Sorge um aufgeheizte Diskussion
Heute macht sich die Tochter einer Gastarbeiterfamilie ebenso wie ihre Gesprächspartner Sorgen um die aufgeheizte Flüchtlingsdiskussion und die derzeitige Verunsicherung vieler Bürger. Dabei sei Deutschland doch »ein wunderbares Einwanderungsland«, was nicht zuletzt an der außergewöhnlichen Arbeit abzulesen sei, die zahllose Ehrenamtliche leisteten, meint Tülay Schmid.Auch in Reutlingen, wie Johanna Schneider zu berichten weiß. Die Schülerin der Theodor-Heuss-Schule hat sich mit Schülern von anderen Gymnasien zusammengetan, um vor Ort Deutschunterricht zu geben, mit den Flüchtlingen gemeinsame Ausflüge zu unternehmen, die Kleidersammlung aufzusuchen oder sie zum Arzt zu begleiten. Sie setzt mehrmals in der Woche in die Tat um, für das der SPD-Bundesabgeordnete Lars Castellucci in seinen Ausführungen wirbt: Bürgerbeteiligung und Begegnung mit Flüchtlingen. Es sei doch auffällig, dass gerade die Leute, die keinerlei Kontakte zu Flüchtlingen hätten, auch die meisten Ängste entwickelten, sind sich Tülay Schmid und Lars Castellucci einig: »Wenn wir es schaffen, unsere Ängste in den Griff zu bekommen, kann Integration und die viel zitierte Willkommenskultur gelingen«, ist Schmid überzeugt.
Natürlich tauchten auch bei ihrer Arbeit mit Flüchtlingen immer wieder Probleme auf, berichtet Johanna Schneider. Einmal habe sie sich etwas bedrängt gefühlt, als plötzlich 40 Männer um sie herumstanden, weil alle was von ihr wissen wollten: »Dabei hatte niemand von denen was Schlechtes im Sinn«, sagt die Schülerin. Auch sei die Unterbringung von 120 Asylbewerbern in der Theodor-Heuss-Sporthalle nicht nur deshalb problematisch, weil für die Schüler derzeit nur eingeschränkt Sportbetrieb angeboten würde, sondern vor allem, weil es dort wegen des schwierigen Umfelds immer wieder zu Streitereien unter den Flüchtlingen komme: »Man sollte dort jemanden haben, der notfalls einschreiten kann«, fordert sie. Auch fehle es an psychologischer Betreuung und es sei nicht immer einfach, sich als Frau den nötigen Respekt zu verschaffen: »Mir ist aber noch nichts Schlimmes passiert«, bestätigt Johanna Schneider auf Nachfrage, »und auch an unserer Schule ist die Stimmung noch längst nicht gekippt«.