Auch die Polizei sowie jede Menge Zuschauer - der Saal ist voll. Dann erscheint Richter Sierk Hamann mit einem Gesichtsausdruck irgendwo zwischen Erstaunen und Entsetzen. »Ich bin ein wenig überrascht, wie sich die Dinge entwickeln«, meint der Jurist, »der Facebook-Account soll nicht zum Mittelpunkt des Verfahrens werden«. Das Gericht beschäftigt eine ganz andere Frage.
Hat der 20-Jährige Angeklagte Beihilfe zum Wohnungseinbruchs-Diebstahl geleistet, oder nicht? Weil dabei die Kommunikation zwischen dem mutmaßlichen Einbrecher und den Angeklagten eine Rolle spielt, will Hamann auch auf von Facebook gespeicherte Nachrichten und Chats zugreifen. »Nur auf einen Bruchteil der Informationen. Wir haben nicht ihren ganzen Account beschlagnahmt«, betont der Richter. Gespannt warten alle im Amtsgericht nun auf den aktuellen Stand dieser Aufsehen erregenden Nebensache des Verfahrens.
Die Daten sind noch nicht da. »Mich wundert, dass Facebook Irland sich noch nicht gemeldet hat«, erklärt Sierk Hamann, »denn die haben im Rahmen des Gesetze Auskunft zu erteilen«. Hätten sie aber noch nicht, weswegen auch ein Rechtshilfe-Ersuchen bei der irischen Justiz auf dem Tisch liege. Offenbar habe auch der Angeklagte selbst die Daten seines Facebook-Accounts angefordert. Die Enttäuschung über das bislang erfolglose Bemühen um Daten aus dem sozialen Netzwerk steht dem Reutlinger Amtsrichter ins Gesicht geschrieben, wiewohl er sich davon den Prozess nicht verderben lassen möchte.
Zeugen werden gehört, darunter die Mutter der beim Einbruch geschädigten Familie, aber auch ein Polizeibeamter. Wer den Prozessauftakt erlebt hat, hört wenig Neues. Stattdessen fragen sich viele, wie es jetzt in Sachen Facebook weitergeht.
»Das Amtsgericht wird nicht warten, bis Facebook irgendetwas herausrückt«, erklärt Hamann entschlossen. Es handele sich um einen normalen Prozess, der ganz normal mit weiteren Zeugenbefragungen fortgesetzt werde. Komme was da wolle, sagt der Jugendrichter, »im April wird die Sache zu einem Ende kommen«. (GEA)