REUTLINGEN. Die Fußgänger sollen Altstadtraum zurückerobern. Aber: Warum quetschen sich in der Lindenstraße, die seit Herbst Fußgängerzone auf Probe ist, immer noch so viele Passanten auf den schmalen Gehwegen, als würde die Straße von unsichtbaren Autos befahren?
Stadtwandel sichtbar machen und befördern will das Forum Künstlerinnen mit den »Aktionstagen der Apfelkunst«. Etwas verloren saßen Claudia Schmidt, Sabine Rempp und Renate Quast am Freitag in der Altstadtgasse unter ihrem Pavillon am Eingang des Spielplatzes – aber allerbester Laune und dialogbereit. Allein es fehlte an Passantenfrequenz: Noch bietet die Gasse wenig Gründe, ausgerechnet sie als Zugang in die Altstadt zu nutzen. Daher die Idee, die Ateliertage, die die Frauen jedes Jahr veranstalten, auf die Gasse zu verlegen.
Einfach Schild aufstellen verboten
Warum kein Schild auf der Wilhelmstraße steht, das (Kunst-)Interessierte in die Gasse lotst? Einfach aufstellen ist nicht. »Wir bräuchten eine Genehmigung dazu«, sagte Schmidt. Dieses habe sie vor lauter Arbeit vergessen einzuholen. Vor die Attraktivierung der Stadt hat der Allerhöchste das Ordnungsamt gestellt. Die Erlaubnis für die temporäre Nutzung des Bürgersteigs der Fußgängerzone hat Schmidt ordnungsgemäß beantragt. Fürs Event gab es eine Sondergenehmigung. Die Gesamtgenehmigung für die generelle Nutzung der Trottoirs stehe weiter aus.
Die Innenstadt der Zukunft soll bunt sein und abseits des Shoppings vielfältige Gründe bieten, sie zu besuchen. Auch Kunst und Kultur sollen dabei wichtige Bausteine sein. »Wir möchten helfen, die Straße zu kultivieren, zu beleben, die Lebensqualität zu verbessern«, sagt Schmidt, die in der Lindenstraße lebt und dort auch ihr Atelier hat.
Kunst, die glücklich machen soll
Das Thema der Aktionstage »Pink« hat die »Woche zur Reutlinger Apfelblüte« inspiriert, eine Aktion des Reutlinger Stadtmarketings. Die Apfelsorte Pink Lady gab die Farbe. Claudia Schmidt hat ein pinkfarbenes Band auf den Bürgersteig gemalt, »ein Ausschnitt aus der Planetenbahn«, sagt die 70-Jährige. Situationistische Kunst sei dies, sie soll bewegen und »helfen, glücklich zu machen«, auch indem sie Kommunikation anzettelt und damit etwas, was in dieser Gesellschaft so oft fehlt.
Einfachste Mittel hat auch Renate Quast gewählt. Nur Aufmerksame entdecken die zahllosen pinkfarbenen Post-its in den Fenstern der Nummer 19 als Symbol für Apfelblüten. Vergängliche Kunst, die der Wind flattern und teils zu Boden trudeln lässt.
Bis Sonntag sind die Künstlerinnen auf der Lindenstraße
Am heutigen Samstag sind die Künstlerinnen (zur Gruppe gehören auch Karla Kreh und Roswitha Baumeister) ab 10 Uhr wieder auf der Straße. Um 14 Uhr ist eine Vernissage mit Trommelgruppe angesetzt, bei der die Künstlerinnen auf ihre Ziele eingehen. Bei der Sketch-Aktion von Streetart-Künstlerin Sabine Rempp können Interessierte von 14.30 bis 15.30 Uhr im Pavillon zuschauen und sich auch malen lassen.
Am Sonntag sind die Frauen dann zum Abschluss von 10 bis 15 Uhr auf der Straße und freuen sich auf Austausch. (GEA)