REUTLINGEN-MITTELSTADT. »Da mache ich nicht mit.« Der Mittelstädter Bezirksgemeinderat Daniel Böhringer fand klare Worte. »Ich finde sehr löblich, dass man etwas tut. Aber das ist ein Schritt zu viel.« Der Friedhofsentwicklungsplan der Stadt Reutlingen hatte in der jüngsten Sitzung des Bezirksgemeinderats für ordentlich Unmut gesorgt. Der Trend bei Bestattungen geht immer mehr zu Urnengräbern, dafür braucht man weniger Platz. Die nicht genutzte Fläche auf Friedhöfen muss aber trotzdem gepflegt werden. Und das bezahlt der Normalbürger unter anderem über Beerdigungskosten mit.
Die Stadt will das nun ändern und die Friedhöfe bedarfsgerecht verkleinern. Ein 250 Seiten starkes Konzept liegt hierfür mittlerweile vor. In Mittelstadt sieht das Konzept vor, dass ein nicht genutzter Teil im Norden des Friedhofs entwidmet wird, also seinen öffentlichen Zweck verliert. Schon 2020 war das Mittelstädter Gremium mit diesem Plan konfrontiert worden, schon damals hatte es sich gewehrt. »Ich habe die Vorlage damals nicht mit gezeichnet«, betonte Bezirksbürgermeister Wilhelm Haug. Ähnliches Bild jetzt wieder: Ablehnung durch die Bank.
»Ich habe die Vorlage damals nicht mit gezeichnet«
Die Mittelstädter Bezirksgemeinderäte befürchten, dass die Stadt mit der Fläche macht, was sie will – wenn der Zweck einmal aufgehoben ist. »Eine Entwidmung ist eine Nutzungsänderung. Da machen die spätestens in zwei bis drei Jahren damit, was sie wollen«, gab Eva Müllerschön zu Bedenken. Schultes Haug berichtete, dass ihm eine Mail von Dirk Kurzschenkel vorliege, dem Chef der Technischen Betriebsdienste (TBR). In dieser sichere ihm Kurzschenkel zwar zu, dass die Fläche nicht verkauft, sondern als Parkfläche genutzt werde. Nun habe man also eine Mailzusage – in der Beschlussvorlage des Gemeinderats stehe selbiges aber nicht so explizit drin. »Da nutzt mir eine Mailzusage am Ende nichts«, befand Haug.
Das Misstrauen in Mittelstadt gegenüber den Verwaltungsplänen scheint groß. »Wir brauchen etwas Reserve auf dem Friedhof«, findet Daniel Böhringer. Im städtischen Plan seien »Extrem-Ereignisse« nicht eingepreist, »die uns den Friedhof füllen«. Und wenn die Fläche mal entwidmet sei, sei sie für Bestattung schließlich erstmal verloren. Dieser Sorge widerspricht TBR-Chef Kurzschenkel auf GEA-Anfrage. Man habe sich die Flächen und die Kapazitäten schließlich genau angeschaut. »In Mittelstadt handelt es sich um Flächen, bei denen wir heute schon wissen, dass wir sie in den nächsten Jahrzehnten/dauerhaft nicht mehr brauchen. Weil wir genug Flächen im Kernbereich haben.« Die besagte Fläche in Mittelstadt sei »noch nie belegt worden, beziehungsweise schon Jahre nicht mehr«.
»Wir brauchen etwas Reserve auf dem Friedhof«
Die Mittelstädter wollen sich trotzdem nicht auf die städtischen Pläne einlassen. Und so beschlossen sie, einen Antrag auf Ergänzung des Friedhofsplans zu stellen. Und zwar um folgende Inhalte: Die Vorlage entspreche nicht dem Beschluss von 2020. Die Fläche dürfe nicht entwidmet werden. Sie solle als Erholungsparkfläche genutzt und in dieser Form »kostengünstig« gepflegt werden. Wenn nötig auch mit Geld aus dem Mittelstädter Grünflächenbudget. Mittelstadt ist übrigens nicht die erste Bezirksgemeinde, in der der Friedhofsentwicklungsplan kritisch beäugt wird. Auch in Ohmenhausen hatte es Diskussionen gegeben. (GEA)