REUTLINGEN. Wenn es um die Attraktivität der Reutlinger Innenstadt und den Einzelhandel geht, taucht ein Kritikpunkt zuverlässig auf, der die Gemüter besonders bewegt: zu hohe Parkgebühren. Die konservativen Fraktionen im Gemeinderat stoßen ins selbe Horn. Das Rathaus hat nun unlängst ein Zeichen gesetzt, dass man das Wehklagen wahr- und ernst nimmt: Im 16-Punkte-Paket, das die Stadt jüngst zur Stärkung der Innenstadt vorgestellt hat, soll in den Parkhäusern Rathaus/Tübinger Tor und Stadthalle an allen Tagen die zweite Parkstunde kostenlos sein. Nach Angaben der Pressestelle startet die Vergünstigung ab 15. Juni.
Was kostet die erste Stunde in der Kern- oder Altstadtzone, wie ist das Angebot im Zentrum und welche Einnahmen generieren Städte aus den Parkgebühren? Der GEA hat bei den Verwaltungen in Reutlingen, Tübingen, Metzingen und Stuttgart nachgefragt.
Parkplätze satt im Reutlinger Zentrum
In der Reutlinger Altstadt können Kunden mancherorts - etwa in der Metzgerstraße - bis vor die Tür fahren. Im Altstadtbereich (Zone A zwischen Garten- und Lederstraße inklusive Bruderhaus) gibt es laut Stadtverwaltung rund 330 Kurzzeit- und Mischparkplätze, die reichlich Parksuchverkehr ins Herz der Stadt locken. Kostenfreie freie Stellplätze gibt es dort nicht. An Parkuhren und Parkscheinautomaten zahlen Autofahrer in der Altstadt an Werktagen (9 bis 20 Uhr) 1,50 Euro pro Stunde. Tagestickets gibt es in der Kernzone nicht. In Zone II werden täglich 6 Euro fällig.
In den zentrumsnahen Parkgaragen Stadthalle, Rathaus /Tübinger Tor, Nordstern, Pomologie, Lederstraße und Stadtmitte kommen nochmal über 1.400 Plätze hinzu. Weitere zahlreiche Parkmöglichkeiten existieren an der Peripherie der Altstadt insbesondere im Bereich der Oberen Wässere. Bezahlen kann man unterdessen auf den oberirdischen Plätzen und für die Rathaustiefgarage mit der Easy-Park-App .
Insgesamt ist das Angebot in den Garagen nach Einschätzung der Verwaltung gut ausreichend - nur an den Samstagen vor Weihnachten oder bei Sonderveranstaltungen komme es zu Engpässen.
Die Parkgebührensatzung gibt einen Anhaltspunkt über das Niveau der Gebühren in den städtischen Anlagen: Das Parkhaus Rathaus/Tübinger Tor ist von den nicht privaten Parkhäusern mit 1,80 Euro pro Stunde das teuerste.
Insgesamt hat die Stadt im Jahr 2023 aus Straßenparkgebühren und -parkplätzen über 3,3 MiIlionen Euro eingenommen. Dem stehen 365.000 Euro an Kosten gegenüber. Für die städtischen Parkhäuser liegen nach Angaben der Verwaltung für 2023 noch keine endgültigen Zahlen vor. 2022 beliefen sich die Einnahmen aus den Tiefgaragen Rathaus/Tübinger Tor und Stadthalle auf gut 1,2 Millionen Euro (Kosten: eine gute Million). Das Parkhaus Stadthalle ist ein Minusposten: 126.00 Euro mussten dafür 2022 zugeschossen werden.
Parken in Tübingen: Parksuchverkehr minimieren auch digital
Autoverkehr eindämmen, ist in Tübingen nicht erst seit Boris Palmer Stadt-Räson. Das spiegelt sich an der Parkplatzpolitik wieder. In der Alt- und Innenstadt gibt es nur sehr wenige öffentliche Parkplätze, die preislich nicht eben attraktiv sind: In der teuersten Parkzone, die Altstadt, den westlichen Teil der Wilhelmstraße und das südliche Stadtzentrum umfasst, kostet das Parken 3 Euro pro Stunde. Tagestickets gibt es erst ab Zone 2 für 8 Euro. Auch in Tübingen können an allen Parkscheinautomaten unterdessen die Gebühren per App gezahlt und die Parkzeit verlängert werden.
Wer mit dem Auto in die Innenstadt fährt, nutzt die Parkhäuser Altstadt/Mitte (2 Euro für die erste Stunde), das Parkhaus König (1,90 Euro) oder das Neckarpark-Parkhaus (2,10 Euro). Wie die Parkhäuser minutenaktuell ausgelastet sind, kann man bequem im Internet nachschauen unter www.tuebingen.de/mobil.
Parken in Metzingen: Die Stadt legt drauf
Autofahrer willkommen: Das ist die Metzinger Botschaft. Die Stadt lockt mit viel Parkraum für wenig Geld oder gar kostenlos. Selbst in der Kernzone Altstadtbereich gibt es nach Angaben der Stadtverwaltung mehr als 1.000 Parkplätze, von denen 600 (mit Parkscheibe) kostenlos sind. In der Innenstadt gibt es außer der Rathaus-Tiefgarage (ein Euro pro Stunde) nur oberirdische Parkplätze (50 Cent), teils am Straßenrand, teils als ausgewiesene Parkplätze.
In der Outletcity, die per Fußmarsch von der Innenstadt in 10 bis 15 Minuten zu erreichen ist - stehen nach Angaben der Stadtverwaltung insgesamt rund 3.500 Parkplätze zur Verfügung auf großen acht Parkflächen, davon 800 kostenlos. Die teuerste Parkmöglichkeit kostet in der Outletcity 1,50 Euro pro Stunde, ein Tagesticket 10 Euro. Die Parkplätze sind großteils in Parkhäusern, teilweise auch unüberdacht.
Angesichts dieser Zahlen ist es kein Wunder, dass Engpässe selten sind. Zudem werden laut Verwaltung bei großen Events Ausweichparkplätze - nebst Shuttlebus - eingerichtet etwa auf dem Festplatz.
Das Ergebnis fürs Stadtsäckel: die Kommune zahlt das drauf. Die Kommune nimmt über die Parkgebühren aktuell jährlich rund 55.000 Euro ein. Der Gewinn decke aber nicht die anfallenden Kosten, etwa für Personal und Parkautomaten.
Hoher Parkdruck in der Metropole Stuttgart
Teuer und rar: Parkplätze in der Landeshauptstadt. Im Bereich des Cityrings bestehe eine »sehr hohe und ständige Auslastung aller Parkflächen«, bestätigt die Pressestelle im Rathaus. In der Tarifzone »City« sind keine kostenfreien Parkplätze vorhanden (ausgenommen sind bis Ende des Jahres Carsharingfahrzeuge, die kostenlos parken dürfen). Im öffentlichen Straßenraum gibt es im Zentrum rund 1.250 Stellplätze, in Parkgaragen etwa 1.200 Stellplätze in Verwaltung der Landeshauptstadt Stuttgart.
Das Laternenparken ist richtig teuer: In der Tarifzone »City« kostet ein Ticket mit einer Stunde Parkzeit 5,50 Euro (die Parkhäuser liegen um die 3,50 Euro in der ersten Stunde) . Auf der Straße ist die Parkzeit zudem auf eine Stunde begrenzt. Ein Tagesticket gibt es nur in der Tarifzone »Übrige Bewirtschaftungsgebiete« (11,30 Euro für bis zu 14 Stunden Parkzeit übertragbar auf den folgenden Tag).
Im Jahr 2023 hat die Stadt rund 13 Millionen Euro eingenommen. Was an Gewinn übrig bleibt, dazu ist nach Angaben der Pressestelle »kurzfristig keine Aussage möglich«.
Mobil ohne Auto
Zugleich bemüht man sich in den Städten, Mobilität anzubieten, die Parkplatzsuche obsolet macht. In Reutlingen startet mit der Parkvergünstigung ab 15. Juni auch der kostenlose RSV-Stadtbusverkehr an den Samstagen. Die Tübinger bieten diese Option schon länger an, zudem verkauft man bei größeren Veranstaltungen wie dem umbrisch-provenzalischen Markt die TüBus-Tickets zu Sonderpreisen. (GEA)