REUTLINGEN. Der Protest von Menschen mit Handicap gegen die Kappung der Linie 22 zeigt Wirkung – wenn auch nicht im erhofften Ausmaß: Das Umsteigen bleibt, allerdings wird der Weg von einer zur anderen Haltestelle von 200 auf 80 Meter verkürzt. Die Forderung, die Linie einmal pro Stunde durchgängig fahren zu lassen, bleibt unerfüllt. Denn dafür, so Stadtplanungsamts-Chef Stefan Dvorak auf GEA-Nachfrage, bräuchte es mehr Fahrzeuge, mehr Fahrer – und mehr Geld. Wegen der desaströsen Haushaltslage ist die gewünschte »Mehrleistung«, so Dvorak, derzeit nicht drin.
Wie mehrfach berichtet, hat Christian Sackmann, Werkstatt-Rat der Bruderhaus-Diakonie, eine Petition mit der Forderung »Änderung der RSV Linie 22 rückgängig machen« gestartet. Die Kappung der Linie, die vor den Einsparungen im Ringverkehr mit der Linie 2 von Ohmenhausen bis Orschel-Hagen führte, habe viele Nachteile für die Nutzer – insbesondere aber für Menschen mit Behinderungen, begründet Christian Sackmann seine Aktion.
683 Unterzeichner
Denn viele, die bis zur Fahrplanumstellung ohne Umsteigen zu ihren Arbeitsplätzen und Werkstätten im Ringelbachgebiet oder »In Laisen« hätten durchfahren können, müssten jetzt in der Stadtmitte umsteigen. Für Rollstuhlfahrer sei das Ein- und Aussteigen, das sie jetzt viel Mal zu bewältigen hätten, mit großem Aufwand verbunden, schließlich müssten jedes Mal die Rampen der Busse ausgeklappt werden. Deshalb die Forderung, die Änderungen der »etablierten« und sehr beliebten Linie 22 rückgängig zu machen. Inzwischen haben 683 Menschen die Petition unterzeichnet, die am 8. Oktober Oberbürgermeister Thomas Keck übergeben wurde.
Die Verwaltung hat die RSV inzwischen prüfen lassen, wie sich die Situation für mobilitätseingeschränkte Nutzer der Linie 22 verbessern lässt. Dass der Linienast aus Richtung Orschel-Hagen an der Haltestelle Stadtmitte, der aus Richtung Ohmenhausen aber an der Haltestelle Stadthalle endet, sei »sicherlich von Nachteil«, so Stefan Dvorak in einer Mitteilung an den Bezirksgemeinderat Ohmenhausen. Schließlich müssten die Fahrgäste nicht nur umsteigen, sondern auch noch eine Distanz von etwa 200 Metern zurücklegen.
Die RSV sei bei ihrer Prüfung allerdings zu dem Ergebnis gekommen, dass eine gemeinsame Endhaltestelle für beide Linienäste »aus Gründen der Fahrplanstabilität« nicht machbar sei: Die von Ohmenhausen kommende Linie könne nicht bis zur Stadtmitte fahren, weil dort der Haltepunkt nach der nördlichen Wendeplatte ist, der Bus also keine direkte Wendemöglichkeit habe.
Und der 22er aus Orschel-Hagen sei schon so eng getaktet, dass eine längere Fahrstrecke bis zur Stadthalle nicht machbar ist. Als Lösung wird vorgeschlagen, zwei frühere Haltepunkte vor der nördlichen Wendeplatte, nämlich »Stadtmitte« und »Behelf 22 B«, zu reaktivieren, die dann von der Linie 22 aus angefahren werden könnten. Dadurch würde es zwar immer noch zwei Endstationen geben, beim Umsteigen müssten aber nur noch 80 Meter zurückgelegt werden.
Kritik im Fahrgastbeirat
Geprüft wurde außerdem, ob eine durchgängige Fahrt mit der Linie 22 von Ohmenhausen bis Orschel-Hagen wenigstens einmal stündlich möglich ist. Das sei, räumt Stefan Dvorak ein, eine »gute Idee«, aber schwieriger umzusetzen als zunächst angenommen. Denn auf den beiden Linienästen fahre nicht nur die RSV, sondern sie werde »vorwiegend« von beauftragten Unternehmen bedient. Eine Kombination sei nicht ohne Weiteres möglich. Und, so Dvorak: »Mit den gleichen Fahrzeugen kriegen wir es nicht hin.« Mehr Busse und mehr Fahrer würde bedeuten, das Budget erhöhen zu müssen. »Das geht einfach nicht«, sagt der Amtsleiter mit Hinweis auf die prekäre Finanzlage der Stadt.
Die Änderung der Haltepunkte war Anfang Oktober Thema im Fahrgastbeirat. Dort wurde allerdings Kritik geäußert, berichtet Peter Stary von der Reutlinger Kreisgruppe des Verkehrsclubs Deutschland (VCD) auf GEA-Nachfrage. Dass es innerhalb einer Linie keine Umsteigemöglichkeiten zur Fortsetzung dieser Linie gebe, sei aus seiner Sicht eine »grobe Fehlplanung« gewesen. »Das soll jetzt notdürftig repariert werden, mehr nicht«, moniert er. (GEA).