REUTLINGEN-BETZINGEN. »Das war mir gleich klar, dass das nicht vorbei ist.« Die Seniorin, die im Betreuten Wohnen in der Betzinger Hepp- und Borsigstraße lebt, klingt resigniert. Überhöhte Mietforderungen und schlechte Kommunikation mit dem Hauseigentümer hatten im Herbst zu großer Verunsicherung unter den Bewohnern geführt. Nach ausführlicher Berichterstattung in regionalen wie überregionalen Medien schien die Sache vorerst erledigt. Der Hausverwalter ZBVV (Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH) sprach von Missverständnissen. Doch nun herrscht schon wieder Verunsicherung im Haus.
Am 17. November flatterte beim Einrichtungsträger KBF - selbst auch Mieter im Haus - ein Schreiben der Bad Homburger Inkasso GmbH ins Haus. Es ging um einen angeblichen Mietrückstand in Höhe von 392 Euro, plus 70 Euro Inkassokosten. »Ein Betrag, den wir absolut nicht nachvollziehen konnten«, sagt KBF-Geschäftsführerin Beatrice Kästner im Gespräch mit dem GEA. »Wir haben weder eine entsprechende Rechnung noch eine Mahnung erhalten.« Überweisen solle man den Betrag bis zum 24. November, hieß es im Schreiben weiter. Vier Tage nach Ablauf der Frist, am 28. November, wurde die Forderung dann in einem zweiten Schreiben der Bad Homburger Inkasso wieder aufgehoben. Ein Anruf bei der ZBVV brachte Beatrice Kästner nur wenig Erhellung. Es wurde Bedauern geäußert. Wie die Bescheide zustande gekommen seien, könne man nicht nachvollziehen.
»Wir haben weder eine entsprechende Rechnung noch eine Mahnung erhalten«
Doch nicht nur die KBF bekam einen Inkassobescheid. Auch mindestens sieben weitere Senioren im Haus waren betroffen. Und so beschlossen KBF-Mitarbeiter, sich proaktiv an alle Hausbewohner zu wenden. Schlechte Erreichbarkeit und das Vorgehen der ZBVV hatten in den vergangenen Wochen sowieso schon zu großer Verunsicherung unter vielen Senioren geführt. In der Anlage in der Heppstraße können sie in kleinen Wohnungen noch recht eigenständig leben und sich Pflege-Leistungen der KBF dazubuchen. Einige von ihnen fürchten, diese Eigenständigkeit zu verlieren, sollte ihnen der unberechenbar wirkende neue Hauseigentümer das Mietverhältnis kündigen.

»Liebe Bewohner, falls Sie ein Schreiben von der Bad Homburger Inkasso GmbH erhalten haben, können Sie sich gerne an uns wenden.« Alle Senioren fanden also Ende November ein formloses Schreiben von zwei KBF-Mitarbeiterinnen in ihrem Briefkasten. »Uns bleibt nun ja nichts anderes übrig, als die Menschen aufzufangen und ihnen alles zu erklären«, sagt Geschäftsführerin Kästner. Sie ist ziemlich ratlos, wie es nun schon wieder zu solch' einem Vorgang kommen konnte - nachdem die Probleme Ende Oktober doch ausgestanden schienen und die überhöhten Mietforderungen zurückgezogen wurden. »Wenn es selbst mir schwer fällt, die Abläufe und die Zuständigkeiten bei der ZBVV nachzuvollziehen - wie sehr muss das dann die Bewohner irritieren?«
»Ich denke, der Gesellschaft geht es darum, möglichst viel Geld aus dem Objekt rauszuziehen«
Wieder nur ein Missverständnis? »Ich fürchte, das wird nicht beendet sein«, meinte im Oktober Mieterbund-Anwältin Rosemarie Schlünz im Gespräch mit dem GEA. Womit sie Recht behalten sollte. Damals nannte sie als Grund für ihre Skepsis: »Ich denke, der Gesellschaft geht es darum, möglichst viel Geld aus dem Objekt rauszuziehen.« Bewohner hatten damals wochenlang oft vergeblich versucht, einen Ansprechpartner bei einem Callcenter zu bekommen. Um zu klären, wohin sie ihre Miete zahlen sollen, was es mit Rückständen auf sich hat und wie es generell um ihr Mietverhältnis steht.
Die ZBVV verwaltet laut einem NDR-Bericht bundesweit rund 60.000 Wohnungen. Es handelt sich also um ein großes Unternehmen. Probleme gibt’s aber bei weitem nicht nur in Reutlingen. Verschiedene Medienberichte aus ganz Deutschland zeigen, dass Mieter oft wochenlang auf Rückmeldungen oder Reparaturen warten. Nach dem Vorfall im Oktober hatte die ZBVV Besserung gelobt und verkündet, dass nun drei Ansprechpartner für Reutlingen zuständig seien. Geholfen hat dies offenbar erstmal nicht.
Ein ZBVV-Sprecher betont nun, dass im Oktober jeweils eine Zahlungserinnerung und eine Mahnung an die betroffenen Mieter in der Heppstraße verschickt worden war. »Wir gehen dem aktuell nach und versuchen herauszufinden, ob die Schreiben auch tatsächlich angekommen sind«, heißt es weiter. Die Inkassoschreiben seien »wegen eines technischen Übermittlungsfehler« versandt worden, obwohl der Inkassovorgang zuvor schon zurückgezogen worden sei. Bei insgesamt elf Mietern bestünden Rückstände, die noch geklärt werden müssten. »Sechs Mieter konnten zeitnah telefonisch erreicht werden und es wurde ihnen mitgeteilt, dass das Inkassoschreiben als gegenstandslos betrachtet werden kann«, so der Sprecher weiter. Zumindest die Schilderung von KBF-Chefin Kästner steht dem gegenüber: Denn sie betont – wie erwähnt – weder Mahnung noch Rechnung erhalten zu haben. (GEA)