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Erpressung mit Nacktfotos: Mehr Fälle in Reutlingen und der Region

Ein Onlineflirt, bei dem Nacktfotos versendet werden, endet oft mit Erpressung. Die Masche ist nicht neu, dennoch häufen sich die Fälle von Sextortion in der Region.

Erst Bekanntschaft im Internet, dann Komplimente, schließlich Liebesschwüre und am Ende böse Erpressung mit Nacktfotos. Das nenn
Erst Bekanntschaft im Internet, dann Komplimente, schließlich Liebesschwüre und am Ende böse Erpressung mit Nacktfotos. Das nennt sich Sextortion. Foto: Andrii Synenkyi/AdobeStock
Erst Bekanntschaft im Internet, dann Komplimente, schließlich Liebesschwüre und am Ende böse Erpressung mit Nacktfotos. Das nennt sich Sextortion.
Foto: Andrii Synenkyi/AdobeStock

REUTLINGEN. Wenn die Traumpartnerin aus dem Internet zum Albtraum wird: Die Polizeibehörden in Baden-Württemberg warnen angesichts einer zunehmenden Zahl von Fällen vor der Betrugsmasche, die als »Sextortion« bezeichnet wird. Dabei werden vornehmlich Männer nach einem Online-Chat zu Erpressungsopfern. Das geschieht im Internet oft über die bekannten Plattformen wie X (früher Twitter), Snapchat, Instagram, Facebook oder über Dating-Apps. Nach Komplimenten, Liebesschwüren und dem Aufbau eines gewissen Vertrauens, wird um intime Fotos von den Opfern gebeten. Und dann beginnt die Erpressung: Auf einmal wird Geld gefordert, meist mehrere tausend Euro, sonst würden die Fotos veröffentlicht.

Auch in Reutlingen und der Region Neckar-Alb nimmt die Zahl solcher Erpressungen zu. Waren es 2019 nur vier Fälle, waren es 2022 schon 38. Mehr noch: »Wir gehen von einer enorm hohen Dunkelziffer aus, da vermutlich viele Fälle erst gar nicht zur Anzeige gebracht werden, weil sich die Opfer dermaßen schämen, dass möglichst niemand davon erfahren soll, auch nicht die Polizei«, sagt Polizeipressesprecher Christian Wörner dem GEA.

Mehr Fälle aus dem Ausland gesteuert

Laut seinen Angaben waren im Jahr 2023 lediglich zehn Verbrechen dieser Art beim Polizeipräsidium Reutlingen aktenkundig. Dieser vermeintliche Rückgang liege daran, dass mittlerweile anders gezählt werde. Polizeisprecher Christian Wörner: »Das zuständige Bundeskriminalamt (BKA) hat alle Sextortion-Fälle, die aus dem Ausland gesteuert wurden, aus der Statistik herausgerechnet. Das sind aber mehr als die aus dem Inland.« Die herausgerechneten Zahlen seien dem BKA bekannt, sie seien aber noch nicht für eine Veröffentlichung gedacht. Das werde möglicherweise bald nachgeholt.

Zu konkreten Sextortion-Straftaten in seinem Zuständigkeitsbereich möchte das Polizeipräsidium Reutlingen keine Angaben machen - zum Schutz der Opfer. Christian Wörner: »Es kostet die Geschädigten teils viel Überwindung, zur Polizei zu gehen und Anzeige zu erstatten, was sich verstärkt, wenn sie ‚ihren‘ Fall dann in der Zeitung lesen.«

58-Jähriger zahlt 3.000 Euro

Dass von den Erpressern teils beträchtliche Summen gefordert werden, zeigen exemplarische Beispiele im Südwesten überall. So war im Bodenseekreis im April ein junger Mann mit anzüglichen Bildern erpresst worden, die er zuvor, gutgläubig verliebt, an einen »netten Kontakt« aus dem Internet verschickt hatte. In Rastatt wurden Ende März gleich zwei Männer Opfer der perfiden Betrüger.

Im Kreis Freudenstadt zahlte ein 58-jähriger Anfang des Jahres rund 3.000 Euro an Erpresser, nachdem ihn unbekannte Frauen über einen längeren Zeitraum hinweg angeschrieben, ihn zu Nacktfotos genötigt und schließlich mit Veröffentlichung gedroht hatten. Im Landkreis Ravensburg zahlte ein 28-Jähriger jüngst mehrere hundert Euro an einen unbekannten Täter, nachdem er Opfer von Sextortion geworden war.

So schützt man sich vor Sextortion

Damit es erst gar nicht zu unangenehmen Erpressungen mit pikanten Bildern kommt, empfiehlt die Polizei Reutlingen: »Verschicken Sie niemals Nacktaufnahmen von sich. Keine Freundschaftsanfragen von fremden Menschen annehmen. Nicht vorschnell einem Videochat zustimmen. Prüfen Sie regelmäßig Ihre Account- und Privatsphäreneinstellungen. Betriebs- sowie Virenschutzsysteme auf Smartphone, Laptop, Tablet oder Computer immer auf dem aktuellen Stand halten, um sich vor sogenannter Malware, zu schützen. Es gibt Malware, die Webcams problemlos aktivieren und jederzeit filmen können. Im Zweifel: Kamera abkleben.« Wörner rät außerdem: »Scheuen Sie sich nicht, zur Polizei zu gehen. Versuchen Sie etwaige Schamgefühle zu überwinden. Die Polizei kann die Täter ermitteln und bearbeitet Sextortion-Fälle professionell.« (GEA)