Ganz so brennend könne das Betreuungsproblem in Reutlingen wohl nicht sein, schloss Carl-Gustav Kalbfell (FDP) aus den leeren Stuhlreihen. »Wir haben den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz fristgerecht umgesetzt, bis heute ist keine einzige Klage anhängig«, erklärte er. Statt einer großen Krise gebe es eher viele kleine »Störfälle«, für die er sich ein professionelles Beschwerdemanagement wünsche.
Kein kleiner Störfaktor
Die Personalsituation in den Kindergärten könne man nicht als kleinen Störfall abtun, hielt Jessica Tatti (Linke) dem entgegen. Die Stadt müsse mehr Personal einstellen, und zwar unbefristet. Auch höhere Löhne könnten bei der Personalgewinnung helfen: »Bei Stadtplanern oder Ingenieuren sind solche Zulagen ja ebenfalls möglich.« Sabine Gross (Grüne) pflichtete Tatti in puncto Personalnot bei: »Die Klagen von Eltern und Erzieherinnen häufen sich, der Krankenstand liegt bei 12,8 Prozent, das erscheint mir recht hoch.« In der letzten Legislaturperiode sei der Ausbau der Kinderbetreuung zwar vorangetrieben worden, »nur leider ist die Qualität dabei vergessen worden.«Dass die Stadt bei der Kinderbetreuung »richtig viel macht«, zeigte dagegen Annette Leininger (FWV) anhand von Haushaltszahlen auf. Natürlich könnte es immer noch mehr sein, »aber in dem Haushalt, der uns jetzt vorgelegt wird, finden sich Anträge aller sozialen Einrichtungen, von Baff bis Wirbelwind.« Da müsse man für alles, was man zusätzlich haben wolle, etwas anderes streichen.
Auch Helmut Treutlein (SPD) konstatierte, die Stadt sei beim Tagesstättenausbau »mächtig dabei«. Er warnte davor, in Lobbygruppen zu denken: »Wer heute mehr Mittel für die Kinderbetreuung fordert, dem ist, wenn die Kinder größer werden, vielleicht die Ausstattung der Musikschule oder der Sporthallen wichtiger.« Das dürfe man nicht gegeneinander ausspielen. Und für Andreas vom Scheidt (CDU) zeigt sich Familienfreundlichkeit ohnehin nicht bloß in der Kinderbetreuung: »Da gehören auch attraktive Arbeitsplätze, Wohnraum oder Freizeitmöglichkeiten dazu.« Klar sei außerdem: »Auch mit der bestmöglichen Betreuung können wir in den Einrichtungen keinen echten Elternersatz schaffen.«
Klagen aus dem Publikum
Ungeachtet der Politikerstatements wurden aus dem Publikum Klagen über zu eng gefasste Öffnungszeiten, zu viele Schließtage, fehlende Familienzentren, zu kurz kommende Kleinkinder oder ungerechte Gebührenmodelle laut. Auf dem Podium dagegen herrschte von Schwarz bis Bunt weitgehend Einigkeit, dass bedarfsgerechte, qualitätvolle Kinderbetreuung nach Kräften gefördert werden müsse – sofern das Geld dafür vorhanden sei.Deutliche Unterschiede gab es lediglich in der Frage, wie viel die Eltern dazu beisteuern sollten: Von gar nichts, also Gebührenfreiheit (Linke), über »kostenfrei ab dem dritten Kind« (SPD) bis »Was nichts kostet, taugt nichts« (Ute Beckmann, WiR) reichte das Spektrum.
Konsens herrschte auch hinsichtlich der Bedeutung, die dem Gerk in der Betreuungspolitik zukommt. Ute Beckmann brachte den allgemeinen Tenor auf den Punkt: »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Arbeit. Sie sind auf dem richtigen Weg.« Den von der Gerk ins Gespräch gebrachten beratenden Sitz im Verwaltungs-, Kultur- und Sozialausschuss (VKSA) wollte den Elternbeiräten trotzdem niemand zugestehen – auch darin waren sich die Kommunalpolitiker einig. (GEA)