Logo
Aktuell Umfrage

Ausgebremst durch Corona: Handwerk in der Region meldet Auftragsrückgang

Ausbildung
Ein Auszubildender im Schreiner-Handwerk arbeitet in einem Ausbildungszentrum mit dem Hobel an seinem Werkstück. Foto: Felix Kästle
Ein Auszubildender im Schreiner-Handwerk arbeitet in einem Ausbildungszentrum mit dem Hobel an seinem Werkstück.
Foto: Felix Kästle

REUTLINGEN. Die Corona-Krise macht den Handwerkbetrieben in der Region zu schaffen. Nach einer Umfrage der Handwerkskammer Reutlingen verzeichneten rund 40 Prozent der Unternehmen in den vergangenen Wochen einen Auftragsrückgang. Besonders getroffen sind die Gesundheitshandwerker, die Kfz-Branche und die gewerblichen Zulieferer.

Nur noch knapp die Hälfte der Betriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb war mit der Geschäftslage im zweiten Quartal zufrieden (Vorjahresquartal: 74,1 Prozent). Stark gestiegen ist hingegen die Zahl derer, die unzufrieden waren. Jeder vierte Handwerksunternehmer, also 25 Prozent, bewertete die Lage sogar mit der Note mangelhaft (Vorjahresquartal: 3,6 Prozent).

»Dass sich die Stimmung eintrübt, war angesichts der pandemiebedingten Maßnahmen, von der zahlreiche Unternehmen direkt und mittelbar betroffen waren, nicht anders zu erwarten. Auch nach der Öffnung sind diese Betriebe noch ein ganzes Stück vom Normalbetrieb entfernt. Allerdings ist nicht jeder Betrieb gleich stark betroffen. Die Entwicklung fällt je nach Branche unterschiedlich aus«, kommentiert Präsident Harald Herrmann die Ergebnisse. So verzeichnet das Bauhauptgewerbe nach wie vor einen positiven Auftragssaldo, auch wenn die Zuwächse geringer als im Vorjahr ausfallen. Deutlich schlechter lief es zuletzt für die Kfz-Werkstätten, bei denen 54 Prozent der Befragten weniger Bestellungen und Aufträge meldeten. Bei den Metall- und Elektrobetrieben liegt dieser Wert bei knapp 60 Prozent, im Gesundheitshandwerk sogar bei 75 Prozent.

Über alle Branchen hinweg ist der Auftragsbestand gesunken. Dieser beträgt nunmehr durchschnittlich 8,8 Wochen (Vorjahresquartal: 10,2 Wochen). Während die Maurer, Dachdecker und Zimmerer gegenüber dem Vorjahr nochmals um zwei Wochen zulegen konnten (17,6 Wochen; 2019: 15,7 Wochen), hat das Auftragspolster der Zulieferer stark abgenommen. In ihren Bücher befindet sich zurzeit ein Auftragsvolumen von sieben Wochen (Vorjahresquartal: 12,5 Wochen).

Shutdown, Stornierungen und eine geringere Nachfrage wirken sich auch auf die Auslastung der Unternehmen aus. Die Zahl der Betriebe mit einer Auslastung von bis zu 60 Prozent hat sich im Jahresvergleich verdreifacht (35,9 Prozent; 2019: 11,1 Prozent). Bei den von der Schließung betroffenen Friseuren und Kosmetikern steigt dieser Anteil sogar auf 75 Prozent. Im Vergleich zu den Dienstleistern arbeitet das Bau- und Ausbaugewerbe nach wie vor unter Volldampf. Jeder zweite Betrieb meldet volle Auslastung. Sieben Prozent der Bauunternehmen gingen zuletzt über die 100-Prozent-Marke hinaus.

In den vergangenen Wochen dürfte sich auch die Beschäftigtenzahl im regionalen Handwerk verringert haben. 9,5 Prozent der Betriebe meldeten Einstellungen, 10,7 Prozent reduzierten ihre Belegschaften. Jeder Zehnte will zwar im Sommer zusätzliche Arbeitskräfte einstellen, ebenso viele wollen jedoch Personal abbauen. Mehr als drei Viertel der Befragten planen derzeit keine Veränderungen.

»Bei den Investitionen und Einstellungen fahren die Betriebe zurzeit auf Sicht«, sagt Herrmann. Dies sei angesichts der unsicheren Aussichten auch nicht anders möglich. »Niemand kann sicher vorhersagen, ob wir das Schlimmste der Pandemie bereits hinter uns haben oder ob doch eine zweite Welle mit entsprechenden Einschränkungen ansteht.« Wie stark das Handwerk von der Coronakrise betroffen sei, so Herrmann, zeige die Soforthilfe des Bundes und des Landes. »Über 3.600 Betriebe haben eine finanzielle Unterstützung erhalten, die ihnen geholfen hat, die Folgen der Schließung oder Auftragseinbußen abzumildern.« Das Konjunkturpaket des Bundes, das steuerliche Entlastungen für Betriebe vorsieht, und die Landesprogramme seien wichtige Maßnahmen, um die Liquidität der Betriebe zu sichern, so Herrmann.

Die Betriebe blicken jedenfalls schon wieder etwas zuversichtlicher in die Zukunft, als sie es zum Ende des ersten Quartals getan haben. Lag der Erwartungsindex vor drei Monaten noch bei minus 4,0 Punkten, stieg er auf nunmehr plus 7,8 Punkte (Vorjahresquartal: plus 8,2 Punkte). Bei den Gesundheitshandwerkern, dem Nahrungsmittelgewerbe, den Kfz-Betrieben und den Dienstleistern fällt die Prognose besser als im Vorjahr aus.

Die 13.600 Handwerksbetriebe in den Landkreisen Freudenstadt, Reutlingen, Sigmaringen, Tübingen und Zollernalb erwirtschaften einen Umsatz von 10,1 Milliarden Euro, beschäftigen 79.000 Mitarbeiter und bilden rund 4.800 junge Menschen aus. (pm)