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Aktuell Reutlingen

Kleine Windlotterie am Tübinger Tor

REUTLINGEN. Fahnenflaggen kennen die Reutlinger vom Schwörtag. Doch dass man die Fahnen auch hoch und höher werfen und diese Kunst gar zum Wettbewerb, ja zur Weltmeisterschaft treiben kann, dies war dann doch für Viele neu. Neugierige Zaungäste waren den 48 Teilnehmern also gewiss, die am Samstag ihren Weltbesten im Fahnenhochwerfen suchten.

Zum Warmwerden und natürlich auch, um Aufmerksamkeit zu erregen, waren die Fahnenträger bereits am Morgen von der Nikolaikirche über den Marktplatz zur Wettkampfstätte am Tübinger Tor gezogen, musikalisch im Takt gehalten von dem Spielmannszug aus Tauberbischofsheim.

Bevor es ans Eingemachte ging, zeigten die Fahnenschwinger ihre Geschicklichkeit im Figurenwerfen unter anderem mit der »Deutschen Reihe«, einer der schwierigsten Abfolgen überhaupt - was das Publikum allerdings nicht mitbekommen sollte. »Wenn es leicht aussieht, haben wir alles richtig gemacht«, stellte Klemens Ramsteiner aus Fischbach im Kinzigtal noch nach Luft schnappend im Anschluss an seine Vorführung fest.

Nach einer Pause, in der die Verstrebungen der Höhenkonstruktion korrigiert werden mussten und die Teilnehmer aus der Tracht in die Sportkleidung geschlüpft waren, begann die Weltmeisterschaft mit der Vermessung der Fahnen. Das Reglement erlaubt nur Fahnen, die maximal ein Kilo auf die Waage bringen und eine Mindestgröße von 220 Zentimer Stoff von Länge und Breite haben.

Den Beginn machte die Jugend, die mit insgesamt 21 Teilnehmern in vier Altersklassen bis 15 Jahre stark vertreten war. Ihre Anfangshöhen lagen bei drei beziehungsweise vier Metern. In Reutlingen hatten die Jüngsten das Glück und den Wind auf ihrer Seite. So konnte der achtjährige Felix Schaich, Fahnenschwinger der Niederburg Konstanz, stolze sieben Meter überwinden - was nichts weniger als den Weltrekord in seiner Altersklasse bedeutete.

Im Laufe des Wettbewerbs frischte der Wind aber böig auf, was den sieben Damen und später auch den zwanzig Herren den ein oder anderen Strich durch die Rechnung machte. Denn je höher die Latte kletterte, umso flatterhafter reagierten die Fahnen, da konnte die Wurftechnik noch so ausgefeilt sein.

So scheiterte auch der Uracher Wolfgang Schillinger, Weltmeister aus dem Jahr 2003 und amtierender Landesmeister, bei zehn Metern. »Die Ziele waren heute wohl zu hoch gesteckt, aber dabei sein ist alles und es hat mir viel Spaß gemacht.« Nachdem bei 11,50 Metern nur noch fünf Teilnehmer im Spiel waren, spitzte sich am Ende alles auf einen spannenden Zweikampf zu, den Bernd Gehr, ebenfalls von der Fahnenschwingerzunft aus Konstanz, mit 13 Metern für sich entscheiden konnte. Am neuen Weltrekord von 15,10 Meter, wie ihn der Landesverbandsvorsitzende Gerhard Schlaich »bei dieser traumhaften Kulisse vor dem Tübinger Tor« für möglich gehalten hatte, scheiterte Gehr dann aber knapp. (GEA)