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Konjunkturflaute: Mehr Arbeitslose in der Region

Die Wirtschaft kommt nicht recht in Gang. Auch in den Landkreisen Reutlingen und Tübingen nimmt langsam die Arbeitslosigkeit zu. Es gibt aber auch gute Entwicklungen am Arbeitsmarkt.

Informierten über den regionalen Arbeitsmarkt (von links): Sabrina Lamnek (Jobcenter Tübingen), Markus Dick (Jobcenter Reutlinge
Informierten über den regionalen Arbeitsmarkt (von links): Sabrina Lamnek (Jobcenter Tübingen), Markus Dick (Jobcenter Reutlingen), Oliver Kerl (Agentur für Arbeit), Markus Nill (Agentur für Arbeit), Alexandra Quernes (Jobcenter Tübingen). Foto: Schanz
Informierten über den regionalen Arbeitsmarkt (von links): Sabrina Lamnek (Jobcenter Tübingen), Markus Dick (Jobcenter Reutlingen), Oliver Kerl (Agentur für Arbeit), Markus Nill (Agentur für Arbeit), Alexandra Quernes (Jobcenter Tübingen).
Foto: Schanz

REUTLINGEN. Die Arbeitslosenquote in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen ist im vergangenen Jahr von 3,4 auf 3,7 Prozent gestiegen. 10.729 Menschen waren im Zuständigkeitsbereich der Agentur für Arbeit Reutlingen im Dezember 2023 auf Arbeitssuche. Im Dezember 2022 waren es nur 9.763. »Besonders bedauerlich ist, dass auch der Anteil der Langzeitarbeitslosen um 1,5 Prozentpunkte auf 28,7 Prozent gestiegen ist«, sagt Oliver Kerl, Leiter der Agentur für Arbeit Reutlingen. 3.079 Menschen waren damit schon länger als ein Jahr ohne Beschäftigung. Auch die Jugendarbeitslosigkeit (15 - 24 Jahre) ist im Jahresverlauf von 679 auf 773 gestiegen. »Damit sind aktuell aber immer noch weniger Jugendliche arbeitslos als vor Corona.« Für 2024 prognostiziert das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) eine weitere Zunahme der Arbeitslosigkeit in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen um 3,8 Prozent (Baden-Württemberg: + 3,3 Prozent).

Beschäftigung legt erneut zu

Erfreulich sei dagegen, dass auch die Beschäftigung im vergangenen Jahr erneut zulegen konnte von 207.855 auf 209.271 sozialversicherungspflichtige Beschäftigte (Stichtag 30. Juni). »Allerdings lässt sich beobachten, dass sich die Zuwachskurve in den vergangenen Jahren zunehmend abflacht«, sagt Kerl. Stieg die Zahl im Vorjahr um rund 1.400, waren es von 2021 auf 2022 noch 3.600 zusätzliche Beschäftigte und im Jahr davor 4.300. Für 2024 erwartet das IAB ein weiteres Wachstum um 0,5 Prozent im Bereich der Arbeitsagentur Reutlingen. Die Zahl der offenen Stellen, die bei der Agentur für Arbeit gemeldet sind, ging von Januar 2023 mit 5.905 auf 3.608 im Dezember zurück. »Dies liegt aber auch zum Teil daran, dass wir weniger Stellen von den Unternehmen aufgenommen haben und stattdessen in die Firmen hineingegangen sind mit Beratungsangeboten, wie Stellen intern über Weiterqualifizierung besetzt werden können.«

Anstieg Kurzarbeit im vierten Quartal 2023

Auf Jahressicht ist die Kurzarbeit weiter rückläufig. Nach den Corona-Jahren 2020 (152 Millionen Euro) und 2021 (110 Mio. Euro) sanken die Ausgaben für das arbeitsmarktpolitische Instrument 2022 auf 10,5 Millionen Euro und auf 3,9 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Aufhorchen lässt jedoch eine deutliche Zunahme im 4. Quartal. Von den 81 Betrieben mit ihren 2.724 Mitarbeitern, die Ende November in angezeigter Kurzarbeit waren, sind 36 Betriebe mit 1.582 Mitarbeitern seit dem 1. Oktober hinzugekommen. Schwerpunkte seien die Metall- und Elektroindustrie (33 Betriebe/1.244 Beschäftigte) und das Bau- und Baunebengewerbe (12 Betriebe/119 Mitarbeiter). »Als ursächlich für den Arbeitsausfall werden von den Betrieben insbesondere konjunkturelle Eintrübung, hohe Inflation, gestörte Wirtschaftskreisläufe und die Zinsentwicklung genannt«, erläutert Markus Nill, Geschäftsführer der Agentur für Arbeit. Auch das gezahlte Insolvenzgeld legte im vergangenen Jahr deutlich zu von 1,6 auf 3 Millionen Euro.

Leistungen der Jobcenter stark gestiegen

»Nach einem massiven Anstieg durch ukrainische Geflüchtete im Juni 2022 blieben die Zahlen der Leistungsempfänger nach SGB II (Bürgergeld) auf hohem Niveau und wuchsen sogar weiter«, erklärt Markus Dick, Geschäftsführer beim Jobcenter Reutlingen. Im Landkreis Reutlingen stieg die Zahl der Bürgergeldempfänger von 8.190 auf 8.712. Im Landkreis Tübingen von 5.411 auf 5.788. Die ukrainischen Flüchtlinge ließen im Juni 2022 die Zahlen nach oben springen. Im Landkreis Reutlingen um 936 und im Landkreis Tübingen um 721. Dabei sei zu beachten, dass nicht jeder Bürgergeldempfänger automatisch in die Arbeitslosenstatistik einfließe, erklärt Nill. So können beispielsweise Menschen in Qualifizierungsmaßnahmen weiterhin Bürgergeld erhalten, ohne in dieser Zeit dem Arbeitsmarkt zur Verfügung zu stehen. Das Jobcenter Reutlingen zahlte 2023 an Leistungen zum Lebensunterhalt (ALG II) 41,83 Millionen Euro (Vorjahr: 33,19 Mio. Euro) und 38,09 Millionen Euro an Leistungen für Unterkunft und Heizung (Vorjahr: 30,34 Mio. Euro). Beim Jobcenter Tübingen waren es 27,47 Millionen Euro für den Lebensunterhalt (Vorjahr: 20,96 Mio. Euro) und 25,59 Millionen Euro für Unterkunft und Heizung (Vorjahr: 21,03 Mio. Euro).

Situation bei Sprachkursen verbessert

Gebessert habe sich die Situation bei den Sprachkursen. Mittlerweile stünden ausreichend Kapazitäten zur Verfügung, erklärt Sabrina Lamnek Geschäftsführerin beim Jobcenter Tübingen. Von den 4.570 Flüchtlingen aus der Ukraine, die sich derzeit in den Landkreisen Tübingen und Reutlingen aufhalten, sind 3.160 leistungsberechtigte Erwerbsfähige im Alter zischen 15 und 67 Jahren. Davon besuchen derzeit 1.686 einen Sprachkurs, 302 warten noch auf einen, 200 nehmen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen teil und 457 stehen zur Vermittlung in den Arbeitsmarkt bereit. 531 sind aufgrund von Kindererziehung, Schulpflicht, Ausbildung oder Krankheit nicht verfügbar oder sind bereits erwerbstätig. Zusätzlich gibt es in den beiden Landkreisen noch 4.860 Geflüchtete aus den acht Hauptherkunftsländern (Afghanistan, Pakistan, Syrien, Somalia, Iran, Irak, Eritrea und Nigeria). Davon sind 2.895 leistungsberechtigt und 1.145 stehen dem Arbeitsmarkt zur Verfügung, 935 sind aus verschiedenen Gründen nicht verfügbar und 805 nehmen an arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen oder Sprachkursen teil. Woran es jedoch mangele seien Sprachkurse mit begleitender Kinderbetreuung für Kinder, die noch zu jung für die Kita seien und Alphabetisierungskurse für die etwa 5 bis 10 Prozent der Flüchtlinge, die gar nicht lesen und schreiben können, sagt Alexandra Quernes, ebenfalls Geschäftsführerin beim Jobcenter Tübingen. (GEA)