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Betzingens Struktur erhalten, aber Neubauten nicht verhindern

Wie kann die charakterliche Eigenart des Ortskerns Betzingen erhalten werden? – Bezirksgemeinderat diskutierte am vergangenen Donnerstagabend über das Thema

Im Betzinger Gemeinderat ging es jetzt um eine mögliche Erhaltungssatzung. Aauch um ortsbildprägende, schöne Gebäude im Ort - wi
Im Betzinger Gemeinderat ging es jetzt um eine mögliche Erhaltungssatzung. Aauch um ortsbildprägende, schöne Gebäude im Ort - wie hier bei der Zehntscheuer - zu erhalten. Foto: Norbert Leister
Im Betzinger Gemeinderat ging es jetzt um eine mögliche Erhaltungssatzung. Aauch um ortsbildprägende, schöne Gebäude im Ort - wie hier bei der Zehntscheuer - zu erhalten.
Foto: Norbert Leister

REUTLINGEN-BETZINGEN. Die Mitglieder des Betzinger Bezirksgemeinderats zeigten sich regelrecht begeistert. So wie Dr. Martin Schöfthaler (Grüne): »Ich habe mich jetzt schon zweimal mit dem Thema Ortskernerhaltung beschäftigt, das Architekturbüro ISA hat sich wirklich sehr bemüht und die Besonderheiten von Betzingen herausgearbeitet.« Wenn Schöfthaler nun durch den Ort fahre, »fallen mir immer mehr besondere Details auf, die unsere Gemeinde ausmachen«.

Betzingen sei ein »großer und beliebter Bezirk«, betonte Sebastian Schwarzenauer während der Sitzung des Rats am Donnerstagabend. Um die Eigenarten des Ortskerns herauszufinden, sei das internationale Büro beauftragt worden. Laut Schwarzenauer hätten die Architekten und Städteplaner besonders erhaltenswerte Gebäude gefunden, auffallend seien die vielen Satteldächer im Ortskern, der in insgesamt sechs unterschiedliche Bereiche aufgeteilt wurde. Die Struktur sei ehemals landwirtschaftlich geprägt gewesen, bei städtebaulichen Merkmalen der oftmals sehr gerade Straßenverlauf auffällig. Die Blockgrößen seien unterschiedlich, die Vorgartenzonen zumeist relativ schmal.

»Die schönen Gebäude im Ortskern werden oft gar nicht richtig wahrgenommen«, betonte Sebastian Schwarzenauer als Projektleiter vom städtischen Amt für Stadtentwicklung. Wie Gebäude und Strukturen erhalten werden könnten? »Durch eine Erhaltungssatzung«, sagte Schwarzenauer. Und das bedeutet? »Das heißt, dass die zukünftige Entwicklung so gesteuert wird, dass alte und neue Bebauung harmoniert.« Als Beispiel fügte der Projektleiter an, dass ein altes Scheunentor nicht einfach zugemauert werde, sondern auch ein Panoramafenster eingebaut werden könnte.

Ebenfalls ein Hingucker in Betzingen, der oft übersehen wird - die Fachwerkhäuser an der Mühlstraße.
Ebenfalls ein Hingucker in Betzingen, der oft übersehen wird - die Fachwerkhäuser an der Mühlstraße. Foto: Norbert Leister
Ebenfalls ein Hingucker in Betzingen, der oft übersehen wird - die Fachwerkhäuser an der Mühlstraße.
Foto: Norbert Leister

Wie Betzingen sich weiter entwickeln kann, dazu sollen aber auch die Bürgerinnen und Bürger befragt werden – und zwar schnellstmöglich, wie Bezirksbürgermeister Friedemann Rupp sagte. Der Bezirksgemeinderat werde danach über die Ergebnisse der Bürgerbefragung beraten – und dann eventuell Beschlüsse fassen. Wie beispielsweise eine Erhaltungssatzung. »Ich bin völlig gegen solch eine Satzung«, hatte jedoch Karin Lenz (FDP) angemerkt. »Es muss doch der Hauseigentümer entscheiden können, ob er sein Haus saniert oder abreißt und was er dann auf sein Grundstück baut.«

Ähnlich sah das auch Uwe Alle (CDU), der betonte: »Eine Erhaltungssatzung stellt einen Eingriff in das Privateigentum dar, da muss man vorsichtig damit umgehen und die Bevölkerung einbeziehen.« Jenny Winter-Stojanovic (FWV) sah das nicht ganz so: »Es ist auch ein Eingriff, wenn Betzingen nicht mehr so schön ist.« Nachverdichtung sei angesichts der Wohnungsnot wichtig und richtig – aber nicht so wie in den so engen Straßen im Bereich der Johannesstraße.

Schöfthaler hob hervor, dass er auf jeden Fall für die Bürgerbeteiligung sei. Dem stimmten trotz der verschiedenen Meinungen alle Rätinnen und Räte zu. »Es ist doch schön, wenn wir uns mal nicht alle einig sind«, sagte Alle schmunzelnd. Das sah auch Winter-Stojanovic so, »das ist doch lebendig«. Schöfthaler dachte schon weiter und schlug vor, die Bürgerbeteiligung »lebendig zu gestalten«. Vielleicht in der Form einer Podiumsdiskussion. »Aber nicht wieder mit den gewohnten Pinnwänden, mit vielen Zetteln drauf.«

Der Entwurf einer Erhaltungssatzung sei bereits in Arbeit, der Bezirksgemeinderat wolle ja nicht, dass jegliche Neubauten verhindert werden – »aber sie müssen ortsangepasst sein«, betonte Friedemann Rupp abschließend. Uwe Alle fügte noch hinzu, dass die Bürgerbeteiligung möglichst noch vor der anstehenden Kommunalwahl am 9. Juni 2024 durchgeführt werden soll. »Die Entscheidung über eine Erhaltungssatzung sollte der neu gewählte Bezirksgemeinderat fällen.« (GEA)