Logo
Aktuell Nachtleben

Ehemaliger M-Park: Nachtclub Area 14 in Reutlingen schließt für immer

Die Stadt Reutlingen verliert ihre letzte Großraumdiskothek: Die Area 14, früher als M-Park bekannt, wird auch nach dem Ende der Corona-Pandemie nicht mehr aufmachen. Die Betreiber haben andere Pläne.

Die Area 14 in Reutlingen war die letzte Großraumdiskothek in Reutlingen. Foto: Markus Niethammer
Die Area 14 in Reutlingen war die letzte Großraumdiskothek in Reutlingen.
Foto: Markus Niethammer

REUTLINGEN. Um die Area 14 ist es seit dem 12. März sehr ruhig geworden. An diesem Tag gab der Reutlinger Nacht- und Tanzclub in der Emil-Adolff-Straße auf seiner Facebook-Seite bekannt, dass er aufgrund der Corona-Pandemie alle Bereiche schließen muss. Seitdem durfte die Area 14 nicht mehr öffnen. Es gab aber auch kein Lebenszeichen in den Sozialen Medien oder auf der Webseite mehr. Seit einigen Tagen kursiert das Gerücht, dass der Club für immer geschlossen bleibt. »Ich kann die Gerüchte bestätigen«, sagt Josua Grauer, Geschäftsführer des Betreibers Mexa GmbH. Die Area 14 wird auch nach dem Ende der Corona-Pandemie seine Pforten für Partywillige nicht mehr öffnen. Die letzte Großraumdiskothek der Stadt Reutlingen ist damit Geschichte.

Dem GEA erzählt Grauer die Gründe dafür: »Der Mietvertrag läuft noch bis Ende des Jahres 2021. Anfang dieses Jahres habe ich vom Grundstücksverwalter die Kündigung erhalten, weil das Gebäude ab 2022 abgerissen werden soll. Wir wussten also schon länger, dass wir irgendwann rausmüssen.« Die Coronakrise hat dann dafür gesorgt, dass das Ende der Area 14, zu dem die Disco-Bereiche »Pflaumenbaum« und »Prisma« sowie die Bar »The Mad Coyote« und die Außen-Lounge »Holy21’s« gehören, schneller kam als geplant.

30.000 Euro staatliche Corona-Soforthilfe hat Grauer erhalten. Lohnkosten hatte er ab dem 12. März keine mehr, da die Mitarbeiter lediglich als Aushilfen angestellt waren. Auch dank Stundung von drei Monatsmieten konnte die Area 14 eine Zeit lang überleben, erzählt Grauer. »Aber das bringt nichts, wenn einem der Vermieter ansonsten nicht entgegenkommt.« Die genaue Summe darf Grauer aufgrund einer Verschwiegenheitsklausel nicht nennen. Er nennt aber einen niedrigen sechsstelligen Betrag, der in den vergangenen acht Monaten an Mietausgaben zusammengekommen ist. »Ohne Einnahmen war irgendwann das Geld zu Ende«, sagt Grauer, »man hätte dann privates Geld zuschießen müssen.« Ohne eine Perspektive, dass Clubs in absehbarer Zeit wiedereröffnen dürfen, hat sich Grauer dagegen entschieden. »Ich habe in der letzten Woche einen Insolvenzantrag gestellt.«

»Wir haben das Gespräch gesucht und versucht, eine Lösung zu finden«

»Das stimmt so nicht«, sagt Stefan Ulmer, Geschäftsführer des Eigentürmers HGS Baubetreuungs- und Verwaltungsgesellschaft mbH, als er mit der Darstellung von Grauer konfrontiert wird. »Wir haben das Gespräch gesucht und versucht, eine Lösung zu finden.« Ulmer berichtet von einem Gespräch im Juli mit Grauer und einem Gesellschafter der Mexa GmbH. »Sie haben uns gegenüber nur Forderungen gestellt, wollten aber ihre Zahlen nicht offenlegen.« Hätten sie das getan, wäre ihnen die HGS finanziell entgegengekommen, versichert Ulmer. »Wir haben uns mit vielen anderen unserer Mieter auch geeinigt, etwas Fitnessstudios oder Gastronomiebetrieben.«

Verwundert hat Ulmer auch, dass die Betreiber der Area 14 weitere staatliche Unterstützungsprogramme nicht in Anspruch genommen haben. »Wir haben sie auf zwei Programme aufmerksam gemacht, bei denen sie das Geld nicht hätten zurückzahlen müssen.« Seit dem Gespräch im Juli, so Ulmer, habe er mehrmals vergeblich versucht, Kontakt zu Grauer aufzunehmen, »dabei hatten wir bis dahin sogar ein sehr freundschaftliches Verhältnis«. Ulmer bedauert es sehr, dass es mit der Area 14 nun zu Ende geht, schließlich sei er vor einigen Jahren selbst gern dort feiern gewesen. »Mit etwas gutem Willen auf beiden Seiten« wäre es auch noch möglich gewesen, den Club nach Ende der Pandemie bis zum Ende des Mietverhältnisses am 31. Dezember 2021 weiterzubetreiben.

2014 hatte Grauer den Großgastronomiebetrieb unter dem Namen M-Park als Geschäftsführer übernommen und im Oktober 2016 als Area 14 neu eröffnet. Traurig über das Ende der Area 14 ist Grauer nicht mehr. »Diesen Moment hatte ich schon im Frühjahr.« Bereits mit der damaligen Verlängerung der Corona-Landesverordnung mit der Gültigkeit bis zum 30. September war dem 47-Jährigen aus Gomaringen klar, dass es aus betriebswirtschaftlicher Sicht keinen Sinn mehr machen würde, den Betrieb weiterzuführen. »Die alte Immobilie war ein Kostenklotz.« Grauer machte sich deshalb auf die Suche nach Ersatz – und wurde in Engstingen fündig. »Ich habe im Oktober einen Pachtvertrag im Trödler unterschrieben.« Diese Immobilie kennt Grauer gut, war er doch schon von 1997 bis 2004 Geschäftsführer des Clubs. »Ich kenne auch den Verpächter sehr gut. Bei ihm muss ich nichts bezahlen, solange ich nicht aufmachen darf.«

Aber auch Reutlingen will Grauer als Standort nicht aufgeben. Er plant, mit einer »Lokalität« weiterzumachen. Was genau, will Grauer noch nicht verraten, da noch keine Verträge unterschrieben sind. »Die Gespräche sind in den letzten Zügen.« Aber eines ist schon jetzt klar: Eine Großraumdiskothek wie in der Area 14 wird es nicht mehr werden. »Deren Zeit war schon vor Corona vorbei«, sagt Grauer mit seiner Erfahrung von 25 Jahren in der Club-Szene. Er sieht im demografischen Wandel den Hauptgrund, dass die Feierwütigen immer weniger werden. In Reutlingen hätten deshalb in den vergangenen Jahren zahlreiche Clubs wie die Färberei, das Black Mustang oder das Lafontaine dichtgemacht. Mit der Area 14 hat es nun auch die letzte Großraumdisco in Reutlingen erwischt. (GEA)

Die Lage der Nachtclubs im Land

Daniel Ohl, Geschäftsführer Kommunikation vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) in Baden-Württemberg, geht davon aus, dass es viele Clubs im Land die Coronakrise nicht überleben. »Das Clubsterben läuft schon«, sagt Ohl. Nur bekomme es aktuell keiner mit, weil die Diskos und Nachtclubs sowieso geschlossen sind. Rund 700 sind das derzeit im Land. »Wenn die Betriebe wieder öffnen dürfen, bleiben mit Sicherheit einige geschlossen«, sagt Ohl. »Mit einem Clubsterben ist unter diesen Bedingungen auf jeden Fall zu rechnen.«

Davon geht auch Josua Grauer, Geschäftsführer der Area 14 in Reutlingen, aus. »Wenn der Dezember als mit Abstand umsatzstärkster Monat wegfällt, bleibt die Mehrheit der Clubs ganz dicht.« Der 47-Jährige hat bereits von Kollegen des »Oak« in Schwäbisch Hall und vom »Hi Life« in Stuttgart mitbekommen, dass diese wie Grauer selbst mit der Area 14 die Coronakrise nicht überstanden haben.

Die Dehoga wünscht sich unabhängig vom derzeitigen Lockdown, dass Rahmenbedingungen für eine eingeschränkte Öffnung der Clubs erarbeitet würden. »Wenn die Clubs geschlossen sind, verlagert sich das Ganze in den privaten Bereich. Das ist für eine Pandemie schlechter, als wenn das unter Hygienebestimmungen stattfindet«, argumentiert Ohl. Es gebe keine Belege für eine Verbreitung der Pandemie im Gastgewerbe insgesamt. Das sieht auch das Robert-Koch-Institut laut seinen Informationen so. Ohl meint: »Besser wäre es, die Hygienekonzepte, die erarbeitet worden sind, zu prüfen und diesen eine Chance zu geben.«

Grauer will sich nicht beklagen. »Wir sind eine kleine Branche, die nicht wichtig fürs Überleben ist.« Er ist sich sicher: »Es werden neue Clubs aufmachen. Es gibt immer jemanden, der tanzen, trinken und Spaß haben will.« (der)