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Missbrauch und Kinderpornografie: Oferdinger angeklagt

Mann aus Oferdingen wegen schweren sexuellen Missbrauchs und Herstellens von Kinderpornos angeklagt.

Landgericht Tübingen
Das Landgericht in Tübingen. Foto: Bernd Weißbrod
Das Landgericht in Tübingen.
Foto: Bernd Weißbrod

REUTLINGEN-OFERDINGEN. Es sind Schilderungen, die im Saal des Landgerichts Tübingen für Beklemmung sorgen. Ein 55-jähriger Mann, lange wohnhaft in Oferdingen, steht vor Gericht. Ihm wird eine lange Liste von sexuell motivierten Straftaten vorgeworfen: Schwerer sexueller Missbrauch an Kindern sowie Herstellung, Besitz und Verbreitung von Kinderpornos. »Ich möchte reinen Tisch machen. Ich weiß, dass es falsch war. Es tut mir furchtbar leid«, sagte der Angeklagte, der die Vorwürfe direkt vollumfänglich zugab.

Besonders pikant an diesem Fall: Er hat sich das Vertrauen der Bewohner der Reutlinger Bezirksgemeinde in verschiedenen Vereinen und Institutionen erschlichen. Ab Beginn der 2000er-Jahre war er Jugendfußballtrainer, zudem Nachhilfelehrer für Grundschulkinder, er hat sich auch im Kinderchor engagiert. Den Kontakt knüpfte er durch sein vielseitiges Engagement. Der Missbrauch habe jedoch – bis auf einen Fall in der Natur – in seiner eigenen Wohnung stattgefunden, schilderte der Kriminaloberkommissar, der vor Gericht aussagte.

Enger Kontakt zu den Familien der Opfer

Der Angeklagte habe stets einen engen Kontakt zu den Familien seiner Opfer gepflegt. Unter anderem habe er sich das Vertrauen der Kinder und ihrer Eltern auch über seinen Hund, mit dem er bei einer »Hunde-Runde« durch den Ort unterwegs war, erschlichen.

Der Missbrauch soll über Jahre hinweg stattgefunden haben. Irgendwann kamen allerdings erste Gerüchte im Dorf auf. Einwohner wurden misstrauisch, dass der Mann doch »ein enges Verhältnis« zu Kindern pflege, die manchmal auch auf seinem Schoss sitzen würden. Diese Gerüchte erreichten irgendwann auch den Vorstand des Sportvereins. Doch aufgedeckt wurde der Fall an diesem Punkt noch nicht.

Aufmerksam wurde die Polizei auf den Mann erst später. Ermittler aus den USA stießen bei der Durchforstung von kinderpornografischem Material auf seine IP-Adresse. Seine Wohnung wurde durchsucht. An den Wänden, so berichtete der Kommissar, hätten unzählige Bilder von kleinen Jungen gehangen. Darunter sei auch eine Nacktaufnahme gewesen.

Sogar Missbrauch an Säuglingen

Sehr große Mengen von Kinderpornos seien zudem sichergestellt worden. Die Rede war vor Gericht von einer Sammlung von mehr als 10.000 Bildern und Videos insgesamt. Sogar Missbrauch an Säuglingen sei auf dem Material zu sehen gewesen. Einige der sichergestellten Aufnahmen habe er selbst hergestellt, andere nur im Internet erworben.

Der Tatzeitraum erstreckt sich über mehrere Jahrzehnte: von den 1990er-Jahren bis in die 2020er-Jahre. Auch in Nordrhein-Westfalen, wo der Angeklagte zuvor gelebt hatte, habe er sich schon an Kindern vergangen, so die Anklage. Mit der Familie eines Opfers dort habe er sogar einen gemeinsamen Urlaub verbracht. Manche der Jungen seien damals jede Woche bei ihm zu Besuch gewesen, teilweise auch über Nacht.

Das Urteil steht noch aus

Der Kriminaloberkommissar berichtete vor Gericht weiter, wie er die beiden mittlerweile 14-jährigen Opfer aus Oferdingen in der Vernehmung wahrgenommen habe. Einer der Jungen habe auf ihn »sehr zurückhaltend« gewirkt. Er hätte zu dem Zeitpunkt noch nicht realisiert, dass das Verhalten des Mannes nicht in Ordnung gewesen sei, so der Beamte. Das enorme Vertrauensverhältnis, das zwischen dem Angeklagten und den Opfern geherrscht haben muss, wurde auch an einem weiteren Punkt der Verhandlung deutlich.

Der Kriminaloberkommissar berichtete von Chat-Nachrichten des Opfers, in denen stand, dass er den Angeklagten und seinen Hund mag. Der andere Junge habe ausgesagt, dass er den Angeklagten besucht habe, da er dort Videospiele spielen durfte.

»Beide Jungen haben den Mann als Freund gesehen«, so der Kriminalkommissar. Der Angeklagte ist bisher nicht vorbestraft und möchte sich wegen seiner Pädophilie behandeln lassen, ließ er seinen Verteidiger vor Gericht vortragen. Das Urteil im Fall steht noch aus, es sind weitere Verhandlungstage vor dem Tübinger Landgericht angesetzt. (GEA)