KREIS REUTLINGEN. Alle reden vom Bürgergeld. Dabei gibt es durchaus auch Bürgerinnen und Bürger, die nach wie vor »Sozialhilfe« – im Amtsdeutsch heißt diese Unterstützung inzwischen »Hilfe zum Lebensunterhalt« (HzL) – beziehen. Diese Leistung des sozialen Netzes greift, wenn alle anderen Hilfsmöglichkeiten nicht funktionieren. Sie beinhaltet aber auch, dass Angehörige von Bedürftigen zur Zahlung herangezogen werden können.
Zuletzt gab es bundesweit rund 214 860 HzL-Empfangende, gemessen an bundesweit rund 6,9 Millionen Menschen, die insgesamt Mindestsicherungsleistungen nach dem Sozialgesetzbuch bekommen, ist das eine zahlenmäßig kleine Gruppe. Allerdings steht sie für bedürftige Menschen, die anders nicht aufgefangen werden können.
Im Kreis Reutlingen sah die Entwicklung bis zum 31. Dezember 2021 folgendermaßen aus: Gegenüber dem Jahr 2020 mit 280 Betroffenen kletterte hier die gesamte Empfängerzahl um 15 Personen oder 5,4 Prozent auf 295. 2019 lag die Empfängerzahl bei 611 und weitere zwölf Monate zuvor bei 704 (Dezember 2018).
In der Regionaldatenbank Genesis liegen inzwischen die Zahlen zum Jahreswechsel 2021/22 vor. Aktuell sieht es in diesem Bereich wie folgt aus: In Baden-Württemberg erhielten zum 31. Dezember 2021 insgesamt 17 965 Männer, Frauen und Kinder diese spezielle Unterstützung (Vorjahr: 16 990). Bundesweit waren es 214 860 Empfänger (Vorjahr: 217 370). Diese Menschen hatten weder Anspruch auf das sogenannte Arbeitslosengeld II (Hartz IV) noch auf Grundsicherung im Alter oder auf Finanzhilfe infolge dauerhafter Erwerbsminderung. Bei ihnen sorgen beispielsweise Krankheiten für befristete Erwerbsminderung, obwohl sie jünger als 65 Jahre sind oder weil sie länger als sechs Monate stationär untergebracht werden müssen – ohne erwerbsgemindert zu sein.
Auch Minderjährige unter 15 Jahren, die nicht im Haushalt der Eltern, sondern bei Verwandten leben, sind anspruchsberechtigt, wenn Einkünfte fehlen. Ebenso Bewohner in stationären Einrichtungen der Pflege, der Altenhilfe oder der Eingliederungshilfe für Behinderte, deren eigenes Einkommen und Vermögen nicht ausreicht, die Kosten der Unterkunft zu zahlen.
Im Kreis Reutlingen lebten 180 aller 295 HzL-Empfänger in einem Alten- oder Pflegeheim, also ein Anteil von rund 61 Prozent (Vorjahr: 165 beziehungsweise 58,9 Prozent). Der Bundeswert 2021 lag bei 48,1 Prozent (2020: 44,9 Prozent).
Der Wohnsitz entscheidet auch über den Regelsatz. Der orientiert sich künftig an den im Bürgergeld-Gesetz festgelegten Werten. Das heißt konkret: Es gab 2021 maximal 446 Euro und es gibt ab 1. Januar maximal 502 Euro für alle, die in einer eigenen Wohnung leben.
Deren Miet- und Heizkosten werden in voller Höhe übernommen. Allerdings wird die Angemessenheit geprüft. Dazu gibt es einmalige Leistungen, beispielsweise für die Ausstattung des Haushalts. »Weiterhin können Beiträge für die Kranken- und Pflegeversicherung übernommen werden sowie Beiträge für die Altersvorsorge. Zur Vermeidung von Wohnungslosigkeit können darüber hinaus zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage Schulden übernommen werden«, fasst das Sozialministerium die Leistungen zusammen. Wer in einem Heim oder einer Pflegeeinrichtung lebt, für den galten bis Ende 2021 als Bedarfssatz 357 Euro, seit 1. Januar dieses noch jungen Jahres sind es 402 Euro.
Doch wie schaut es mit der Altersverteilung der Bezugsberechtigten im Kreis Reutlingen aus? Hier waren zuletzt 15 HzL-Empfänger jünger als 18 Jahre. Weitere 145 waren im erwerbsfähigen Alter zwischen 18 und 65 Jahren und 135 hatten den 65. Geburtstag bereits hinter sich. Insgesamt 50 ausländische Empfänger bezogen laufende Hilfe zum Lebensunterhalt – ein Anteil von rund 16,9 Prozent (Bund: 11,5 Prozent). (zds)