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Azubi in Reutlingen: Geht das ohne Führerschein?

Eine Entwicklung, die nicht erst seit gestern zu beobachten ist: Junge Menschen, Schulabgänger zwischen 17 und 20 Jahren, legen keinen großen Wert darauf, den Führerschein zu machen oder ein Auto zu fahren. Doch was, wenn sie den für ihren Beruf, ihre Ausbildung brauchen? Das sagen Reutlinger Handwerksbetriebe.

Im Reutlinger Handwerk ist es wichtig, eine Fahrerlaubnis zu besitzen. Für Auszubildende kann es auch erforderlich werden, spezi
Im Reutlinger Handwerk ist es wichtig, eine Fahrerlaubnis zu besitzen. Für Auszubildende kann es auch erforderlich werden, spezielle Führerscheine zu erwerben, um beispielsweise einen Bagger lenken zu können. Foto: Arno Burgi
Im Reutlinger Handwerk ist es wichtig, eine Fahrerlaubnis zu besitzen. Für Auszubildende kann es auch erforderlich werden, spezielle Führerscheine zu erwerben, um beispielsweise einen Bagger lenken zu können.
Foto: Arno Burgi

REUTLINGEN. Als Statussymbol hat das Auto bei der Generation zwischen 16 und 30 Jahren bei Weitem nicht mehr einen so hohen Stellenwert, wie bei den Vorgänger-Jahrgängen. Ein Autoführerschein ist für sie deshalb auch nicht mehr unbedingt erstrebenswert. In einer weltweiten Studie des internationalen Automobilclub-Dachverbands FIA erklärten 45 Prozent der befragten Menschen in Deutschland zwischen 16 und 25 Jahren, dass der Besitz eines eigenen Autos ein wichtiges Lebensziel sei.

Dieses Ergebnis deckt sich mit den Erfahrungen von Hannes Keppler, einer der beiden Geschäftsführer der Reutlinger Firma Garten Moser. Er beschreibt seine Erfahrungen mit seinen 28 Azubis in sechs verschiedenen Ausbildungsberufen so: »Knapp die Hälfte von ihnen hat keinen Führerschein. Uns wäre es lieber, sie hätten einen.« Etwas anders sei das bei jungen Menschen von der Alb: »Die brauchen einen Führerschein, um von A nach B zu kommen. Azubis ohne Führerschein kommen eher aus der Stadt, wo das Angebot im Öffentlichen Nahverkehr wesentlich besser ist, als auf dem Land«, konstatiert Keppler. Zu Beginn der Ausbildung sei es problemlos, keinen Führerschein zu haben: »Schließlich haben wir unseren Azubi-Sprinter, der die Leute zu ihren Arbeitsstellen an unseren sieben Betriebshöfen in Reutlingen, Mühlacker und Esslingen bringt«, berichtet Keppler nicht ohne hörbaren Stolz. Zum Ende der Ausbildung sei aber erfahrungsgemäß allen klar, dass es ohne Führerschein in seinem Betrieb nicht gehe. »Hinzu kommt, dass wir auch spezielle Maschinen wie Bagger oder Radlader haben.«

In einigen Handwerksbetrieben kommt auch schweres Gerät zum Einsatz.
In einigen Handwerksbetrieben kommt auch schweres Gerät zum Einsatz. Foto: Hauke-Christian Dittrich
In einigen Handwerksbetrieben kommt auch schweres Gerät zum Einsatz.
Foto: Hauke-Christian Dittrich

Ganz ähnlich äußert sich Roman Geiselhart, Chef der gleichnamigen Reutlinger Traditionsfirma im Gespräch mit dem GEA: »Wer auf der Alb wohnt, weiß, da kommt der Bus nach Münsingen unter Umständen nur zwei- bis viermal am Tag. Da ist die Fahrerlaubnis ungeheuer wichtig.« Auch der Chef des Betriebes für Maler-, Stukkateur, - Trockenbau- oder Wärmedämmungsarbeiten hat erkannt, dass nicht alle elf angehenden Handwerker in seiner Firma über eine passende Fahrerlaubnis verfügen, sagt aber: »In den ersten Ausbildungsjahren brauchen sie auch keine, später aber doch. Wir fragen sie daher, ob sie nicht bis spätestens Ausbildungsende den Führerschein nachholen könnten«, so Geiselhart. Er bietet dafür einen Kostenzuschuss seiner Firma an. »Gerade für den im Handwerk so wichtigen Anhängerführerschein sind wir bereit, den Lehrlingen finanziell unter die Arme zu greifen.«

Andreas Stenzel, Chef des gleichnamigen Fachbetriebs für Bäder, Sanitär und Heizung, beschäftigt sechs Auszubildende, von denen vier (noch) keinen Führerschein haben. Er sieht es allerdings noch nicht als Schwierigkeit an: »Während der Ausbildung brauchen unsere Auszubildenden nicht unbedingt einen Führerschein, aber als Ausgelernte sollten die den spätestens haben.« Er sieht genauso wie sein Kollege Geiselhart ein Stadt-Land-Gefälle, was die Bereitschaft junger Menschen angeht, eine Fahrerlaubnis zu erwerben. »Auch auf dem Land sollen junge Menschen schnell von A nach B kommen. In der Stadt schaffen sie das unter Umständen mit dem Bus.« Dennoch ist der Führerschein keine Einstellungsvoraussetzung. Auch Stenzel unterstützt die Azubis bei den Kosten für die Fahrerlaubnis, wenn sie den Anhängerführerschein gleich mit dazu machen.

Wettbewerbsvorteil bei Suche nach Auszubildenden

Für Udo Steinort, Pressesprecher der Handwerkskammer Reutlingen (HWK), hat der Führerschein bei Auszubildenden eine übergeordnete Bedeutung, mit Blick auf die zahlreichen Handwerksbetriebe in der Region. »Es ist ein Wettbewerbsvorteil für die Firmen, wenn sie über Mitarbeiter verfügen, die einen Führerschein haben. Da sich der Wettbewerb auf dem Markt der Auszubildenden verschärft hat, drohen Betriebe ohne solche Mitarbeiter möglicherweise abgehängt zu werden«, erklärt er. Ein Blick auf die Lehrstellenbörse der HWK zeige, welche Anforderungen in den unterschiedlichen Branchen an ihre Auszubildenden gestellt werden: »Bei vielen ist der Führerschein allerspätestens am Ende der Ausbildungszeit sozusagen Pflicht.«