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Aktuell Saftkur

Fastenzeit: GEA-Redakteurin testet Saftkur

Fünf Tage nichts essen und stattdessen nur Säfte trinken? Redakteurin Ifigenia Stogios hat es ausprobiert und berichtet, wie es sich anfühlt und was es ihr gebracht hat.

Saftkuren sind in jüngster Zeit wieder im Trend.
Saftkuren sind in jüngster Zeit wieder im Trend. Foto: Christin Klose
Saftkuren sind in jüngster Zeit wieder im Trend.
Foto: Christin Klose

REUTLINGEN. Zur Fastenzeit habe ich schon oft meine Ernährung zeitweise umgestellt. Ich habe zum Beispiel als Teenager 40 Tage lang auf Tierprodukte und Olivenöl verzichtet, was in meinem Herkunftsland Griechenland in der Vorosterzeit üblich ist. Diesmal packte mich jedoch die Lust, etwas völlig Neues auszuprobieren. Anfang des Jahres war mein Instagram-Feed voll mit safttrinkenden Menschen. Verschiedene Werbungen zu Saftkuren machten mich neugierig.

Derartige Kuren dauern in der Regel zwischen drei und sieben Tagen. Das Ziel sogenannter »Detox-Diäten« liegt in einer Reinigung und Entgiftung des Körpers. Dieser soll von möglichen unerwünschten Stoffen wie Chemikalien und Schadstoffen befreit werden.

Zwar besitze ich eine Saftpresse, aber die Arbeit, mir mehrmals täglich Säfte zu pressen, möchte ich mir ersparen. Dafür muss ich jedoch tief in die Tasche greifen. Meine Recherche bei verschiedenen Anbietern ergibt, dass Kuren mit Anleitung vor allem eins sind: teuer.

Das Saftpaket beinhaltet sieben kaltgepresste Säfte - jeweils 250 Milliliter und drei Shots - jeweils 60 Milliliter - pro Tag. Mitgeliefert wird auch ein Büchlein. Darin steht ausführlich, wann welcher Saft getrunken werden muss. Insgesamt kostet die Kur 115 Euro. Der Plan sieht vor, dass man von 8 bis 20 Uhr alle zwei Stunden Saft zu sich nehmen darf. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich das letzte Mal, auch nur für einen Tag auf feste Nahrung verzichtet habe. Werde ich die fünf Tage durchziehen können? Vielleicht auch nicht, aber einen Versuch ist es wert.

Tag 1: Vielfalt an Säften kommt gut an

Am ersten Tag verspüre ich keinen Hunger und freue mich jedes Mal aufs Neue, einen weiteren Saft auszuprobieren. Ob grün, lila oder orange: Die Farbpalette ist breit gefächert. Eine positive Überraschung ist, die Vielfalt an Früchten und Gemüse, aus denen die Säfte bestehen. Gut finde ich noch, dass sie geschmacklich weder zu süß noch zu sauer sind. Auch die Konsistenz lässt nichts zu wünschen übrig. Sogar der ausgefallene Saft aus Grünkohl, Spinat und Moringa-Blattpulver entspricht meinem Geschmack. Interessant finde ich noch, dass jedem Getränk eine unterschiedliche Wirkung zugeschrieben wird. So startet der Tag mit einem Biozitronenwasser »als perfekte Grundlage für den Stoffwechsel« und endet mit einem tropischen Ashwagandha-Ananas-Apfel-Saft »zur Regeneration des Körpers«. Abends zu dieser Zeit bin ich besonders auf Naschereien anfällig - fällt mir der Verzicht nicht schwer. Der erste Tag mit einer Kalorienzufuhr von nur 713 ist geschafft.

Tag 2: Gerüche werden intensiver wahrgenommen

Ich wache voller Energie auf. Mittags, als mich mein Kollege fragt, ob wir gemeinsam Essen gehen, sage ich ab, stattdessen gehe ich lieber in die Reutlinger Altstadt spazieren und trinke in meiner Pause den dritten Saft des Tages. Draußen kommen mir Lebensmittel-Gerüche aus verschiedenen Restaurants, Bäckereien und Metzgereien nicht mehr penetrant vor, sondern äußerst angenehm. Auch an diesem Tag zweiten Tag knurrt mein Magen nicht, allerdings träume ich nachts vom Essen.

Tag 3: Kurz davor, abzubrechen

Anders ist es am dritten Tag. Der erweist sich als sehr herausfordernd, denn ich verspüre mehrmals am Tag Hunger und meine Gedanken kreisen rund ums Essen. Ich sehne mich nach einem warmen Gericht. Mehrmals am Tag schaue ich auf die Uhr und rechne mir aus, wie viele Minuten es noch dauert, bis ich wieder einen Saft trinken kann. Die Säfte sättigen mich leider nicht mehr, was meine Motivation an der Kur dranzubleiben, in Grenzen hält. Ich gehe absichtlich früher ins Bett, damit der Tag schneller vorbei ist. Schlafen kann ich aber nicht, weil ich unruhig bin. Nach einer Stunde stehe ich vor dem Kühlschrank. Ich bin nur kurz davor, etwas zu essen, tue es aber dann noch nicht. Dafür trinke ich heute einen Saft mehr als vorgesehen. Schlafen kann ich trotzdem erst sehr spät.

Tag 4: Konzentrationsverlust und Energielosigkeit

Ich wache schlecht gelaunt auf und fühle mich energielos und unzufrieden. Irgendwas juckt an meinem Hals. Na, toll, ein Pickel. Auf der Arbeit kann ich mich kaum konzentrieren, ich habe den ganzen Tag Hunger und mir ist kalt. Das Hungergefühl lässt nur kurz während des Trinkens nach, danach habe ich wieder damit zu kämpfen. Weil ich es so vermisst habe zu kauen, kaufe ich mir am nachmittags Kaugummis. Der minzig süße Geschmack stillt, wenn auch nur ein wenig, mein Bedürfnis nach etwas Süßem. Die Säfte schmecken mir weiterhin, aber ich kann mich ans Hungern nicht gewöhnen.

Tag 5: Das Saftritual hat sich gut eingespielt

Am letzten Tag hebt sich meine Stimmung, denn bald darf ich wieder essen. Zwar plagt mich das Hungergefühl nicht mehr so sehr, trotzdem kann ich es kaum mehr abwarten, wieder feste Nahrung zu mir zu nehmen. Kurz vor dem Schlafengehen bin ich ein wenig stolz auf mich. Ich habe es geschafft, durchzuhalten.

Fazit

Durch die Saftkur habe ich zwei Kilogramm abgenommen. Der Selbstversuch hat sich für mich aber nicht deswegen gelohnt. Drei Wochen sind bereits vergangen, und ich habe keine Heißhungerattacken mehr, esse achtsamer und kann besser mit Hungergefühlen umgehen. An manchen Abenden habe ich es mir angewöhnt, weiterhin einen Saft zu trinken, statt etwas zu essen. (GEA)

Saftkuren aus wissenschaftlicher Sicht

Wenn es um Saftkuren geht, verweist Dr. Ute Streicher von der AOK Neckar Alb auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Auf der Homepage der Organisation heißt es: »Möglicherweise kann eine solche Kur den Einstieg in eine Änderung des Essverhaltens darstellen, sollte aber nicht ohne ärztliche Aufsicht erfolgen.« Auf Dauer könne eine strenge sie einem Nährstoffmangel etwa an Protein und Fett führen. Hierbei sei noch zu bedenken, dass ein sehr rigides Essverhalten mit extrem niedriger Protein- und Energiezufuhr die Gefahr von Essstörungen erhöhen kann. Die DGE rät Kindern, Jugendlichen, Personen, die Medikamente einnehmen, Schwangeren und Stillenden von einer Saftkur ab. Für die Wirkung von Saftkuren fehlen bisher wissenschaftliche Nachweise. Inwiefern durch eine solche Diät der Stoffwechsel angeregt werde, sei fraglich. »Hinzu kommt, dass der kurze Zeitraum, in dem sie durchgeführt wird, vor allem auf einer Abnahme von Wasser und nicht von Körperfett beruht«, ist der Homepage weiter zu entnehmen. Ebenso wie bei verschiedenen Fastenmethoden könne die eingeschränkte Energiezufuhr dazu führen, dass der Grundumsatz an Kalorien gesenkt wird, was wiederum den Jo-Jo-Effekt begünstigen könne. Fest steht noch: »Eine Reinigung des Körpers von Schadstoffen ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht nötig. Ein gesunder menschlicher Körper kann sich selbst reinigen, indem er unerwünschte Stoffe über Leber, Nieren, Darm, Haut und die Atmung ausscheidet.« (GEA)