STUTTGART. Die Stellen aller 10.500 Beschäftigten des Autozulieferers Mahle sind bis Ende 2025 gesichert. Der Stuttgarter Konzern und die IG Metall haben sich auf einen Tarifvertrag geeinigt, der neben dem Kündigungsschutz auch Weiterqualifizierungen vorsieht. Die Vereinbarung tritt rückwirkend zum 1. August in Kraft. Der Konzern ist der viertgrößte Autozulieferer in Deutschland. Das Unternehmen befindet sich mitten im Wandel vom Verbrennungsmotor hin zur Elektromobilität. Von den 30 deutschen Standorten ist knapp die Hälfte in Baden-Württemberg, unter anderem in Rottweil, Donaueschingen, Zell im Wiesengrund, Mühlacker, Vahingen/Enz und im Großraum Stuttgart angesiedelt.
Zu den klassischen Produkten von Mahle gehören, Kolben, Kühler, Filter und Diagnosesysteme. Im vergangenen Jahr hat der Konzern mit weltweit 72.000 Beschäftigten einen Umsatz von 12,4 Milliarden Euro erzielt. Mit einem Ertrag von lediglich 60 Millionen Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) konnte der Konzern gerade noch schwarze Zahlen schreiben. Das Stiftungsunternehmen steht also finanziell unter hohem Erfolgsdruck.
Die Stuttgarter bauen derzeit ihre Aktivitäten mit Elektromotoren, Thermosysteme für Batterien und Komponenten für Brennstoffzellen aus. Gleichzeitig soll aber ein bedeutender Teil der bisherigen Produktpalette bestehen bleiben, denn bei Mahle geht man davon aus, dass auch nach 2030 jedes zweite auf der Welt gefertigte Fahrzeug einen Verbrennungsmotor haben wird. Gleichwohl investieren die Stuttgarter in den Ausbau der neuen Technologien. Für den Zulieferer bedeutet dies ein gewaltiger Kraftakt, denn Mahle-Chef Arnd Franz rechnet nicht damit, dass sich die Ausgaben für Produkte rund um E-Mobile und Brennstoffzellen »in den kommenden vier, fünf Jahren« gewinnbringend auszahlen werden.
Kurswechsel unter neuem Chef
»Mahle ist voll auf Transformationskurs. Dabei stehen unsere deutschen Standorte vor besonders großen Herausforderungen. Mit dieser wegweisenden Einigung können wir jetzt aktiv an die Gestaltung individueller und dringend notwendiger Zukunftskonzepte für unsere hiesigen Werke gehen«, betont Franz, der zum Jahreswechsel die Führung des Konzerns übernommen hat. Während sich Management und Betriebsrat früher hart um die Zukunft der Standorte beharkten, scheint mit dem neuen Chef ein Kurswechsel eingekehrt zu sein. »Mit dem Zukunftstarifvertrag gehen wir einen neuen Weg, damit Mahle auch in Zukunft wettbewerbsfähig ist und an den deutschen Standorten Beschäftigung gesichert wird«, kommentiert Betriebsratschef Boris Schwürz.
Kern der Vereinbarung ist die gemeinsame Entwicklung von Zukunftskonzepten für die verschiedenen Standorte. »Die Einigung geht sehr in die Tiefe. Darauf sind wir sehr stolz«, betont Schwürz, dem aber klar ist, dass es im Zuge des Umbaus »einige Einschnitte« geben werde. Vermutlich würden auch nicht alle Standorte überleben. Der Betriebsratschef hofft deshalb, dass die Belegschaft die gewonnene Zeit auch aktiv nutzt. »Diese Einigung ist ein klares Signal an alle Standorte, sich nun intensiv mit den Zielbildprozessen zu befassen und Zukunftskonzepte zu gestalten«, mahnt Schwürz. »Jetzt müssen alle etwas beitragen.« Der Betriebsratschef erinnert daran, dass in Deutschland 6.000 Mahle-Beschäftigte vom Verbrennungsmotor abhängig sind. »Und ab 2035 wird bei uns in Deutschland nur noch E-Mobilität produziert.« (GEA)