutlingen.de www.3musketiere.org