REUTLINGEN-REICHENECK. Gefühlte zehn Minuten Hagelsturm haben allein an Reichenecks denkmalgeschützter Dorfkirche 200.000 Euro Sachschaden verursacht. Die Westseite des von Star-Architekt Martin Elsaesser entworfenen Gotteshäusles sah nach dem Unwetter aus, als sei sie von Maschinengewehrsalven durchsiebt worden: die historischen Dachschindeln zerschossen, die altehrwürdigen Bleiglasfenster zerdeppert, die Orgel mit Wasser vollgelaufen und das dem Sakralbau angeschlossene Gemeindehaus geflutet.
»Es war ein Bild übelster Verwüstung«, erinnert sich Wolfgang Geisel, der zum Zeitpunkt der Naturkatastrophe das Amt des Kirchenpflegers innehatte und mithin für die Bestandsaufnahme der Schäden und deren Reparaturen verantwortlich zeichnete. Damit war Geisel doppelt vom Hagelsturm betroffen – weil nämlich auch in seinem Privathaus das Wasser stand. Weshalb der Reichenecker in den Folgewochen tagtäglich zwischen Dorfkirche und Eigenheim pendelte: dokumentierend, delegierend, erst Gutachter und später Handwerker betreuend.
Seiner Beobachtung nach grenzt es fast schon an ein Wunder, dass in Reutlingens kleinster Bezirksgemeinde kein Mensch zu Schaden kam. Zumal sich bei Eintreffen der sogenannten »Superzelle« im Innern der Dorfkirche Gemeindeglieder aufgehalten hatten, denen die Scherben der zerberstenden Scheiben habhafte Verletzungen hätten beibringen können. »Es war höchst beängstigend.«
Und nach dem Sturm kam wie überall in Reutlingen nicht die Ruhe, sondern das große Reinemachen. »Der Zusammenhalt innerhalb der Dorfgemeinschaft war wohltuend groß«, erinnert sich Wolfgang Geisel an die provisorischen Sicherungs- und ersten Aufräumarbeiten. Ein Rädchen habe damals ins andere gegriffen. Auch Oberkirchenrat und Versicherungen hätten ohne zu zögern an einem Strang mit den Reicheneckern gezogen. »Das war unser Glück im Unglück«; und ein Glück für die Dorfkirche nebst Orgel, deren Schäden allesamt reparabel waren. (GEA)