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Aktuell Waldumgang

Maßarbeit an 150 Jahre alter Buche in Gönningen

Forstleute der Stadt führen dem Reutlinger Wirtschaftsbürgermeister und der Presse den Einschlag einer stattlichen Rotbuche am Roßberg vor.

Die Forstleute rückten einer Rotbuche mit 68 Zentimeter Durchmesser zu Stamme.  FOTO: BERNKLAU
Die Forstleute rückten einer Rotbuche mit 68 Zentimeter Durchmesser zu Stamme. Foto: Martin Bernklau
Die Forstleute rückten einer Rotbuche mit 68 Zentimeter Durchmesser zu Stamme.
Foto: Martin Bernklau

REUTLINGEN-GÖNNINGEN. Der eigentlich Anlass war der Dienstherr. Dem fast noch neuen Reutlinger Wirtschafts- und Finanzbürgermeister Roland Wintzen wollten die Forstleute der Stadt einen spektakulären Teil ihrer Arbeit an einem kaum weniger spektakulären Ort zeigen und hatten zu dieser besonderen Art Waldumgang auch die Presse eingeladen: Am Nordhang der Roßberg-Kuppe sollte im Rahmen der dort laufenden Waldarbeiten eine wohl knapp 150 Jahre alte Buche gefällt, geschlagen oder »geerntet« werden, wie das im Jargon auch heißt.

Fauna-Flora-Habitat

Gastgeber Georg Baumbusch begrüßte neben einer Reihe von Forstkollegen auch die Gönninger Bezirksbürgermeisterin Christel Pahl an dem abgesperrten Hieb, der als Fauna-Flora-Habitat-Gebiet (FFH) und Klimaschutzwald zu einem »sensiblen Bereich« gehört. Dort gelte es, »mannigfaltige Funktionen« zu erfüllen, sagte der Revierleiter. Darunter der Schutz hoch gefährdeter Arten wie der schmucke türkisfarbene Alpenbock-Käfers oder der tagaktive Nachtfalter »Spanische Flagge«, wie Spechte, Wiedehopfe und viele Vögel mehr.

Auf dem Premiumweg »Hochgekämpft«, für den auch eine Verkehrssicherungspflicht bestehe, werde man von Wanderern wegen der Holzfällarbeiten »oft angefeindet«, bedauerte Baumbusch. Vor elf Jahren habe man dort als turnusgemäße Holzernte letztmals rund 630 Festmeter eingeschlagen. Schon nach wenigen Monaten sehe man von der Auslichtung des Waldes bis auf die Stümpfe keine Spuren mehr, versicherte er.

Ein Baum – acht Tonnen Holz

Nachdem Schutzhelme und signalrote Warnwesten verteilt waren, öffnete er dem Tross die Absperrung (»Vorsicht! Lebensgefahr!«) und führte ihn steil hinauf zu der ausgewählten Rotbuche, an deren mit der Kluppe gemessenem Stamm von 68 Zentimetern Durchmesser er in Brusthöhe neben dem Slash fürs Fällen auch noch ein Warnzeichen wegen eventuell abfallender Äste aus dem Kronenbereich aufgesprüht hatte.

Auf rund acht Tonnen Holz schätzten die Forstleute den Ertrag des Baumes, aus dessen fünf Tonnen Nutzholz zu einem momentanen Festmeter-Preis von rund 130 Euro »wohl Meterstäbe« gefertigt würden. Der Rest werde als Industrieholz zur Zellstoffgewinnung, als Brennholz, auch für Hackschnitzel und schließlich im Rahmen eines versteigerten Flächenloses für die Bevölkerung genutzt. Die grob entasteten Stämme schaffe eine Spezialfirma mit Seilwinden herunter an den Wirtschaftsweg. Rückepferde, so erfuhr man, kämen in diesem steilen Gelände und wegen des zu hohen Gewichts der gefällten Baumriesen nicht zum Einsatz.

Dann machte sich Benjamin Schölkopf, Vorarbeiter der Forstwirte mit 25 Jahren Berufserfahrung, an seine Arbeit mit der Kettensäge und erklärte zunächst die Schnitt-Technik, mit der er einen präzisen Fall erreichen wollte. Ein Keil talwärts, nötigenfalls mit der Axt vollends herausgeschlagen, dann zwei seitliche Sägeschnitte und schließlich der finale Cut in die unter Spannung stehende Bergseite des Stammes, nachdem die erwartungsvoll staunenden Zuschauer aus dem Gefahrenbereich nach oben geschickt worden waren.

Präzise in die Schneise

Als Schölkopf selbst recht flott zur Seite gesprungen war, hatte der Stamm sacht talwärts zu wanken begonnen, um dann in einer majestätischen Sequenz immer schneller mit Rauschen und Donnern in die vorgesehene Schneise zu fallen, ohne dabei die benachbarten Bäume zu sehr zu schädigen. Den gesunden, ohne wertmindernde Risse, mit wenig unerwünschter »Kernröte« glatt getrennten Baumstamm betrachteten Revierleiter Baumbusch, Forstwirt Schölkopf und Dienstherr Wintzen durchaus mit etwas Stolz wie einen erlegten Bären. (GEA)