REUTLINGEN-ALTENBURG. Ohne die Böden der Bauern und ihre Arbeit gibt es keine Lebensmittel. Was aber nur wenige wissen, ist, welchen großen Einfluss Hege und Pflege der Erdkrume auf die Ernte haben. Beim Bioland-Bodenbearbeitungstag auf dem Erlenhof von Erich Diebold in Altenburg haben Landwirte ihr Fachwissen ausgetauscht. Das Zuschauen und Zuhören macht Appetit auf gesunde Ernährung und verändert den Blick auf Kartoffelknolle oder Weizenkorn.
Selten stehen so viele Traktoren mit angehängten Maschinen auf einem der Felder des Erlenhofs wie an diesem Tag. Ein halbes Dutzend in einer langen Reihe. Familien mit Kindern setzen sich in den Schatten, und bestaunen das Spektakel – Trecker sind toll, finden die Kleinen. Veranstaltet vom Bioland-Landesverband Baden-Württemberg zeigen und besprechen die beiden Ackerbauberater Andreas Gruel und Jonathan Kern gemeinsam mit etwa 50 Landwirten aus der ganzen Region Reutlingen und weit darüber hinaus, worauf es ankommt.
Bioland, das sind laut Angaben des Verbandes 10.000 Betriebe aus der Land- und Lebensmittelwirtschaft, »die wertvolle Bio-Produkte in deiner Region erzeugen, verarbeiten und verkaufen. Dabei halten sie sich an die strengen Bioland-Richtlinien, die weit über die gesetzlichen Bestimmungen hinaus gehen«. Dennoch ist das Treffen alles andere als eine Werbeveranstaltung, weswegen es auch vom Land Baden-Württemberg gefördert wird. Denn es geht im Wortsinn darum, landwirtschaftlichen Herausforderungen auf den Grund zu gehen.
»Die Wurzel vom Spross zu trennen, ist eine Herausforderung«
Thema des Tages ist die richtige flache Bodenbearbeitung, erklärt der gastgebende Landwirt Erich Diebold. Die ersten fünf bis zehn Zentimeter des Ackers seien wichtig. »Wir müssen die Samen der Unkräuter noch vor dem Winter zum Keimen bringen. Dann folgt eine weitere Bearbeitung, die das auflaufende Unkraut zerstört, mit der das Weiterwachsen verhindert wird«, so der Altenburger. »Die Wurzel vom Spross zu trennen, ist die Herausforderung.« Im Prinzip eine mechanische Unkrautvernichtung. Denn im ökologischen Landbau ist die chemische Keule sowieso verboten, und auch konventionelle Betriebe verzichten gerne darauf. Genau das wollen viele Verbraucher, aber es ist nur ein Vorteil fachkundiger Pflege der Erdkrume.
Informationsportal
Was gibt es für Bio-Siegel, und was bedeuten sie? Wie sieht moderner ökologischer Landbau aus der Sicht von Bauern aus, und woraus besteht eine regionale Wertschöpfungskette? Was ist bei der Verarbeitung wichtig? Welche Rolle spielt der Handel? Auf diese und viele andere Fragen bietet das Informationsportal oekolandbau.de der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung jede Menge fachkundiger und leicht verständlich formulierter Antworten. Diese Webseiten sind eine wahre Fundgrube, die durch unzählige Dokumente zum Herunterladen einen Platz in jeder Lesezeichensammlung mehr als verdient hat. (zen)
»Das Aufbrechen hält gleichzeitig das Wasser im Boden«, beschreibt Diebold einen in Zeiten des Klimawandels zunehmend wichtigen Vorzug des zielgerichteten Umgangs mit der Erdkrume. »Da gehört eine Menge dazu«, ergänzt der Altenburger, »die Ackerfläche muss so eben wie möglich sein, darf keine Hügel oder tiefe Fahrspuren haben«. Wichtig sind auch die passenden technischen Hilfsmittel, die beim Bodenbearbeitungstag im Mittelpunkt des Interesses stehen. Der Laie kennt lediglich das Wort »Pflug«, tatsächlich gibt es ganz viele sowie sehr unterschiedliche Maschinen.
Es werden verschiedene Bodenbearbeitungsgeräte von Pöttinger, Köckerling, Rabe und Maschine sowie Ovlac Mini plus Eigenbaulösungen in der Praxis vorgeführt. Nie gehört? Für Landwirte sind das bekannte Namen. Eher allgemeiner verständlich sind die Arten von Pflügen, die Diebold beschreibt. Der Stoppelhobel mit kurzem Streichblech und schmaler Schnittbreite. Den Zwei-Schichten-Pflug, »oben flach wendend. In der tieferen Schicht nur brechend«. Schließlich einen Pflug mit hydraulisch verstellbarer Arbeitsbreite und Tiefe. Bioland-Ackerbauberater Andreas Gruel bringt noch ein weiteres Ziel der Bodenbearbeitung ins Gespräch.
»Durch richtige Bodenbearbeitung gibt es besseren Ertrag«
»Luft brauchen wir Biobauern, damit das Bodenleben Sauerstoff zum Atmen hat«, sagt der Fachmann, »denn in einer Hand gesunder Erde leben so viele Lebewesen, wie es Menschen auf der Erde gibt«. Aus der Sicht von Feinschmeckern, die gerne gesundes Gemüse und Getreide kaufen und genießen, habe der Erfahrungsaustausch im Acker viele Vorteile. »Durch richtige Bodenbearbeitung gibt es einen besseren Ertrag«, sagt Berater Gruel. Die Qualität gewinne ebenfalls. Wie viel auf dem Markt landet, bestimmt die Arbeit im Acker ganz direkt. Das alles habe seinen Preis, denn die Investitionen für landwirtschaftliche Betriebe sprengen die Vorstellungskraft von Konsumenten.
Alle in Altenburg gezeigten Maschinen kosten weit mehr als 20.000 Euro pro Stück, die Zugmaschinen sind jeweils kaum unter 100.000 Euro zu kriegen. Womit einmal mehr klar wird, dass eine gesunde Ernährung mit regionalen Produkten nicht zum Discounterpreis zu machen ist. Was der ökologische Landbau praktisch bedeutet, davon können sich alle Interessierten bei Demonstrationsbetrieben immer wieder überzeugen.
Gut 35.000 Betriebe in Deutschland wirtschaften nach ökologischen Richtlinien. Aus dieser Vielfalt hat das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) zuletzt 290 Bio-Betriebe, die Demonstrationsbetriebe ökologischer Landbau, ausgewählt. Sie gewähren allen Interessierten einen Einblick in die Öko-Landwirtschaft.
Die 290 Betriebe präsentieren sich in enormer Vielfalt – vom kleinen Rosenhof bis zum großen Ackerbaubetrieb mit über tausend Hektar Fläche, von der Bio-Imkerei bis zum Stutenmilch-Familienbetrieb, vom Erlebnisbauernhof bis zu direkt vermarktenden Betrieben. Führungen, Seminare und Hoffeste bieten allen – ob Verbraucherinnen und Verbrauchern, Familien, Schulklassen, Umstellungsinteressierten oder Praktikerinnen und Praktikern des Öko-Landbaus – Einblicke: in mobile Hühnerställe, die muttergebundene Kälberaufzucht, Saatgutvermehrung, Maßnahmen zum Umwelt- und Gewässerschutz, alte Gemüsesorten und seltene Tierrassen. Die Adressenliste ist auf der Website des Bundesprogramms zu finden. (GEA)