Vorkenntnisse immer heterogener
»Wir haben in den Vorlesungen festgestellt, dass vielen Erstsemester-Studierenden die Grundlagen fehlen. Bruch- oder Potenzrechnung stellen für viele ein Problem dar. Das ist Schulstoff, der noch vor der 10. Klasse unterrichtet wird«, erklärt Prof. Dr.-Ing. Stephan Pitsch vom Studiengang International Project Engineering. Gründe dafür gibt es viele. Zum einen tauchen in den Lehrplänen der Schulen wichtige Themen gar nicht mehr auf, zum anderen fehlt die Zeit zum Verinnerlichen des Stoffes. Bis zum anstehenden Test wird das Wissen gepaukt, danach der Reset-Knopf für neuen Speicherplatz im Kopf gedrückt. Hinzukommt, dass für Studierende, die über den zweiten Bildungsweg einsteigen, der Mathe-Unterricht lange zurückliegt. Denn die klassische Reihenfolge Schule, Abitur, Studium ist heute gar nicht mehr so klassisch. Im Südwesten steht die Hochschulzugangsberechtigung auch Meistern, Absolventen gleichwertiger beruflicher Fortbildungen und nach entsprechender Eignungsprüfung beruflich Qualifizierten mit dreijähriger Berufserfahrung offen. Die Studierendenlandschaft wird also immer heterogener. Ob Textil und Design, Technik, Angewandte Chemie, Informatik oder ESB Business School – es gilt, Studierenden aller Fakultäten über die große Mathe-Hürde zu helfen. Während an der Weiterbildungsstiftung der Hochschule bereits seit einiger Zeit Vorbereitungskurse für bestimmte Studiengänge angeboten werden, konnte nun das Repertoire für alle erweitert werden. In der »Fachgruppe Grundlagen« haben sich alle Professoren, die an der Hochschule Mathe oder Physik unterrichten, zusammengetan und ein Programm auf die Beine gestellt. So startete in diesem Wintersemester zum ersten Mal der Online-Vorkurs Mathematik. Über 250 Teilnehmer haben sich für das »Studium vor dem Studium« auf der Plattform Relax angemeldet, um in einem Einstufungstest ihr Wissen zu prüfen. »In einem verpflichtenden Test während des Semesters muss dann die Zulassung zur Matheprüfung erworben werden. Wir wollen so die Studierenden darin unterstützen, sich von Anfang an mit den relevanten Inhalten auseinanderzusetzen«, so Pitsch.Für jeden Lerntyp etwas dabei
Damit Interessenten und Bewerber direkt wissen, was auf sie zukommt, haben die Professoren außerdem eine Übersicht der benötigten Mathe-Kenntnisse pro Studiengang erstellt. Zusätzlich zum Online-Kurs gibt es Präsenz-Angebote wie die Mathe-Werkstatt. An zwei Terminen pro Woche wird Christoph Heisel im Lernzentrum in einer offenen Sprechstunde bei Matheproblemen zur Seite stehen. Zudem gibt es Tutorien, in denen Studierende aus höheren Semestern ihre Kommilitonen unterstützen.Für jeden Lerntyp sollte also etwas dabei sein. Doch ein kleiner Haken bleibt: »Viele, die Unterstützung im Bereich Mathe oder auch Physik benötigen, nehmen die Angebote leider nicht wahr. Daher ist es auch Aufgabe von uns Professoren, dafür zu werben, dass es nicht schlimm ist, sich Hilfe zu holen. Die Studierenden müssen ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen, durchgetragen wird hier niemand!«, so Prof. Dr. Pitsch. (HS)