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Arbeiten wie andere auch

REUTLINGEN. »Ich möchte arbeiten, wie andere auch.« Ein Wunsch vieler Menschen mit Behinderung, und ein mehr als verständlicher – bedeutet Arbeit doch Teilhabe an der Gesellschaft, Inklusion also. Der Arbeitsmarkt indes ist eher exklusiv, findet Gerhard Droste, stellvertretender Vorsitzender der Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstätten für behinderte Menschen (LAG WfbM). Zwar gibt es in Baden-Württemberg rund 30 000 Beschäftigte in diesen Werkstätten, aber außerhalb davon finden sie nur selten einen Arbeitsplatz.

Das soll nicht so bleiben – Vielfalt ist gefragt bei den Beschäftigungsmöglichkeiten, und ein Schritt zu mehr Inklusion ist der erste »Werkstätten-Tag« Baden-Württemberg am 26. und 27. Juni in der Reutlinger Stadthalle. Die Veranstalter, die LAG WfbM und die Landesarbeitsgemeinschaft der Werkstatträte (LAG WR), haben jetzt schon über 1 000 Anmeldungen, zwei Drittel von Menschen mit Behinderung. Rund 50 Programmpunkte vom politischen Frühstück mit Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid über Workshops, Vorträge und Exkursionen bis zu kulturellen Highlights sind in die zwei Tage hineingepackt worden.

Von Inklusion darf man nicht nur reden, man muss sie vorleben. Davon ist Christa Grünenwald, die Geschäftsführerin der LAG WfbM, zutiefst überzeugt. Deshalb sind beim Werkstätten-Tag Menschen mit Behinderung überall einbezogen: als Referenten bei den Workshops und Exkursionen, im Catering, in der Organisation und im Rahmenprogramm. Schließlich soll die Veranstaltung jede Menge »Impulse geben, wie Inklusion aussehen kann«.

Hier ist noch viel Aufklärung nötig, findet Hans-Joachim Ruschke, als Werkstattrat Interessenvertreter der Betroffenen. Zu sehr liege der Fokus in der Gesellschaft auf dem Aussortieren der weniger Leistungsfähigen: »Das fängt ja schon im Kindergarten an.« Jene, die aus dem Arbeitsmarkt herausfallen – zum Beispiel wegen einer psychischen Erkrankung – hätten kaum eine Chance auf Rückkehr. Andere machen die bittere Erfahrung, dass sie zwar einen Job finden, aber nicht weiterbeschäftigt werden, wenn staatliche Zuschüsse auslaufen.

Beispiele aus dem Firmenalltag

Die meisten Firmen zahlen lieber eine Abgabe, als Menschen mit Handicap einzustellen. Auch Gerhard Droste glaubt, dass mehr Information helfen kann: Beim Werkstättentag werden positive Beispiele aus dem Unternehmensalltag vorgestellt. »Job-Coaching« vor Ort hilft bei der Integration. Gute Erfahrungen habe man mit »Paten« gemacht – Mitarbeitern in den Firmen, die sich eingeschränkt leistungsfähiger Kollegen annehmen. »Es gibt Wege, und wir wollen sie gehen«, sagt Christa Grünenwald. »Wir wollen aber auch zeigen, wie gut die Werkstätten arbeiten. Wir haben viel Know-how, wie inklusives Arbeiten funktionieren kann, das wollen wir an die Unternehmen weitergeben.«

Letztlich sind auch die Werkstätten Firmen, die sich am Markt behaupten müssen. Weil man im Produktionsbereich mit Billiglohnländern konkurriert, will man verstärkt im Dienstleistungssektor Fuß fassen. Es gibt bereits viele erfolgreiche Projekte, wo Menschen mit Behinderung als Servicekräfte in der Gastronomie oder in Schulmensen arbeiten. Gerhard Droste: »Eine Schulmensa kann man definitiv nicht von China aus betreiben«. (GEA)

www.werkstaettentag-bw.de