HAYINGEN-WIMSEN. Ein wenig Abenteuer ist denjenigen garantiert, die den Weg zur Wimsener Mühle finden, einem kleinen Weiler, der zu Hayingen gehört. Etwa 50 000 Menschen lassen sich pro Jahr darauf ein. Das warme Osterwochenende und die ersten schönen Sonnenstunden Anfang April haben Fährmann Achim Maiwald und seiner Kollegin jede Menge Arbeit beschert. Sie haben die Besucher in den Booten durch die Wimsener Höhle chauffiert.
Sie sind genervt von Ihren Kindern, die ständig auf ihr Mobiltelefon oder Tablet starren, die mit Freunden nur virtuell kommunizieren, die nur schwer zu einem Ausflug in die Natur zu bewegen sind und für die schöne Umgebung keine Augen haben? Dann sollten Sie mit Ihren Kindern zur Wimsener Mühle und Höhle wandern oder fahren. Nicht nur, dass es dabei über die Schwäbische Alb und durch dieses einzigartige Stück Natur geht, Handy und Tablet der Kinder werden garantiert an Anziehungskraft verlieren.
Jede Bewegung eine Choreografie
Denn im Aachtal ist der Empfang gleich null. Von ihren Erlebnissen, einer Reise ins mystische Dunkel der Wasserhöhle, von Fischen und Fledermäusen können dann alle hinterher berichten – egal ob analog oder virtuell.
Achim Maiwald. Sein Familienname ist Omen, denn wie Armin Maiwald in der ARD-Kinderfernsehsendung »Sendung mit der Maus« ist Achim Maiwald im Tal der Aach für die Erklärungen zuständig. Die Höhle, in der ein Quellfluss der Zwiefalter Aach entspringt, kennt er aus dem Effeff genau so wie jeden Felsvorsprung in dem mit glasklarem Wasser gefluteten Gang. Auch mit dem Blick entgegen der Fahrtrichtung des kleinen Boots stößt er sich nicht den Kopf. Jede Bewegung ist wie in einer Choreografie einstudiert. In und durch die Wimsener Höhle lotst der Fährmann und Höhlenführer seit vier Jahren die Besucher zwischen April und Oktober. »Achtung, Kopf einziehen«, sagt er gerade noch rechtzeitig, und zehn Menschen ducken sich ins Boot.
Japaner, Italiener, Chinesen – alle chauffiert Maiwald 70 Meter weit ins Erdinnere, berichtet von Knochen- und Keramikfunden aus der Zeit von vor etwa 3 000 Jahren, von der Entstehungsgeschichte, vom Besuch Herzog Friedrichs 1803, der mit seinem Namen Pate für den der Friedrichshöhle stand, von Fledermäusen, anderen tierischen, aber für Besucher unsichtbaren Höhlenbewohnern und von Tauchern, die das unterirdische Gangsystem bisher auf etwa 750 Metern erforscht haben. Die Wimsener Höhle ist deutschlandweit einzigartig, sonst gibt es nirgends eine Wasserhöhle, die mit dem Boot befahren werden kann. Der Wasserstand war wohl nicht immer so hoch wie heute, denn es gibt Tropfsteine unterhalb der Wasseroberfläche. Und die können unter Wasser bekanntlich nicht wachsen.
Beim derzeit herrlichen Frühlingswetter stehen die beiden Boote an Wochenenden kaum still. »Seit diesem Jahr haben wir das mit den Tickets etwas anders organisiert«, erklärt Maiwald. Zur Bootsfahrkarte – immer zehn Passagiere passen in eines der beiden Fahrzeuge – erhalten die Besucher gleich eine Uhrzeit genannt, wann der Fährmann ablegt. Sonst gab es in dem stillen Tal doch schon mal den einen oder anderen Tumult, weil Wartezeiten und Schlange stehen für Unmut sorgten.
Wartezeit versüßen
Nun können sich die Besucher die Zeit vertreiben, die neuen Hühner hinterm Zaun beobachten, die Bachforellen an der Mühle füttern oder im historischen Gasthof Friedrichshöhle einkehren. Dort wird ihnen der Aufenthalt auf kulinarisch-schwäbische Art schmackhaft gemacht. Spätzle mit Alblinsen und Maultäschle stehen natürlich auf der Karte.
Die Saison hat gut für Achim Maiwald und seine Kollegen begonnen. Start der Höhlensaison ist am 1. April. »Aber wir haben auch schon das Wochenende am 30. und 31. März mitgenommen«, sagt er. Es waren die ersten richtig warmen Frühlingstage in diesem Jahr, an denen die Sonne die Menschen nach draußen gelockt hat. »Die Wimsener Höhle ist schon ein Besuchermagnet. Aber die Zahlen sind natürlich stark vom Wetter abhängig.« Apropos Wetter: Das Klima in der Höhle ist immer gleich – die Temperatur liegt konstant bei etwa acht Grad, die Luftfeuchtigkeit beträgt 80 Prozent. Das Naturdenkmal, das erfahren Besucher auch, ist damit zudem eine hervorragende Lagerstätte für ein Wintergebäck: Seit 2008 jedes Jahr im Spätherbst werden dort einige Butterstollen-Exemplare der Bäckerei und Konditorei BeckaBeck auf einem flachen Kahn eingelagert. Er soll dadurch ein besonderes Aroma erhalten und besonders zart sein. (GEA)
ÖFFNUNGSZEITEN
Die Höhle ist in der laufenden Saison bis zum 3. November täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Auf Anfrage ist sie aber auch schon ab 9 Uhr geöffnet. Es empfiehlt sich, gleich bei der Ankunft eine Karte am Kiosk zu kaufen. Dabei erhalten Besucher gleich die Uhrzeit für die nächstmögliche Bootsfahrt in die Höhle. Am Eingang können sie zuvor ein Video mit Informationen zu dem Naturdenkmal ansehen. Die Wartezeit können die Besucher bei einer Einkehr im Gasthof Friedrichshöhle oder im Museum in der Wimsener Mühle verbringen. Die Bootsfahrt dauert etwa acht bis zehn Minuten. Zehn Passagiere haben in einem Boot Platz. (cofi)