REUTLINGEN. Weg vom Schwarzmarkt mit seinen oft verunreinigten Substanzen, hinein in die Legalität mit geprüftem Cannabis: Dies ist eine der Absichten, die hinter der Gesetzesänderung steckt, mit der der Konsum für Cannabis für Erwachsene seit 1. April legal ist.
Mit dieser Teil-Legalisierung sind an vielen Orten Vereine entstanden, die einen Cannabis Social Club eröffnen wollen. Auch in Reutlingen hat sich gleich mit der Gesetzesnovelle ein Freundeskreis mit der Idee befasst, einen solchen Verein zu gründen. Zehn junge Menschen um den Vorsitzenden Patrick Nawatil sowie seine zwei Vorstandskollegen Yanick Plicka und Maximilian Wohner sind die Gründungsmitglieder des CSC-Reutlingen, der bereits genehmigt und ins Vereinsregister aufgenommen wurde.
Interessenten im Alter von 21 bis 60
Die Nachfrage nach einer Mitgliedschaft war von Beginn an recht groß: 85 Interessenten stehen schon auf der Warteliste. Dabei liegt die Altersspanne zwischen 21 und 60 Jahren. »Bei uns ist jeder willkommen«, betonten die drei, Ausnahme sind unter 21-Jährige. Derzeit ist der Verein auf der Suche nach Räumlichkeiten: ein Unterfangen, das nicht ganz einfach ist. Denn ein solcher Club muss Mindestabstände zu allen Einrichtungen halten, in denen sich Kinder oder Jugendliche aufhalten könnten, also Kindergärten, Schulen, Spiel- oder Sportplätze und so weiter. In der Innenstadt dürfte das schwierig werden.
Zudem plant der Club, die vereinseigene Anbaufläche für Hanfpflanzen an einem anderen Ort unterzubringen. »Dafür haben wir schon etwas in Aussicht«, sagt Nawatil. Wo genau, verrät er wegen möglicher Diebe natürlich nicht, nur so viel: einige Kilometer entfernt von Reutlingen. Die Sicherheitsvorkehrungen, die dafür benötigt werden, sind groß: Man braucht eine Umzäunung, Überwachungskameras und eine Security-Firma, die dort immer wieder kontrolliert. Das bedeutet eine nicht gerade kleine finanzielle Belastung, die zunächst über private Mittel finanziert wird. Später hofft der Verein auf Sponsoren, um den Mitgliedsbeitrag und den Verkaufspreis nicht unnötig nach oben schrauben zu müssen.
Anbaugenehmigung wird im Juli beantragt
Drei Mitglieder, der sogenannte Anbaurat, besuchen demnächst einen Kurs bei einer »Grow«-Firma in der Schweiz. Ab Juli dürfen die Clubs nämlich eine Anbaugenehmigung beantragen. »Wir sind gespannt, wann wir die dann bekommen und wie die Auflagen sind.« Geliefert werden Pflanzen von Fachhändlern, jedes Mitglied kann bis zu 50 Gramm Cannabis pro Monat erwerben, bis zu 500 Mitglieder könnte der Verein irgendwann maximal haben. Das wären dann 30 bis 40 Kilogramm, die man monatlich ernten müsste, wenn man die volle Mitgliederzahl und die Abgabemengen ausschöpft.
Allerdings gehe es ihnen vor allem um den Kauf von sicherem Cannabis, betonen die drei, ausufernd hohen Konsum wollen sie vermeiden. »Wenn man was auf der Straße kauft, weiß man nie, was man bekommt«, sagen sie, daher war es ihnen ein Anliegen, einen Club zu gründen. Die Mitglieder müssen sich alle registrieren lassen, wahrscheinlich sogar per QR-Code, die entsprechenden Listen müssen auf Nachfrage auch den Behörden vorgelegt werden. Etwas, wovor Datenschützer warnen, denn jedes Mitglied ist damit als Kiffer über mehrere Jahre schriftlich festgehalten. Geraten diese Daten in falsche Hände, etwa von Versicherungen oder Arbeitgebern, könnte dies unangenehme Folgen haben. Der CSC Reutlingen teilt diese Sorgen allerdings nicht, die Behörden bräuchten einen Anlass, um die Listen einzufordern, sind sie sicher. Außerdem sei Cannabisrauchen nicht illegal, die Raucher hätten demnach nichts zu befürchten.
Der Konsum berge dennoch Risiken, räumen sie freimütig ein: »Das wollen wir auch gar nicht schönreden«. Aber das berge jede Art von Drogenkonsum, sei es Alkohol oder Nikotin. »Darum finden wir die Kontrollen auch wichtig«, sagen sie. Sie wollen achtsam sein, innerhalb des Vereins schauen, dass alles in gesunden Bahnen verläuft. Mitglieder müssen mindestens 21 Jahre alt sein, und wenn bei einem Mitglied die Mengen besorgniserregend ansteigen, werde man das Gespräch suchen. »Wir sind auch in Kontakt mit der Drogenberatung«, erzählt Wohner, ein Mitglied werde Präventions- und Drogenbeauftragter im Verein. In einer Fortbildung lernt er, wie man Auffälligkeiten erkennt und damit umgeht.
Kein Konsum im Club
Die Mitglieder freuen sich bereits jetzt auf ihre eigenen Pflanzen. »Cannabis«, sagen sie, »macht einen friedlich und harmonisch«. Anders als dies häufig beim Alkohol der Fall ist, werden die Konsumenten nicht ausfällig oder aggressiv. »Im schlimmsten Fall erleben sie eine Hungerattacke oder werden müde«, sagt Yanick Plicka lachend.
Was sie an dem neuen Gesetz nicht gutheißen, sind die Regelungen zum gemeinsamen Konsum. Im Club darf das Cannabis nämlich nur ausgegeben und nicht geraucht werden. Es gilt auch hierbei die Abstandsregelung von 100 Metern, die man entfernt sein muss. Ein geselliges Zusammensein im Clubraum streben sie dennoch an – wenn auch ohne Joint. (GEA)