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Aktuell Metallindustrie

Arbeitgeber in der Region fordern moderneres Arbeitszeitgesetz

Arbeitgeber fordern Arbeitszeiten, die zum modernen Leben und zur modernen Arbeitswelt passen.

Azubi
Ein Auszubildender im Metall-Handwerk misst die Dicke eines Werkstücks. Foto: Felix Kästle
Ein Auszubildender im Metall-Handwerk misst die Dicke eines Werkstücks.
Foto: Felix Kästle

REUTLINGEN. Das deutsche Arbeitszeitgesetz (ArbZG) ist aus Sicht der Metallarbeitgeber in der Region nicht mehr zeitgemäß. »Das Gesetz in seiner jetzigen Form bevormundet die Beschäftigten zu stark in der Frage, wie sie ihre Arbeitszeit verteilen können, und es engt auch die Betriebe unnötig ein«, sagte Martin Holder, Vorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen des Arbeitgeberverbands Südwestmetall: »Das Gesetz gehört daher dringend reformiert und an die moderne Lebens- und Arbeitswelt angepasst. Das wünschen sich immer mehr Arbeitnehmer so, vor allem die jüngeren. Aber auch den Unternehmen würde dies helfen, ihre betrieblichen Abläufe besser zu organisieren.«

Besonders die tägliche Höchstarbeitszeit von zehn Stunden, die das deutsche Arbeitszeitrecht vorschreibt, hält auch Jan Vetter, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Reutlingen, für eine Überregulierung, die nicht mehr in die Zeit passe: »Es geht nicht darum, jeden Tag länger als zehn Stunden zu arbeiten. Aber Arbeitnehmer, die zum Beispiel ein Projekt dringend abschließen oder einfach mal etwas länger arbeiten wollen, um am nächsten Tag einen halben oder gar ganzen Tag freinehmen zu können, sollten dies auch tun dürfen.« Aber auch betriebliche Situationen machten es hin und wieder erforderlich, tageweise länger zu arbeiten: »In einem global agierenden Unternehmen etwa muss kurzfristig abends um acht ein Meeting mit den Kollegen in den USA angesetzt werden. Ein Mitarbeiter, der dann morgens um acht schon im Büro war, darf heute daran eigentlich nicht mehr teilnehmen. Das ist ziemlich aus der Zeit gefallen.«

Jan Vetter, Geschäftsführer  der Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen. FOTO: TRINKHAUS
Jan Vetter, Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen. Foto: Gerlinde Trinkhaus
Jan Vetter, Geschäftsführer der Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen.
Foto: Gerlinde Trinkhaus

Der Arbeitgeberverband schlägt daher vor, die tägliche Obergrenze ersatzlos aus dem Gesetz zu streichen. »Die EU-Arbeitszeitrichtlinie kennt ja auch nur eine Höchstgrenze für die wöchentliche Arbeitszeit – was in manchen anderen Ländern so genutzt wird. Der deutsche Gesetzgeber sollte diesen Spielraum ebenfalls nutzen«, fordert Holder. Die Gefahr, dass dadurch die Arbeitszeiten der Beschäftigten ausufern, sieht der Vorsitzende der Südwestmetall-Bezirksgruppe nicht: »Die EU-Regelungen setzen klare Grenzen zum Schutz der Beschäftigten. Hinzu kommt, dass die allermeisten Arbeitnehmer in ihren Arbeits- und Tarifverträgen noch einmal deutlich kürzere Arbeitszeiten vereinbart haben. Daran ändert sich ja überhaupt nichts.«

Martin Holder, Vorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen von Südwestmetall. FOTO: PIETH
Martin Holder, Vorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen von Südwestmetall. Foto: Frank Pieth
Martin Holder, Vorsitzender der Bezirksgruppe Reutlingen von Südwestmetall.
Foto: Frank Pieth

Auch die generelle gesetzliche Pflicht einer täglichen ununterbrochenen Ruhezeit von elf Stunden hält Vetter für überholt. Er verdeutlicht dies anhand eines Beispiels: Eine junge Mutter oder ein junger Vater müsse am frühen Nachmittag vorzeitig mit der Arbeit aufhören, um die Kinder aus der Kita abzuholen, weil diese früh schließe. Die anschließende Zeit bis in den Abend hinein werde mit der Familie oder auch mit Sport und Freizeit verbracht. Die noch ausstehende Arbeitszeit werde dann am späteren Abend, wenn die Kinder im Bett sind, nachgeholt. »Wer das Laptop um 22.30 Uhr zuklappt, darf streng genommen erst wieder um 9.30 Uhr im Büro beginnen – viel zu spät, obwohl das ja von den Beschäftigten selbst so gewollt ist«, kritisiert Vetter: »Da brauchen wir mehr Möglichkeiten, von diesen starren Ruhezeiten abzuweichen. Gerade vielen jungen Beschäftigten würde dies helfen, Beruf, Familie und Freizeit besser unter einen Hut zu bekommen.«

Chance für Modernisierung

Das Bundesarbeitsministerium hat gerade einen Entwurf vorgelegt, wie die Erfassung der Arbeitszeit im Arbeitszeitgesetz geregelt werden kann. Holder sieht daher jetzt die Chance für eine umfassendere Modernisierung: »Wenn man schon die Hand an das Gesetz legt, dann bitte doch gleich richtig.« Die Vorschläge des Bundesarbeitsministers zur Arbeitszeiterfassung hält er dabei übrigens für zu eng gefasst: »Die Entscheidung, wie und wann die Arbeitszeit aufgezeichnet werden soll, kann man den Betrieben frei überlassen.« Bei einer gesetzlichen Regelung gehe es immer darum, den Unternehmen praxisnahe, unbürokratische Lösungen zu ermöglichen.

Südwestmetall ist der Arbeitgeberverband der Metall- und Elektroindustrie in Baden-Württemberg. Er ist Ansprechpartner für die Unternehmen in arbeits- und sozialrechtlichen, tarifvertraglichen und sozialpolitischen Fragen. Die Südwestmetall-Bezirksgruppe Reutlingen und des tarifungebundenen Unternehmensverbandes Südwest betreut in den Kreisen Reutlingen, Tübingen, Calw, Freudenstadt, Zollernalb und im nördlichen Teil des Landkreises Sigmaringen 253 Betriebe mit 57.000 Mitarbeitern. (GEA)