REUTLINGEN. Was für eine Stimmung, was für eine gemeinsame Freude am Samstag beim großen Jubiläumsfest von Lebenshilfe und Kaffeehäusle zum 60. und 40. Geburtstag. Die inklusive Blaskapelle der Lautenbacher spielte voller Inbrunst. Der ein oder andere Ton, der sich im Festzelt verlief, störte wirklich überhaupt niemanden der Festgäste angesichts der freudigen Inbrunst, mit der die Musikerinnen und Musiker aufspielten.
Das sah auch Grünen-Bundestagsabgeordnete Beate Müller-Gemmeke so: »Diese Stimmung und die Lebensfreude – das tut einfach gut«, sagte sie als einzige Rednerin unter acht Grußwortüberbringern. Während vor dem Festzelt jede Menge Spiel und Spaß, Malen, Basteln, Drucken, Seifenblasen, Rikscha-Fahren und Tanz angeboten wurde, ging im Zelt die Runde der Festredner weiter.
Oberbürgermeister Thomas Keck etwa lobte »sechs Jahrzehnte voller Engagement und außerordentlichem Einsatz mit viel Herzblut« der Aktiven der Lebenshilfe. »Eine Gesellschaft ist nur so stark, wie ihr Einsatz für die Schwächsten«, sagte Keck. Und die Lebenshilfe habe sich vom ersten Tag im Jahr 1964 für Inklusion eingebracht.

Die Frühförderung sei etwa daraus entstanden, genauso wie die Peter-Rosegger-Schule oder auch das integrative Kinderhaus in der Wasenstraße. BAFF, Feder und auch Kaffeehäusle seien schon lange aus Reutlingen nicht mehr wegzudenken. 1979 war die Kooperation zwischen Gustav-Werner-Stiftung (heute Bruderhaus-Diakonie) und Lebenshilfe vereinbart worden. »Eine einzige DIN-A-4 Seite reichte damals aus, um den Vertrag zu schließen«, sagte Bruderhaus-Vorstandsvorsitzender Andreas Lingk und hob das historische Blatt Papier in die Höhe.
Auf der Rückseite seien dann ein Jahr später ein paar wenige Zeilen hinzugefügt worden, mit denen die Einstellung von Rose Braun (spätere Henes) – und damit die Geburtsstunde des Kaffeehäusles – auf den Weg gebracht wurde. »Nicht alle haben damals geglaubt, dass dieses integrative Café nach zwei Jahren noch bestehen würde«, so Lingk. Doch die Zusammenarbeit sei ein Erfolgsmodell geworden »zwischen dem großen Tanker der Bruderhaus-Diakonie und den flotten Beibooten der Lebenshilfe«.
Ein weiterer Kooperationspartner, die VHS Reutlingen, feierte am Samstag ebenfalls die Zusammenarbeit: »Wir wirken ein bisschen mit am großartigen Angebot der Lebenshilfe«, sagte Ulrich Bausch. Zahlreiche Kurse und auch das offene Atelier für Menschen mit und ohne Behinderung laufen über BAFF und VHS. »Das macht unsere Gesellschaft lebenswert«, so der VHS-Chef.
Als direkter Nachbar des Kaffeehäusles lobte Markus Nawroth von der Reutlinger IHK die Möglichkeit, dass die IHK-Beschäftigten dieses besondere Café als Wirtschaft und Kantine nutzen können. »Das Kaffeehäusle ist gelebte Inklusion für ganz Reutlingen und das Festival ‚Kultur vom Rande‘ weit über die Stadt hinaus bekannt«, betonte der ehemalige Leiter des Studiengangs Sozialarbeit am Reutlinger Campus, Prof. Jo Jerg.
Nicht zuletzt Landrat Ulrich Fiedler merkte am Samstag in dem Festzelt an: »Man merkt sehr gut, welch guter Geist hier weht.« Die Inklusion in Landkreis Reutlingen sei auch mit der Inklusionskonferenz auf einem guten Weg, »aber noch lange nicht am Ziel«. Die Lebenshilfe sei auf jeden Fall aus dem Kreis nicht wegzudenken, genauso wenig wie das Kaffeehäusle. Die Menschen hinter den beiden Institutionen »machen den Landkreis bunt«, so Fiedler. Zu dieser bunten Vielfalt haben am Samstag auch die Musiker von inklusiven Bands beigetragen ebenso wie die Auftritte der Hiphop-Gruppen der TSG Inklusiv.