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Aktuell Pädagogik

Die Zielgerade für eine ganz neue Schule in Reutlingen kommt in Sicht

Die Gründungsinitiative »Naturschule Reutlingen« hat dem Regierungspräsidium jetzt ein Schulkonzept vorgelegt. Was da alles drin steht.

Simon Kiefer von der Bereichsleitung des Carlo-Schmid-Hauses, Tanja Schütz, Deborah Kornwachs und Lukas Onken (von links) wollen
Simon Kiefer von der Bereichsleitung des Carlo-Schmid-Hauses, Tanja Schütz, Deborah Kornwachs und Lukas Onken (von links) wollen zusammen mit Kindern einen Garten anlegen, der später als Schulgarten von der Naturschule genutzt wird. FOTO: PIETH
Simon Kiefer von der Bereichsleitung des Carlo-Schmid-Hauses, Tanja Schütz, Deborah Kornwachs und Lukas Onken (von links) wollen zusammen mit Kindern einen Garten anlegen, der später als Schulgarten von der Naturschule genutzt wird. FOTO: PIETH

REUTLINGEN. Die Idee, eine Naturschule zu gründen, entstand zwei Jahre nachdem der Naturkindergarten Nübelloch 2018 in der Nähe des Hofgutes Gaisbühl an den Start gegangen ist. 2020 lauteten die Grundüberlegungen: Wie kann gute Schule funktionieren? Und wie geht es nach dem Naturkindergarten für Kinder weiter, wenn sie in die Schule kommen. »Wir wollen verhindern, dass es in der Entwicklung der Kinder zu einem Bruch kommt. Deshalb die Idee mit der neuen Schule«, sagte damals Damian Kunkis aus dem Projektleiterteam gegenüber dem Reutlinger General-Anzeiger.

Ein erstes Treffen fand im Mai 2019 statt. Daraus bildete sich ein Interessentenkreis, aus dem sich ein Projektteam formiert hat. Gebastelt wurde an einer pädagogischen Alternative, auf der Suche nach mehr Potenzialentfaltung, basierend auf den Erfahrungen in Wald- und Naturkindergärten. Das Lernen soll, wo es sinnvoll ist und der Lernprozess gefördert wird, auch im Freien stattfinden: die Natur als inspirierende Umgebung. Darüber hinaus sollten Schüler aktiv in die Auswahl der Themen und die Gestaltung der Lernprozesse eingebunden werden.

Kurzer Spaziergang

Zwei Optionen standen vor zwei Jahren zur Debatte: Entweder neu zu bauen oder in Miete zu gehen – eine Variante, die jetzt den Vorzug erhalten hat. Weil die Nachhaltigkeit ein wichtiges Prinzip der künftigen Schule sei, wurde die Idee, neu zu bauen, ad acta gelegt. Stattdessen komme die Naturschule zum einen in der Ypern-Kaserne in der Ringelbachstraße und zum anderen im Carlo-Schmid-Haus im Wasenwald unter, sagt Lukas Onken.

Der 36-Jährige arbeitet seit eineinhalb Jahren in der Initiative mit. Der Musiker und Kulturmanager war sieben Jahre in Hamburg organisatorischer Leiter des Bundesjugendballetts, ehe es ihn beruflich nach Esslingen zog. Zurzeit ist er freiberuflich tätig und Mitglied im etwa zehnköpfigen Vorbereitungsteam der Naturschule. »Die Kinder sind morgens in der Ypern-Kaserne und mittags im Carlo-Schmid-Haus.«

Weil die Klassenräume nicht weit voneinander entfernt sind, braucht’s nur einen kurzen Spaziergang von zehn Minuten, um von der Ypern-Kaserne ins Carlo-Schmid-Haus zu kommen. Die Eltern müssten die Kinder also nicht mittags mit dem Auto von A nach B transportieren. Im Carlo-Schmid-Haus essen die Schülerinnen und Schüler der künftigen Ganztagesschule dann auch zu Mittag.

Das Haus liegt im Naherholungsgebiet Markwasen und gehört zum »Internationalen Bund« (IB), einer der großen Anbieter der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit in Deutschland. Der Internationale Bund unterstützt nach eigenen Angaben Kinder, Jugendliche, Erwachsene und Senioren unabhängig von ihrer Herkunft, Religion oder Weltanschauung dabei, ein selbstverantwortetes Leben zu führen. Der IB, gegründet 1949, zählt in seinen Einrichtungen 14 000 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen. Die Privatschule Internationaler Bund Carlo-Schmid-Haus ist eine Förderberufsfachschule. Angeboten werden die Schulformen Förder-/Sonderschule, Berufs(fach)schule sowie Kollegs mit diversen Abschlüssen. Und weil im Carlo-Schmid-Haus nachmittags Klassenräume frei sind, könnte die Naturschule in spe dort unterkommen – allerdings mit einem eigenen pädagogischen Konzept.

Besonderer Ansatz

Die Initiative plant, eine freie Schule mit besonderem Ansatz zu etablieren. Ziel ist es, Kindern das Lernen in der Natur zu ermöglichen, intrinsisch, also dem inneren Antrieb der Schüler folgend und aktiv. Säulen der Schule sind ein demokratisches Miteinander und ein nachhaltiges Bildungskonzept in sozialer und gesellschaftlicher Verantwortung. Der Zusatz im Schulnamen ist jedenfalls Programm: »Gemeinsam Zukunft lernen«. Das Schulgeld würde etwa fünf Prozent des Nettoeinkommens betragen.

Das Konzept der Schule wurde beim Regierungspräsidium eingereicht. Lukas Onken rechnet mit dem Bescheid, ob das Konzept angenommen wird, in etwa einem halben Jahr. »Wir hatten ursprünglich daran gedacht, im September dieses Jahres mit der Schule zu beginnen.« Jetzt dürfte es Anfang 2023 werden. Die Zielgerade kommt trotzdem in Sicht. Wie das Auswahlverfahren der Schüler schlussendlich läuft, werde derzeit diskutiert, sagt Lukas Onken. Es sollen in der Grundschule jeweils 20 Kinder in zwei Klassen unterkommen. Gebraucht werden pro Klasse jeweils zwei Lernbegleiterinnen oder Lernbegleiter, wie die künftigen Lehrer in der Naturschule Reutlingen heißen. Und es soll Klassen übergreifende Gruppen geben.

Wer sich vorstellen kann, an der Naturschule zu unterrichten, darf sich schon heute melden. Dies gelte auch für alle, die sich der Gründungsinitiative anschließen und helfen wollen, die Schule mit aufzubauen, sagt Lukas Onken. Eltern können ihre Kinder zurzeit allerdings noch nicht anmelden. Aber sie haben ab dem kommenden Freitag, 8. April, Gelegenheit, Naturschulatmosphäre zu schnuppern.

20 Kinder pro Klasse

»Im Rahmen unseres geplanten Raumkonzepts dürfen wir mit dem Carlo-Schmid-Haus ein erstes gemeinsames Projekt starten«, sagt Farina Stockamp aus der Arbeitsgruppe Kommunikation. Im Mittelpunkt des Projektes stehen Vorbereitungen für einen künftigen Schulgarten. Kinder im Alter zwischen vier und acht Jahren sind zu diesem zehnwöchigen Gartenbauprojekt eingeladen. Treffpunkt ist bis Mitte Juli außerhalb der Ferien jeweils freitags zwischen 14 und 18 Uhr. Federführend bei der Gestaltung des späteren Schulgartens sind Tanja Schütz, Gartenbauleiterin beim Internationalen Bund und Deborah Kornwachs. Die Ergotherapeutin ist begeisterte Hobbygärtnerin.

Kostenfreies Angebot

Möglich gemacht wird das Projekt durch »AUF!leben – Zukunft ist jetzt«. Mit dem Programm unterstützt die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung bundesweit Kinder und Jugendliche, die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen und Alltagsstrukturen zurückzugewinnen. Dabei gehe es um das Lernen und Erfahren außerhalb des Unterrichts, heißt es auf der Homepage der Kinder- und Jugendstiftung. Die Unterstützung beantragt hatte der Internationale Bund, mit dem die Naturschule das Projekt in Kooperation betreibt.

Und weil der Antrag bewilligt wurde, können die Nachmittage im Wasenwald kostenfrei angeboten werden. »Er sollte aber als fest verankerter Termin in der Wochen- und Nachmittagsbetreuung verstanden werden«, sagt Farina Stockamp. Die Kinder sollten wetterfeste Kleidung und Vesperbrot mitbringen. Zusätzlich wird an einzelnen Tagen Essen vor Ort zubereitet. Anmelden kann man sich per Mail (siehe Link). Es gibt aber nur noch wenige Plätze. (GEA)

 

kontakt@naturschule-reutlingen.de www.naturschule-reutlingen.de