REUTLINGEN-OHMENHAUSEN. Wie groß das Interesse am neuen Pflegeheim ist, auf das die Ohmenhäuser seit so vielen Jahren warten, zeigte sich in der jüngsten Sitzung des Bezirksgemeinderats: Die Zuhörerreihen im Saal der alten Dorfschule waren beim Top-Thema voll besetzt. Schließlich gab es Informationen aus erster Hand, Timo Vollmer, Geschäftsführer der Reutlinger Altenhilfe (RAH), die beauftragten Architekten und Sebastian Schwarzenauer vom Stadtplanungsamt gaben Einblick in den aktuellen Planungsstand. Der Zuschnitt des Gebäudes wurde im Vergleich zum ersten Entwurf so verändert, dass ein größerer Außenbereich geschaffen werden kann. Der Nutzungsmix steht inzwischen fest, wobei laut Vollmer das Besondere am Standort Ohmenhausen die Verbindung des »qualitativ sehr hochwertigen« gerontropsychiatrischen Wohnbereichs mit einem weitläufigen, beschütztem Garten samt Terrasse ist. »Das ist eine Konzeption, die es im Stadtgebiet sonst nirgends gibt.«
Immer mehr Demenzkranke
Weil das neue Pflegeheim in der Brühlstraße mit seinen 60 Meter Länge und zehn Meter Höhe als Sonderbau gilt, kann es nicht nach der geltenden Ortsbausatzung genehmigt werden. Deshalb musste ein Bebauungsplan aufgestellt werden, was vor zwei Jahren passierte. Ein erster Planungsentwurf folgte. »Seither hat sich einiges getan«, sagte Vollmer zum überarbeiteten Konzept. Ohmenhausen wird das siebte RAH-Pflegeheim in Reutlingen und soll wie alle anderen ein offenes Haus sein. Werden unter einem Dach auch Demenzkranke betreut, kann das zu Problemen führen, so der RAH-Geschäftsführer: »Sie haben eine Lauftendenz und den Drang, den Wohnbereich zu verlassen.« Deshalb ist im Erdgeschoss ein spezieller, geschlossener Bereich für 15 Senioren vorgesehen. Dort können sie sich frei bewegen, vor allem im vorgelagerten, sehr großen Garten nach Lust und Laune herumlaufen. Was, so Timo Vollmer, insgesamt eine gute fachliche Versorgung mit weniger Medikamenten ermögliche. Da die Zahl der demenziell Erkrankten steige, sei die RAH dabei, für diese Personengruppe spezielle Konzepte zu entwickeln, die dann verstärkt ins Portfolio aufgenommen werden sollen - mit Ohmenhausen in der Vorreiterrolle. »Das wird über den Ort hinaus nachgefragt sein.«
Tagespflege und betreutes Wohnen
Im neuen Pflegeheim soll es außerdem 15 Tagespflege-Plätze mit Therapie- und Betreuungsangeboten geben. »Die Menschen blühen auf, wenn sie plötzlich in einer großen Gemeinschaft sind - und die pflegenden Angehörigen sind entlastet«, so die Erfahrung von Vollmer. Dazu sind sechs betreute, barrierefreie Wohnungen mit eineinhalb bis zweieinhalb Zimmern vorgesehen. »Das ist gefragt wie nie.« Auch hier können die Senioren Gruppenaktivitäten wie Ausflüge und auch Therapieangebote nutzen. Wie in den anderen RAH-Häusern soll es einen Friseursalon, ein Café und einen Veranstaltungsraum geben. Nicht nur für die Bewohner, sondern für alle Ohmenhäuser. Denn, so Timo Vollmer: »Offene Gemeinschaft gehört dazu. Wir haben tolle Erfahrungen damit gemacht, unsere Einrichtungen als Treffpunkte im Ort zu etablieren.« Je vielfältiger die Nutzungsangebote, desto unterschiedlichere Menschen gingen ein und aus. »Einfach nur stationäre Unterbringung anzubieten - das ist heute zu wenig.«
Optimierte Anlieferung
Frederik Wirth und Projektleiterin Kerstin Müller vom beauftragten Nürtinger/Stuttgarter Architektenbüro arabzadeh.schneider.wirth gingen auf die Änderungen am Gebäude ein. Statt wie ursprünglich geplant in U-Form soll es in L-Form gebaut werden, um mehr Freifläche zu schaffen. Zur Brühlstraße hin ist eine größere Öffnung vorgesehen, der Haupteingang ist auf der linken Längsseite des Hauses geplant. Neu ist auch die Anlieferung von der Brühlstraße her mit Wendeschleife, was ein Rückwärtsrangieren der Lkw mit nervigem Piepgeräusch überflüssig macht. »Die Grundidee wurde beibehalten, aber Details optimiert«, fasste Stadtplaner Sebastian Schwarzenauer zusammen. Statt den ursprünglich vorgesehenen zwei Vollgeschossen mit Staffelgeschoss sehe der Entwurf jetzt drei Vollgeschosse vor, an der Höhe ändere sich nichts. Die Planung sei nicht abgeschlossen, so fehle beispielsweise die Fassadengestaltung. Auch das Artenschutzgutachten läuft noch.
Schwarzenauer geht davon aus, dass im Herbst nach der öffentlichen Auslegung der Pläne der Baubeschluss fürs Pflegeheim gefasst werden kann. Im Frühjahr wäre dann der Abriss des Hauses mit Nebengebäuden in der Brühlstraße 9 dran, danach könnte mit dem Bau losgelegt werden. Mit der Fertigstellung rechnen die Planer spätestens Anfang 2026. Einen kleinen Haken haben die schönen Pläne allerdings: die Baukosten, die derzeit durch die Decke gehen und die Kostenkalkulation schwierig macht. Aber, so Timo Vollmer: »Ich bin guter Dinge, dass wir das hinkriegen. Nichts tun ist auch keine Lösung.« (GEA)