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Aktuell INTERVIEW

Johannes Schwörer: »Bauförderung besser als Wohngeld«

Johannes Schwörer, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie und Chef des gleichnamigen Fertigbauunternehmens in Hohenstein, spricht im GEA-Interview über den Wohnungsmangel.

Johannes Schwörer ist seit 2008 Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie. FOTO: SCHANZ
Johannes Schwörer ist seit 2008 Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie. FOTO: SCHANZ
Johannes Schwörer ist seit 2008 Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie. FOTO: SCHANZ

HOHENSTEIN-OBERSTETTEN. »Wohngeld muss der Staat jedes Jahr geben, einen Zuschuss fürs Bauen nur einmal«, sagt Johannes Schwörer. Der Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Holzindustrie und Chef des Fertigbauunternehmens Schwörer in Hohenstein fordert daher, dass der Staat lieber das Bauen fördern als Mieten bezuschussen sollte.

GEA: Wie stellt sich die Lage der deutschen Bauwirtschaft aus Ihrer Sicht aktuell dar?

Johannes Schwörer: Im Straßen- und Gleisbau geht richtig was. Im Wohnungsbau läuft es dagegen schlecht. Da wird berechnet, in welchem Verhältnis die Baukosten zur Miete stehen, die man verlangen kann. Durch die wahnsinnige Preisentwicklung auf der Lieferantenseite, die wiederum im Wesentlichen aus Unsicherheit aus der Energieerzeugung resultiert, hat sich das Bauen insgesamt verteuert. Daher stimmt die Renditeerwartung der Bauträger nicht mehr. Das hat schon zu Insolvenzen bei Bauträgern geführt. Wer nicht insolvent ist, stellt lieber seine Projekte zurück.

Gibt es außer den Preissteigerungen weitere Gründe für den starken Rückgang im Wohnungsbau?

Schwörer: Eine zweite Komponente ist die unklare Förderpolitik. Zunächst wurde alles eingestellt und gesagt, es gebe gar keine Förderung mehr. Dann wurde gesagt, es komme wieder eine Förderung – aber es war unklar, in welcher Form. Dann kam eine Förderung, die nach wenigen Stunden abgegriffen war. Für Bauprojekte ist es tödlich, wenn es keine klaren Aussagen gibt.

»Historisch gesehen, sind 4 Prozent ein niedriger Zinssatz« 

Warum?

Schwörer: Die haben lange Laufzeiten. Die Kosten für die Projektplanung – etwa für den Architekten, den Baustatiker, die Elektroplanung – sind bei Gebäuden nicht unerheblich. Bevor etwas passiert, wird schon richtig viel Geld ausgegeben. Wenn ein Investor nach einem halben Jahr hört, jetzt gebe es die in Aussicht gestellten Fördermittel doch nicht, dann überlegt er es sich gut, ob er das Projekt verwirklicht.

Sie klagen gar nicht über die deutlich gestiegenen Bauzinsen.

Schwörer: Wenn ich vorher 0,8 Prozent zahlen musste und jetzt 3,5 Prozent zahlen soll, ist das zwar eine Zinsentwicklung, aber die ist nicht so dramatisch, dass die den Bau zum Erliegen gebracht hätte. Wenn es 7 oder 8 Prozent gewesen wären, hätte man darüber reden können. Historisch gesehen, sind 4 oder unter 4 Prozent immer noch ein niedriger Zinssatz.

Wie sieht es beim Bauland aus?

Schwörer: Der Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser wird schon davon beeinflusst, dass nur sehr wenig neues Bauland erschlossen wird. Dadurch steigen die Preise der wenigen baureifen Grundstücke stark. Da überlegt es sich ein Privatinvestor genau. Wenn er es sich vorher nicht allein überlegt hat, dann wird ihm spätestens bei der Bank geholfen, wenn er nach einem Kredit fragt.

Hat sich durch die langjährige Niedrigzinsphase das Potenzial an Bauherren verringert?

Schwörer: Das ist definitiv der Fall. Vor allem in den Jahren der Negativverzinsung wollten Banken das Geld von Sparern nicht haben. Dadurch hat es Vorzieheffekte von Bauvorhaben gegeben. Das kann ich auch durch die Lieferzeiten-Entwicklung bei Schwörer Haus aufzeigen: Wir haben Monate gehabt, in denen wir so viele Häuser verkauft haben, wie sonst in einem halben Jahr.

Nachfrageeinbruch bei Wohnungsmangel: Was sollte geschehen, damit wieder mehr gebaut wird?

Schwörer: Man muss den Bau von Wohnungen für bezahlbare Mieten ermöglichen. Bei den Gebäuden spielen heute Kennwerte für Energie, Schallschutz und Brandschutz eine hohe Rolle. Damit sind Kostenblöcke vorgegeben. Wenn ich als Staat trotzdem will, dass genügend Wohnraum besteht, muss ich Förderprogramme anbieten, die das ermöglichen. Dabei sind gute Wärmedämmung und guter Schallschutz staatsrelevant. Wenn die Leute sich in den Gebäuden unwohl fühlen oder die Energiekosten zu hoch sind, ist das ein dauerhaftes Problem. Es gibt Interessen des Staates, die eine Subvention für das Bauen rechtfertigen. Politiker sagen mir dann, ich habe recht, aber sie hätten kein Geld dafür.

Was entgegnen Sie diesen Politikern?

Schwörer: Experten haben vorgeschlagen, die steuerlichen Abschreibungen für Vermieter zu erhöhen, damit es interessant wird zu investieren. Für den Staat bedeutete das dauerhaft keine Einnahmeverluste, weil ja zu versteuernde Mieteinnahmen dagegen stünden. Bauministerin Geywitz hat das aufgegriffen, aber mit 5 Prozent pro Jahr sind keine großen Impulse zu erwarten.

Welche Bedeutung hat die Bauwirtschaft für die Gesellschaft?

Schwörer: Wenn man mal die Maslowsche Bedürfnispyramide anschaut, geht es mit der Nahrung los, dann kommt die Kleidung und dann kommt das Wohnen. Wenn ich keinen gescheiten Wohnraum habe als Mensch, habe ich ein Problem. Von der Bedeutung her hängt an der Bauwirtschaft mehr als an der Automobilbranche. Manchmal findet aber ein Start-up-Unternehmen, das mit einer tollen Idee um die Ecke kommt, bei Politikern mehr Beachtung als ein traditioneller Wirtschaftszweig, der vielleicht langweilig erscheint.

Wie sollten staatliche Förder-programme ausgestaltet sein?

Schwörer: Wir geben wahnsinnig viel Geld für die Bezuschussung von Mieten, also für Wohngeld, aus. Das ist viel mehr als für die Bezuschussung des Wohnraumbaus. Ich glaube, es ist der Faktor fünf. Das ist doch idiotisch. Wohngeld muss der Staat jedes Jahr geben, einen Zuschuss fürs Bauen nur einmal. Das Geld ist mit Investitionen besser ausgegeben als im Konsum.

Wie viel kostet ein Quadratmeter Wohnfläche in einem Fertighaus?

Schwörer: Es hängt sehr von der Ausstattung ab. Das liegt zwischen 2.500 und 3.500 Euro – ähnlich wie in einem konventionellen Haus. Vor zwei bis drei Jahren lag das bei 1.900 bis 2.500 Euro. Der Durchschnittspreis eines Schwörer-Hauses beträgt jetzt 350.000 Euro und ist damit in drei Jahren um 20 Prozent gestiegen. In diesem Betrag sind die Kosten für Grundstück, Erschließung, Garage und Außenanlage nicht enthalten. 

Wie wirkt sich die Baukrise bislang auf die Schwörer-Gruppe aus?

Schwörer: Wir waren im ganzen Verkaufsjahr 2023 gehandicapt durch lange Lieferzeiten, die nicht mehr branchenüblich gewesen sind. Durch den Einbruch in der Bauindustrie konnten andere Anbieter im Jahr 2023 schneller liefern. Wir mussten unseren hohen Auftragsbestand abarbeiten. Die Chance war für uns, wieder in Richtung Normalzustand zu kommen: Durch den schlechten Verkauf in den Jahren 2022 und 2023 mit 530 und 300 Schwörer-Häusern – nach vier Jahren mit über 1.000 Häusern – haben wir die Lieferzeiten von über zwei Jahren auf ein Jahr verringert.

Irgendwann werden aber die Verkaufszahlen wieder steigen müssen, um die Auslastung für Ihre Belegschaft zu sichern, oder nicht?

Schwörer: Wenn wir jetzt von unserem Neuverkauf leben müssten, müsste ich Personal entlassen. Es muss besser werden im Vertrieb. Für die Mannschaft, die gerade da ist, haben wir noch etwa ein Jahr lang Arbeit mit den bestehenden Aufträgen.

Wird die Baukrise in der Branche insgesamt zu Kapazitätsabbau führen?

Schwörer: Das lässt sich nicht mehr aufhalten. Ich kenne viele Betriebe, die nicht einen solchen Auftragsbestand haben wie wir. Einige sind in Kurzarbeit. (GEA)

PERSON UND VERBAND

Johannes Schwörer, 56, ist in Abtsgmünd im Ostalbkreis aufgewachsen. Er hat in Tübingen Rechtswissenschaft studiert und mit dem zweiten Staatsexamen abgeschlossen. Im Hauptberuf steht der verheiratete Vater von vier Kindern als geschäftsführender Gesellschafter der Firmengruppe Schwörer (Hohenstein-Oberstetten) mit 1.800 Beschäftigten vor. Das Unternehmen wurde 1950 maßgeblich von zwei seiner Onkel und seinem Vater gegründet. Ehrenamtlich ist Schwörer seit 2010 Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer Reutlingen und seit 2008 Präsident des Hauptverbands der Deutschen Holzindustrie (HDH, Berlin). Der HDH vertritt die Interessen dieses Wirtschaftszweigs mit 200.000 Beschäftigten. Er ist ein Dachverband, zu dem unter anderem Verbände der Sägewerke, der Möbelindustrie sowie der Hersteller von Fertighäusern und Holzverpackungen gehören. (rog)