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Jürgen Fiedlers kunterbunte Kunst-Welt im Reutlinger Haus der Begegnung

Foto: Claudia Reicherter
Foto: Claudia Reicherter

REUTLINGEN. Beruflich bildete er Mechatroniker aus, doch privat hat Jürgen Fiedler immer gern gemalt. Am Wochenende zeigte der Autodidakt erstmals öffentlich Werke, die in den vergangenen Jahrzehnten in seiner Heimat Pliezhausen entstanden sind. »123 fantastische Skulpturen und Reutlinger Motive auf Leinwand« waren zwei Tage lang im Haus der Begegnung in Orschel-Hagen zu sehen: dreidimensionale Figuren, die tanzende, kletternde, kämpfende Menschen, Tiere, Comic-Figuren zeigen; Reliefversionen einiger Bilder von Henri Matisse, Frida Kahlo, Niki de Saint Phalle; großformatig gemalte Lieblingsorte in der Stadt und im Landkreis.

Der 74-Jährige formt die Plastiken wie Reliefs dabei nicht aus Ton oder Bronze, sondern leimt Multiplex-Holzplatten zusammen, schnitzt sie in die gewünschte Rohform, die er mittels Pappmaché und Holzspachtelmasse verfeinert und nach einigem Feilen und Schmirgeln in mehreren Schichten lackiert. »Ich habe keinen Holzofen, aber eine Säge«, erklärt der Tüftler.

Motivisch eröffnet die Ausstellung ein Panoptikum humorvoller Kommentare und liebevoller Beobachtungen. Fiedler verarbeitet darin, was er selbst erlebte. Tanzende Hochzeitspaare entstanden nach der Heirat des Sohns – Comic-Held Tim mit Hund Struppi und dunkelhäutiger Braut – gerade weil von dem keine Frauengeschichten überliefert sind. Die unbesiegbare Micky Maus tappt in Fiedlers kunterbunter Kunst-Welt in eine Mäusefalle.

Die Eltern, die 1960 vor dem Bau der Mauer mit ihm als zehnjährigem Bub von Brandenburg über Berlin zu Tanten nach Eningen flohen, verewigt er in einer reizenden Szene auf einer Bank unter dem geliebten Obstbaum. Die eigene Fluchterfahrung prägt auch seinen Blick aufs aktuelle Weltgeschehen: Seine Darstellung einer aus der Ukraine fliehenden Familie transportiert Empathie – und berührt so den Betrachter. (dia)