REUTLINGEN/FILDERSTADT. Filderstadt/ReutlingenDrei Verlustjahre in Folge und dann, vergangene Woche, eine Gewinnwarnung fürs laufende Jahr nebst weiterem Absturz des Aktienkurses: In dieser Situation trafen sich am Dienstag besorgte Aktionäre des Reutlinger Maschinenbau-Unternehmens Manz zur Hauptversammlung in Filderstadt-Bernhausen. Manche von ihnen stellten dem Vorstand Fragen nach der Überlebensfähigkeit der Gesellschaft. »Stand heute gehen wir davon aus, die Zahlungsfähigkeit einhalten zu können«, sagte Finanzvorstand Manfred Hochleitner. »Wir müssen den Auftragseingang steigern«, erklärte Vorstandsvorsitzender Martin Drasch.
Wie berichtet, hatte Manz das Geschäftsjahr 2023 bei einem Umsatz von 249,2 Millionen Euro mit einem Fehlbetrag von 2,4 Millionen Euro abgeschlossen. Das Unternehmen hat weltweit 1.400 Beschäftigte, davon 480 am Firmensitz im Industriegebiet Reutlingen-Nord/Kirchentellinsfurt (Mahden) sowie am Standort Tübingen. Der 1987 gegründete Maschinenbauer ist in den beiden Segmenten Mobilitäts- und Batterie-Lösungen sowie Industrie-Lösungen unterwegs.
Seit 2006 ist Manz an der Börse notiert. Der Ausgabekurs betrug einst 19 Euro pro Aktie. In Bestzeiten, 2008, notierte die Aktie über 190 Euro. Gestern schloss sie mit 5,24 Euro und damit um sechs Cent niedriger als am Tag zuvor. Firmengründer Dieter Manz, 62, heute Aufsichtsrat, und seine Familie halten 22,7 Prozent der über 8,5 Millionen Aktien. Die Shanghai Electric Germany Holding GmbH (17,8 Prozent) und die Daimler Truck AG (9,1 Prozent) sind weitere wichtige Aktionäre. 40 Prozent der Aktien sind in Streubesitz.
Liquidität im Fokus
Nach der Meldung über den Verkauf der ungarischen Tochtergesellschaft im Mai gab Manz vergangenen Donnerstag bekannt, dass Umsatz und Ergebnis im Gesamtjahr 2024 entgegen früherer Erwartungen deutlich unter dem Vorjahresniveau liegen würden. Vorstandsvorsitzender und Ingenieur Drasch, 49, erläuterte nun den Aktionären, Investitionsentscheidungen etlicher Kunden verzögerten sich. Zuweilen müssten Kunden erst Kompetenzen in der Elektromobilität aufbauen. Zuweilen scheiterten Projekte an der Finanzierung oder weil gewartet werde, ob es Fördergelder gebe. Die Konkurrenz für Manz aus Asien nehme indes zu. »Wir sind mit Kunden über Projekte von insgesamt über 500 Millionen Euro in Gesprächen«, sagte Drasch – doch es stünden Auftragserteilungen aus.
Durch die Insolvenz des Kunden Britishvolt falle für Manz ein Umsatz von 90 Millionen Euro aus. Der Auftragseingang sei 2023 gegenüber dem Vorjahr um 46 Prozent auf 196 Millionen Euro zurückgegangen. Wegen des Megatrends Elektrifizierung und »unserer erstklassigen Produktionslösungen für Schlüsselkomponenten der Elektromobilität« bleibe er jedoch zuversichtlich, so Drasch.
Aktionäre und Aktionärsvertreter lobten die Manz AG für die Abhaltung einer Präsenzveranstaltung anstelle von »Vorstands-Fernsehen« (Online-Hauptversammlung) und für die Vorlage eines gedruckten Geschäftsberichts. Sie beklagten indes die Entwicklung des Aktienkurses und dass es noch nie seit dem Börsengang eine Dividende gegeben habe. »Das kann nicht als Erfolgsstory gewertet werden«, stellte Dieter Tassler von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger fest.
Blick auf den Aktienkurs
Die Entwicklung des Aktienkurses hänge vor allem mit der schlechten Geschäftsentwicklung zusammen, gab Finanzvorstand und Mathematiker Hochleitner, 50, zu: »Da gibt es nicht viel zu beschönigen.« Er und Drasch wollte zum angekündigten Effizienzprogramm und zu den Zahlen des gerade abgelaufenen ersten Halbjahrs noch nichts Konkretes sagen. Es werde über ein Bündel von Maßnahmen diskutiert.
Dabei stehe die Liquidität im Fokus, ebenso die Kunden und der Auftragseingang. Auch Kurzarbeit sei gegebenenfalls denkbar. Auf die Frage, wie fest die beiden Vorstandsmitglieder im Sattel säßen, antwortete Professor Heiko Aurenz als Aufsichtsratsvorsitzender und Versammlungsleiter: »Die Verträge laufen bis 2028. Der Aufsichtsrat hat dem Vorstand das Vertrauen ausgesprochen.« (GEA)