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Aktuell Metallindustrie

Virtueller und realer Warnstreik in Reutlingen und Tübingen

Trotz Pandemie mobilisiert IG Metall Tausende Beschäftigte für ihre Aktionen – auch in Reutlingen und Tübingen. Der Bezirksleiter kocht Gemüseeintopf und ordnet den Stand der Tarifverhandlungen ein.

Demonstrationszug bei Kion in Reutlingen-Mittelstadt. FOTO: NIETHAMMER
Demonstrationszug bei Kion in Reutlingen-Mittelstadt. FOTO: NIETHAMMER
Demonstrationszug bei Kion in Reutlingen-Mittelstadt. FOTO: NIETHAMMER

REUTLINGEN/STUTTGART. Musik, Gespräche mit Betriebsräten, ein bisschen Sport und ein Bezirksleiter am Herd: Zum vorläufigen Warnstreik-Höhepunkt in der Metall- und Elektroindustrie im Südwesten haben zahlreiche Beschäftigte gestern digital die Arbeit niedergelegt. Aufgrund der Corona-Lage hatte die IG Metall anstelle der sonst meist üblichen zentralen Kundgebung erstmals eine knapp zweistündige Live-Show im Internet ausgestrahlt. Unter anderem bereitete darin Bezirksleiter Roman Zitzelsberger vor der Kamera den Gemüseeintopf Shakshuka zu, ordnete den Stand der laufenden Tarifverhandlungen ein (»Was da bisher von den Arbeitgebern am Verhandlungstisch rüberkommt, ist ein bisschen fad«) und gab Kochtipps (»Man kann nicht zu viel Olivenöl nehmen!«).

1.500 Teilnehmer in der Region

Erneut warf Zitzelsberger den Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern vor, sich in den bisherigen vier Verhandlungsrunden nicht bewegt zu haben. Zuletzt hatten beide Seiten am vergangenen Dienstag zusammengesessen. Eine weitere Runde soll noch vor Ostern stattfinden. Die IG Metall fordert unter anderem vier Prozent mehr Geld – entweder in Form von Lohnsteigerungen oder als zumindest partiellen Ausgleich, wenn ein Betrieb in der Krise die Arbeitszeit reduziert. Der Arbeitgeberverband Südwestmetall lehnt das ab und fordert stattdessen, tarifliche Sonderleistungen zu kürzen. Das wiederum will die Gewerkschaft nicht mitmachen.

Mehr als 29.000 Beschäftigte von mehr als 150 Betrieben im ganzen Land beteiligten sich nach IG-Metall-Angaben am Freitag an Warnstreiks. Überwiegend gab es wegen der Corona-Lage sogenannte Frühschluss-Aktionen, unter anderem bei Audi in Neckarsulm und Porsche in Stuttgart, an einigen Orten aber auch Kundgebungen. Seit dem Ende der Friedenspflicht am 1. März hätten sich nun bundesweit bereits rund 410.000 Metaller an den Aktionen beteiligt, erklärte unterdessen der Vorstand der IG Metall in Frankfurt.

In der Region Reutlingen-Tübingen haben sich gestern insgesamt 1.500 Beschäftigte aus elf Betrieben an den Warnstreiks beteiligt. Dies berichtete Michael Bidmon von der IG Metall in Reutlingen auf Anfrage des GEA.

Allein 400 Personen hätten an einer Kundgebung auf der Tübinger Straße in Reutlingen teilgenommen – überwiegend von Bosch und Marelli Automotive Lighting. In Münsingen hätten 320 Arbeitnehmer eine Menschenkette zwischen den Betrieben Walter und Mewesta gebildet. Bei einem Demonstrationszug bei Kion in Reutlingen-Mitttelstadt seien 120 Mitarbeiter gezählt worden, sagte Bidmon. Beschäftigte von Elring Klinger (Dettingen/Erms) sowie von Siemens und Science & Computing in Tübingen seien zahlreich beim digitalen Warnstreik vertreten gewesen. (dpa/GEA)