REUTLINGEN. Immer noch warten einige Einkommensteuerpflichtige auf ihren Steuerbescheid aus 2022. Bundesweit hat die Bearbeitungsdauer dafür bei den Finanzämtern zugenommen. Das ist das Ergebnis einer Auswertung des Onlineportals "lohnsteuer-kompakt.de», das die Bearbeitungszeit von rund 300.000 über das Portal abgegebener Steuererklärungen ausgewertet hat. Ein Ergebnis: In ganz Deutschland stieg die Bearbeitungsdauer von 53,6 auf 56,86 Tage an. Das Bundesland Baden-Württemberg landet dabei mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von 60,5 Tagen sogar an drittletzter Stelle. Nur in Bremen (82,1 Tage) und in Brandenburg (72,8 Tage) dauerte es länger, bis man nach der abgegebenen Steuerklärung einen Bescheid vom Finanzamt bekam. Laut des Geschäftsführers von «lohnsteuer-kompakt.de" ist ein Grund dafür die erhöhte Arbeitsbelastung durch die Grundsteuer.
68 Tage Bearbeitung in Reutlingen
Während das Finanzamt Tübingen mit einer durchschnittlichen Bearbeitungsdauer von rund 51 Tagen bei der Auswertung recht gut abschneidet, wartete man in Reutlingen recht lange, bis ein Steuerbescheid ins Haus flatterte: im Durchschnitt 68 Tage.
Wie repräsentativ die Auswertung des Onlineportals sei, könne man nicht beurteilen, sagt Dieter Möhler, Leiter des Finanzamts Reutlingen. Das Portal wertet schließlich nur die eigens übermittelten Steuererklärungen aus. Aus eigenen Auswertungen wisse man, dass die Bearbeitung einer Steuererklärung normalerweise zwischen 50 und 60 Tagen in Anspruch nehme, sagt Möhler. »Natürlich haben sich auch bei uns die Bearbeitungszeiten verlängert«, so Möhler. Das liege aber in erster Linie nicht an den Grundsteuererklärungen. »Wir haben kein Personal von der Veranlagung, wo die Einkommenssteuererklärungen bearbeitet werden, für die Bearbeitung der Grundsteuer abgezogen«, sagt Möhler. Vielmehr habe es durch die abermalige Fristverlängerung zur Abgabe der Steuererklärungen im Zuge der Corona-Pandemie nun ein erhöhtes Aufkommen an Steuererklärungen gegeben. »In den Jahren 2021 und 2022 haben wir eher weniger Steuererklärungen bekommen. In 2023 wurden dann bis Oktober erheblich mehr Erklärungen abgegeben. Da bildet sich dann schon mal ein kleiner Stau«, sagt Möhler. Hinzu komme, dass beim Finanzamt in Reutlingen Fachkräftemangel herrsche. »Aber das ist ja überall so«, sagt Möhler.
Schnellstes Finanzamt in Herne, langsamstes in Hameln-Holzminden
Immerhin: Das Finanzamt Reutlingen ist noch lange nicht das Langsamste unter den deutschen Finanzämtern. Weit abgeschlagen findet sich bei der Auswertung das Finanzamt Hameln-Holzminden in Niedersachsen. Dort wartete ein Einkommensteuerpflichtiger im Durchschnitt 114,7 Tage auf den Steuerbescheid. Das schnellste Finanzamt liegt übrigens in Herne, in Nordrhein-Westfalen. Dort kam der Bescheid schon nach 29,8 Tagen. (GEA)