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Ist Survival wie bei »7 vs. Wild« auch in Reutlingen möglich?

Die Survival-Show »7 vs. Wild«, deren dritte Staffel nun auf YouTube anläuft, hat in Deutschland Millionen von Fans. Manch Zuschauer fragt sich dabei: Könnte ich das auch? Und wenn ja: Kann man so ein Outdoor-Abenteuer in Reutlingen und der Region umsetzen? Ein Experte klärt auf, was machbar ist - und was nicht.

Bei »7 vs. Wild« müssen die Kandidaten mit minimaler Ausrüstung mehrere Tage lang in der Wildnis überleben.
Bei »7 vs. Wild« müssen die Kandidaten mit minimaler Ausrüstung mehrere Tage lang in der Wildnis überleben. Foto: Amazon
Bei »7 vs. Wild« müssen die Kandidaten mit minimaler Ausrüstung mehrere Tage lang in der Wildnis überleben.
Foto: Amazon

REUTLINGEN. »7 vs. Wild« ist das erfolgreichste YouTube-Format Deutschlands. Die am Mittwoch auf der Video-Plattform in die drittel Staffel startende Survival-Show hat mit bis zu 15 Millionen Zuschauern pro Folge Einschaltquoten wie sonst nur die Fußball-Nationalmannschaft. In dem Format kämpfen die Teilnehmer mit minimaler Ausrüstung in der Wildnis mehrere Tage lang ums Überleben. Laut dem Psychologen Stefan Drewes macht den Reiz der Serie vor allem aus, dass sich die Zuschauer fragen: Wie viele Tage würde ich schaffen? Wenn jetzt jemand »7 vs. Wild« in einem Wald in Reutlingen und der Region nachspielen will: Wäre das überhaupt möglich? »Das wird schwierig«, sagt Johannes Lutz, Büroleiter Forstbezirk Süd des Landratsamts Reutlingen. Der 59 Jahre alte Förster und Erlebnispädagoge erklärt, was möglich ist und wovon man lieber die Finger lassen sollte.

Betreten des Waldes

Die gute Nachricht: Jeder darf den Wald »zum Zwecke der Erholung« betreten, erklärt Lutz den Paragraf 37 des Landeswaldgesetzes. Dabei ist es egal, ob dieser in Privatbesitz ist. »Man muss dabei nicht auf den Wegen bleiben, sondern darf auch ins Gelände.« Der Absatz 1 setzt der Freiheit aber deutliche Grenzen. Darin heißt es: »Wer den Wald betritt, hat sich so zu verhalten, dass die Lebensgemeinschaft Wald und die Bewirtschaftung des Waldes nicht gestört, der Wald nicht gefährdet, beschädigt, verunreinigt sowie die Erholung anderer nicht beeinträchtigt wird.« Auch beim allgemeinen Betretungsrecht gibt es Einschränkungen, zum Beispiel in Naturschutzgebieten und im Biosphärengebiet Schwäbische Alb. »Da gibt es Kernzonen, in die man nicht rein darf«, erklärt Lutz.

Übernachten im Wald

Wenn jemand im Wald unter einem Baum schlafen will, »kann er das machen«, sagt Lutz. Auch unter einem Tarp, einer Art Zeltplane, zu schlafen, sei nicht explizit verboten. Wildcampen im Zelt wiederum wäre ohne Genehmigung verboten. Aber ohne Zelt könnte man theoretisch sogar sieben Tage am Stück im Gehölz übernachten. »Das könnte noch über das freie Betretungsrecht abgedeckt sein.« Das Ganze ist aber eine »rechtliche Grauzone«, betont Lutz. Und die könne man auch schnell auf der falschen Seite verlassen, warnt er. »Es lässt sich darüber streiten, ob es noch dem Zwecke der Erholung dient.« Das Verrichten der Notdurft könnte auch zum rechtlichen Problem werden, da die anfallende Menge nach sieben Tagen als Verschmutzung gewertet werden könnte.

Unterschlupf bauen

Um der Witterung nicht schutzlos ausgeliefert zu sein, ist es wichtig, einen Unterschlupf zu bauen. »Wenn bei uns jemand ein paar herumliegende Äste anders hinstellt, hat da sicher niemand was dagegen«, sagt Lutz. »Aber schon, wenn jemand einen Ast absägt, ist das nicht mehr zulässig. Das muss man mit dem Eigentümer abklären.« Wenn die Teilnehmer der Survival-Show in Kanada einen Baum fällen, sei das ihr eigenes Risiko. Hierzulande aber gelten strenge Bestimmungen. »Da sind wir rechtlich bei einer Sachbeschädigung.« Auch, um Bäume zu fällen, braucht es eine Erlaubnis des Besitzers. Aber selbst dann darf in Deutschland nicht jeder Bäume fällen. »Ohne den Nachweis einer Schulung geht nichts.« Wer nun seinen Unterschlupf wie seine Vorbilder bei »7 vs. Wild« die Liegefläche mit Moos komfortabler gestalten will, muss laut Lutz gut aufpassen: »Manche Moose stehen unter Artenschutz und dürfen nicht genutzt werden.«

Darum geht's bei »7 vs. Wild«

»7 vs. Wild« ist eine deutsche Reality-Survival-Show des Webvideoproduzenten Fritz Meinecke. Das Format dokumentiert sieben Teilnehmer oder Teams, die nur mithilfe ihrer Kleidung und im Vorfeld selbst ausgewählten Gegenständen alleine in der Wildnis durchhalten müssen. Bei den Teilnehmern, die sich selbst mit Actionkameras filmen, handelt es sich überwiegend um Influencer aus den sozialen Medien. Die dritte Staffel ist eine Teamedition mit sieben Zweiergespannen. Diese sind: Fritz Meinecke und Martin »Survival Mattin« Rudloff (beide YouTuber), Sascha Huber und Jens »Knossi« Knossalla (beide Influencer), Joey Kelly (Extremsportler und Musiker) und Jan »Schlappen« Lange (Freerunner), Kevin »Papaplatte« Teller und Dominik »Reeze« Reezmann (beide Streamer), Maximilian »Trymacs« Stemmler und Wieland Emilian »Rumathra« Welte (beide Streamer), die »Naturensöhne« Gerrit Rösel und Andreas Schulze (beide YouTuber) sowie Hannah Assil und Ann-Kathrin Bendixen alias »Affe auf Bike« (Wildcard-Teilnehmer). Die Staffel ist vorab auf dem Streamingdienst Freevee zu sehen. Ab dem 29. November beginnt die Ausstrahlung auf YouTube (mittwochs und samstags). (der)

Beeren und Pilze sammeln

Gegen leichten Hunger helfen Beeren und Pilze. »Die darf man generell bei uns im Wald sammeln«, sagt Lutz. Ausnahmen sind Naturschutzgebiete. Das Problem: »Wenn man abseits der Wege unterwegs ist, übersieht man die Schilder und merkt nicht, wenn man die Grenze überschritten hat.« In den Bereichen, wo das Sammeln erlaubt ist, gilt die sogenannte »Handstrauß-Regelung«. Das heißt: Man darf geringe Mengen sammeln für den eigenen Bedarf. »Wenn man sich so ein Abendessen zusammensammelt, ist das okay«, erklärt Lutz. Eine genaue Menge sei nicht definiert. Wenn man aber nun Vorräte anlegen will, könnte das schon über den Anspruch auf Eigenbedarf hinausgehen. Bei Pilzen sei doppelte Vorsicht geboten. Unter diesen gebe es geschützte Arten, die nicht gesammelt werden dürfen. »Und es gibt Pilze, die hochgiftig sind und bei Konsum zum Tod führen können«, warnt Lutz. »Man sollte sich gut auskennen.«

Feuer machen

Wenn es abends kalt wird, braucht es ein Feuer um sich zu wärmen. In heimischen Wäldern wäre das nicht erlaubt. Im Landeswaldgesetz ist geregelt: »Wer in einem Wald oder mit Abstand von weniger als 100 Meter vom Wald außerhalb einer eingerichteten und gekennzeichneten Feuerstelle ein Feuer anzündet, bedarf der vorherigen Genehmigung der Forstbehörde.« Lutz verweist auf die hohe Waldbrandgefahr im Landkreis Reutlingen in den vergangenen Sommern, in denen selbst offiziell eingerichtete Grillstellen gesperrt worden waren. »Selbst das Rauchen ist im Wald von März bis Oktober verboten.« Wer ohne Erlaubnis ein offenes Feuer macht, kann laut Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren aufgebrummt bekommen. Ohne Genehmigung dürfen nur Waldbesitzer und »Jagdausübungsberechtigte« Feuer im Wald machen. »Bei denen geht man davon aus, dass sie die Gefahr einschätzen können«, sagt Lutz.

Fische fangen und Tiere jagen

Wenn Beeren und Pilze den Hunger nicht mehr stillen, könnte man auf die Jagd nach Fischen und Kleintieren gehen. In Deutschland sind die Hürden dafür hoch. Jagen darf nur, wer einen Jagdschein hat. »Das ist der Befähigungsnachweis«, erklärt Lutz, der selbst Jäger ist. »Dann brauche ich zudem für den Bereich, in dem ich jagen will, eine Jagderlaubnis oder einen Begehungsschein, wenn ich nicht selbst der Jagdpächter bin.« Beim Angeln sieht es identisch aus: »Neben dem Angelschein braucht es noch die Genehmigung des Eigentümers des Gewässers.« Wer ohne Sachkundenachweis und Erlaubnis auf die Idee kommt, einen Hasen in der Schlinge zu fangen oder eine Forelle zu angeln, begeht Wilderei und damit eine Straftat. Dafür droht laut Strafgesetzbuch eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren.

Das Fazit des Forst-Experten

Kann man nun einem Wald in Reutlingen und der Region ein Survival-Abenteuer wie bei »7 vs. Wild« machen? In der Theorie sei es mit der Zustimmung des Waldbesitzers möglich, wenn man sich an alle Gesetze und Regeln hält, so Lutz, aber in der Praxis kaum umsetzbar. »Ich würde es niemandem empfehlen. Man muss sich bewusst machen, dass man sehr schnell aus der rechtlichen Grauzone in den illegalen Bereich abrutschen kann.« In Schweden oder Kanada, wo die Show bereits gedreht worden ist, sei das anders. »Da gibt's noch mehr echte Wildnis.« In Deutschland dagegen gebe es viele Restriktionen, weil es ein dicht besiedeltes Land sei und der Forst verschiedene Aufgaben erfülle: Er ist etwa Lebensraum für Tiere und Pflanzen, Erholungsgebiet für Menschen und mit dem Rohstoff Holz ein wichtiger Wirtschaftsfaktor.

»Der Wald steht unter enormen Druck«, sagt Lutz. »Es sind sowieso schon sehr viele Menschen unterwegs. Wenn dann noch Leute dort ihr Outdoor-Erlebnis durchziehen, ist das nicht gut für die Natur.« Der Forst-Experte verweist vor allem auf die Aufzuchtzeiten von Wild und die Vögeln in den Sommermonaten, wo es sich im Wald am besten aushalten ließe. »Die Tiere sollte man dann lieber nicht stören, in dem man durch die Büsche schleicht.« Lutz empfiehlt stattdessen, an Erlebnispädagogik-Veranstaltungen im Wald teilzunehmen. »Es ist zwar nicht ganz das, was 7 vs. Wild ausmacht«, gibt er zu. Aber damit sei man auf der rechtlich sicheren Seite, da Waldbesitzer und Jagdpächter Bescheid wüssten, wann Teilnehmer in welcher Ecke des Forstes sind. »Da wird die Gefährdung eingegrenzt.« (GEA)