REUTLINGEN. Bis kurz vor knapp wird noch geschrubbt und gepflastert, die Becken werden aufgeheizt. Das Reutlinger Wellenfreibad im Markwasen soll fein sein, wenn es am Mittwoch die Türen öffnet: Das Garderobengebäude beim Eingang war abgesackt und musste aufwendig saniert werden. Zu den vorhandenen 700 kommen nun 50 weitere Fahrradabstellplätze - überdacht. Sturm- und Hagelschäden sind beseitigt: 36 Bäume waren schwer geschädigt worden, auch ein Sonnensegel und diverse Großschirme wurden Opfer der Wetterunbill und sind nun ersetzt.
Viel Geld und Mühe sind über den Winter wieder in das Bad gesteckt worden. Doch derzeit gibt es nur ein Thema: Die jüngst bekanntgegebenen Öffnungszeiten, die erneut eingeschränkt wurden (der GEA berichtete). Unter der Woche ist von 6.30 bis 8 Uhr offen, dann erst wieder ab 12.30 Uhr bis 20 Uhr. Nur an Wochenenden und Feiertage ist durchgehend von 10 bis 20 Uhr auf.
Als Grund ist Personalmangel genannt. Bäderchef Necdet Mantar konkretisiert die Lage: Allein drei Fachkräfte seien wegen Erziehungsurlaub nicht mehr verfügbar. Insgesamt seien fünf Stellen vakant.
Doch wieso kommt man, wenn das Personal so eng ist, nun ausgerechnet den Bedürfnissen von rund 20 bis 50 Frühbadern entgegen? Es werde dafür kein reguläres Freibad-Personal eingesetzt, erklärt Mantar. Eine Fachkraft , die sonst zuständig für Technik und Verwaltung des Achalmbades sei, habe sich freiwillig bereit erklärt, die Aufsicht zu dieser Zeit zu übernehmen.
»Wir haben zwei bis drei heiße Eisen im Feuer«
Das reguläre Personal decke die Zeiten ab, in denen absehbar der meiste Andrang herrscht: mittags, wenn die Schüler frei haben und - am späteren Nachmittag - die Berufstätigen.
Drei bis vier Fachkräfte , dazu je nach Wetterlage drei bis vier Rettungsschwimmer sollten im Bad sein, damit der Aufsichtspflicht Genüge geleistet ist. Mantar gibt sich zuversichtlich. Man werde vor den Sommerferien eine Lösung finden, um wieder ab 10 Uhr zu öffnen, im Idealfall sogar wieder durchgehend von 6.30 Uhr bis 20 Uhr. Man habe zwei bis drei »heiße Eisen im Feuer«. Für das Schulschwimmen werde man eine Interimslösung finden. Im leeren Bad könnte die Aufsichtspflicht an die Schulen übertragen werden.
Bei einem Rundgang übers Gelände beteuert auch Mario Werner, Mantars Stellvertreter: »Wir versuchen mit Hochdruck das Maximale rauszuholen.« Das Reutlinger Freibad ist eines der Größten Deutschlands. Das große Platzangebot - zu Hochzeiten ein Segen - wird zum Problem, berichtet Betriebsleiter Lukas Ebinger: Zehn Hektar Gelände, fünf Becken und der Wasserspielplatz müssen adäquat beaufsichtigt werden. Die Sperrung eines Teilbereiches, um zu bestimmten Zeiten weniger Personal einzusetzen zu müssen, hält Ebinger nicht für zielführend. »Wie sollen wir das machen? Mit Bauzäunen, mit Flatterband?«
Freibad-Öffnungszeiten
Im aktuellen Fair-Energie-Kundenmagazin, das soeben in die Haushalte geflattert ist, steht noch die Zehn-Uhr-Öffnung. Schnee von gestern, nachdem nach Drucklegung des Heftes kurzfristig eine weitere Mitarbeiterin abgesprungen war. Bis auf Weiteres gelten für die Saison 2024 folgende Öffnungszeiten fürs Reutlinger Wellenfreibad Markwasen: montags bis freitags von 12.30 bis 20 Uhr. Samstags, sonntags und an Feiertagen von 10 bis 20 Uhr. Frühschwimmen wird montags bis freitags von 6.30 bis 8 Uhr (letzter Einlass: 7.30) angeboten. (GEA)
Die Bäderverantwortlichen machen Werbung auf allen Kanälen. Doch die Zeiten, in denen Bademeister ein Traumberuf war, sind lange vorbei. Schichtarbeit, Sonntagsarbeit. Vor allem, wenn es heiß ist, werden manche Gäste ruppig, wenn die Schlange am Eintritt zu lang ist, die »reservierte« Liege anderweitig belegt ist oder die Wellen abgestellt werden, berichtet Ebinger. Dafür gibt es eine Entlohnung für Fachangestellte für Bäderbetriebe, die gar nicht so übel ist: dreieinhalbtausend Euro im Einstieg plus Schicht- und Feiertagszulagen. Wer das Rettungsschwimmabzeichen in Silber hat und einen Nebenjob sucht, ist als Wasseraufsicht auf 520-Euro-Basis willkommen.
A propos Geld: Die Gemeinderatsfraktion der Freien Wähler, die gerade auch in Wahlzeiten das Ohr nah an Volksmund hat, hat bereits moniert, dass Inhaber einer Saisonkarte (110 Euro für Erwachsene) oder Jahreskarte (270 Euro) trotz eingeschränkter Öffnungszeit des Freibades den vollen Preis bezahlen sollen. Die FWV beantragt, dass die Stadt Reutlingen als Gesellschafterin der Stadtwerke darauf hinwirken solle, den Betroffenen »einen Ausgleich zu erteilen«.
Ein großartiges Angebot, viel Spaß für wenig Geld: Necdet Mantar erinnert daran, dass Schwimmbadfans nicht mal einen Euro pro Tag fürs Baden rund ums Jahr aufwenden müssen. Aber, wenn es gewünscht sei, werde man sich in Sachen Kompensation Gedanken machen. Darauf komme es auch nicht an. »Der Bäderbetrieb ist eh ein Zuschussbetrieb.« (GEA)