KREIS REUTLINGEN/TÜBINGEN. Heutzutage flirten immer mehr junge Menschen über die sozialen Medien. Da kommt es nicht selten vor, dass sie ihrem Chatpartner Nacktbilder von sich schicken. Was manche aber nicht wissen: Nicht nur Erwachsene, sondern auch Minderjährige machen sich beim Übersenden solcher Fotos strafbar. Das Bundeskriminalamt (BKA) warnt daher Jugendliche mit der Bundeskampagne #dontsendit (auf Deutsch: verschicke es nicht) vor den strafrechtlichen Folgen und möchte hiermit für Aufklärung sorgen.
Das BKA erwähnt auf seiner Seite: »Wenn Kinder ab 14 Jahren Nacktbilder oder -videos von sich machen, handelt es sich um kinderpornografisches Material.« Konkreter heißt es auf der Homepage: »Wer solche Nacktbilder oder -videos herstellt, versendet, empfängt oder speichert, macht sich strafbar. Seit dem Sommer 2021 handelt es sich dabei um ein Verbrechen.« Werden jedoch die jugendpornografischen Inhalte mit Einwilligung des dargestellten Jugendlichen gefertigt und innerhalb einer sexuellen Partnerschaft zum persönlichen Gerauch ausgetauscht, ist dies nicht strafbar.
57 Prozent der Absender von kinderpornografischen Inhalten sind minderjährig
Das Phänomen der sogenannten Selbstfilmer spielt im Deliktsbereich eine beachtliche Rolle. Mehr als 40 Prozent der Tatverdächtigen sind laut dpa unter 18 Jahre alt. Das sind 17.549 von insgesamt 42.517 Tatverdächtigen. Doch wie sieht es in der Region aus? »Diese Aussage trifft so auch auf das Polizeipräsidium Reutlingen zu«, teilt der Polizeisprecher Martin Raff auf GEA-Anfrage mit.
"Im Deliktsbereich der kinder- und jugendpornografischen Inhalte waren im Kreis Reutlingen 43 Prozent der Täter im Jahr 2020 minderjährig, 51 Prozent im Jahr 2021 und 42 Prozent ein Jahr später. Während die Zahlen im Kreis Reutlingen zurückgingen, ist dies in Kreis Tübingen nicht der Fall. Waren 2020 noch 46 Prozent, stieg der Prozentsatz im Jahr 2021 auf 57 Prozent und blieb dann 2022 konstant.
Bloß nicht einschüchtern oder erpressen lassen
Aus den Zahlen geht hervor, dass es bei den Jugendlichen an Aufklärung mangeln könnte. Aber was unternimmt die Polizei in der Reutlinger und Tübinger Region, um das zu ändern? Das Referat Prävention des Polizeipräsidiums Reutlingen führe hierzu spezielle Präventionsunterrichte an den Schulen durch, berichtet Raff. »Im Programm ‚Klasse im Netz‘ wird, neben vielen anderen Gefahren in der digitalen Welt, auch auf die Problematik der Verbreitung von pornografischen Schriften durch Kinder und Jugendliche eingegangen. Die Unterrichte finden für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufen 5 bis 7 statt. Einhergehend gibt es für Eltern und Lehrkräfte auf den Unterricht und zu diesem Thema abgestimmte Informationsveranstaltungen«, erklärt Raff.
Sofern es jedoch dazu kommt, dass unangemessene Bilder von einem im Netz veröffentlicht werden, rät das BKA Kontakt mit dem Betreiber der entsprechenden Webseite aufzunehmen und ihn aufzufordern, diese zu löschen. Weiter ist auf der Seite des BKA zu lesen: »Falls Erpressungsversuche unternommen werden: Nicht einschüchtern lassen, sondern den Sachverhalt unbedingt der Polizei melden.«
Eltern sollen zur Sensibilisierung der Kinder beitragen
Das BKA appelliert auch an Eltern, ihre Kinder auf die Gefahren des Teilens von Nacktbildern aufmerksam zu machen und ihnen mögliche Folgen wie etwa Mobbing aufzuzeigen. Empfohlen wird noch »offen mit den Kindern zu kommunizieren und ihnen Hilfsangebote zu unterbreiten«.
Wenn Lehrer oder Eltern unaufgefordert Nacktfotos von Kindern und Jugendlichen erhalten, rät das BKA davon ab, »Screenshots der Chatverläufe und Inhalte anzufertigen«. Der Grund? Auf diese Weise mache man sich strafbar. Zu beachten ist noch: »Eine Dokumentation und Sicherung der Datei sollte mit der zuständigen Polizei im Einzelfall abgesprochen werden.« (GEA)