SONNENBÜHL. Abgesehen von einigen Schauern hat die Gemeinde Sonnenbühl ihrem Namen alle Ehre gemacht: Zum Besuch von Patrick Rapp, Staatssekretär im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, schien die Sonne, und so konnte der Politiker sich ein lupenreines Bild von den touristischen Leuchttürmen machen, die Sonnenbühl zu bieten hat. Dabei ging's hoch hinaus, tief hinunter, in gute Luft und den kulinarischen Himmel. Und Rapp war voll des Lobes.
Der Tourismus ist wesentlicher Wirtschaftsfaktor für Baden-Württemberg. Und für Sonnenbühl. Denn es geht nicht nur darum, zu jeder Jahreszeit als beliebtes Ferien- und Ausflugsziel Gäste willkommen zu heißen. Sondern Tourismus ist Wirtschaftsförderung für die gesamte Gemeinde. So sieht es Patrick Rapp.
Laut Studien ist es für Firmen in solchen Orten einfacher, Mitarbeiter zu rekrutieren, wo dank touristischer Infrastruktur die Lebensqualität gut ist. Kommen Feriengäste, gibt es Verdienstmöglichkeiten für Einzelhandel, Nahversorgung, Handwerksbetriebe, gut ausgebautes ÖPNV-Angebot. Und das kommt auch den Einwohnern zugute. »Wir müssen Überzeugungsarbeit dafür im Gemeinderat und der Bevölkerung leisten«, sagt Bürgermeister Uwe Morgenstern.

Sonnenbühl hat sich mit der Schaffung einer Stelle für die Leitung des Fachbereichs Tourismus 2020 auf den Weg gemacht, das Potenzial der Attraktionen wie Bären- und Nebenhöhle, Luftkurort, Osterei-Museum, Wanderwege in unberührter Natur, kulinarische Perlen, verstärkt in den Fokus zu rücken, neue Impulse zu setzen und die Tourismusdestination weiterzuentwickeln. Aber es gibt noch jede Menge Baustellen. Man müsse ein Bewusstsein schaffen dafür, wie wichtig der Tourismus für eine Gegend, eine Gemeinde sei, sagt Rapp. Dabei könnte der Blick von außen hilfreich sein. »Für kleine Gemeinden ist der Tourismus die einzige Möglichkeit, Infrastruktur und Attraktivität zu erhalten«, pflichtet ihm Gerd Windhösel, Sternekoch aus Erpfingen und stellvertretender Vorsitzender des Tourismusvereins Sonnenbühl, bei. Während so manche Firma ihren Standort möglicherweise ins Ausland verlagert oder in der Vergangenheit wie mit dem Sterben der Textilindustrie in Sonnenbühl ganze Wirtschaftszweige wegbrachen, bieten Tourismus, Gastronomie und Hotellerie »nicht verlagerbare Arbeitsplätze«, die nicht nach China oder sonst wohin migrieren können.
Im Freizeitpark Traumland führten Ines und Tobias Ehe den Staatssekretär über das Gelände. Fahrten auf dem gerade für 400.000 Euro generalüberholten Riesenrad, der für 2,6 Millionen Euro neu gebauten Wichtelexpress-Achterbahn und dem elf Meter hohen Biberhopser inklusive. Seit 50 Jahren finden Familien hier Fahrgeschäfte und Kurzweil. Man müsse immer am Ball bleiben, um die Besucher anzulocken, sagt Geschäftsführerin Ines Ehe. Und die Mitbewerber im Blick behalten. Die 1990er-Jahre seien die fetten Jahre gewesen, Ende des Jahrzehnts gingen die Zahlen drastisch zurück. Das Traumland hat die Abwärtsspirale überwunden, sich zwischen 2010 und 2020 von 100.000 auf 200.000 Besuche gesteigert. 50 Mitarbeiter beschäftigt der Freizeitpark ganzjährig, in der Saison arbeiten 200 Kräfte dort - immer freundlich, motiviert und der deutschen Sprache mächtig. Eine Extra-Kampagne hat sich an »Best Ager« gerichtet, die das Team verstärken. »Ihr macht das toll«, lobte Rapp.
»Jetzt wird's teuer«, sagte Manuel Hailfinger, Vorsitzender des Tourismusvereins, als er, der Staatssekretär und die ihn begleitende Gruppe mit Sonnenbühls Tourismuschefin Ulrike Müller, Sarah Reinhardt, Geschäftsführerin von Mythos Schwäbische Alb, der Erpfinger Ortschaftsrätin Nadine Carle nach einem Rundgang durch die Bärenhöhle in den Luftkurort Erpfingen zum Marktplatz aufbrachen. Hier liegt eine der Baustellen im Sonnenbühler Tourismusbereich. Die Tourist-Info soll aus Undingen hierher umziehen. Aber wohin? Ein Haus des Tourismus soll entstehen.

Ulrike Müller sieht den Standort dafür im Fachwerk-Rathaus mit anschließendem Haus des Gastes, das in ihrer Vision entkernt werden sollte und in dem dann auch Räume für die Sammlung des Ostereimuseums, die nach Auflösung des Fördervereins in den Besitz der Gemeinde übergegangen ist, zur Verfügung stehen könnten. Vielleicht gebe mit dem Beitritt ins Biosphärengebiet auch die Möglichkeit, eine Infopoint-Stelle des Reservats hier einzurichten, sagt Hailfinger. Mit in die Überlegungen einzubeziehen ist die künftige Entwicklung der gesamten Erpfinger Ortsmitte mit dem Feuerwehrhaus und dem leerstehenden, der Gemeinde gehörenden Haus Schlossstraße 1. Dafür wünscht sich die Gemeinde Fördermittel vom Land.
Der Staatssekretär schluckt. Er sei keine zweibeinige Fördermitteldatenbank. Er sichert aber beratende Unterstützung zu, die die Gemeinde in Anspruch nehmen könnte, auch beim Regierungspräsidium gebe es eine Förderberatung und manche Förderprogramme verschiedener Ministerien ließen sich kombinieren. »Ich vermittel gern.« Viele Aufgaben würden den Kommunen vom Land auferlegt, es sei wichtig, dass das Land auch etwas an Gemeinden zurückgebe, was ihre Leistungsfähigkeit übersteigt. »Wir finden Wege, da stehen wir Ihnen zur Seite«, sagt Rapp, erwartet aber auch, dass ein Konzept von der Gemeinde kommt.

Den Austausch mit Lokalpolitikern und Touristikern setzte Rapp im Romantikhotel Hirsch fort. Nicht ohne Gerd Windhösel zu gratulieren, der im März zum 30. Mal in Folge seinen Michelin-Stern erhalten hat. Vom Bürgermeister gab's dafür ein Blumenbouquet und eine Flasche Bärenhöhlenwein - eine weitere erhielt Rapp, der ja zuvor auch die neu eingelagerten Fässer in der Bärenhöhle gesehen hatte. Windhösel, der sich als »ziemlich harten Hund« bezeichnete, berichtete über sein Erfolgsrezept. Man müsse laufend Qualitätsbewusstsein an den Tag legen. Als einer der »Pioniere der Regionalität« »wollte ich einfach gut kochen«. Es sei damals nicht klar gewesen, dass er ausgezeichnet wird.

Heute seien Regionalität und der Nachhaltigkeitsgedanke hinlänglich akzeptiert und die Ausgangslage für Köche mit Sterneambitionen besser. »Man muss Spaß und Freude an der Arbeit haben, es nicht verbohrt und als Passion sehen.« Neuen Ansporn, den nächsten Tag wieder so wie den vorangegangenen anzugehen, gebe ihm immer der Smalltalk mit Gästen. Zum Smalltalk auf der Hirsch-Terrasse servierte Windhösel zehn kleine Köstlichkeiten aus der Sterneküche, die das traumhafte Tourismusziel Sonnenbühl auch mit kulinarischen Genussfreuden repräsentierten. Unter anderem mit Rehsalami und gepickeltem Radieschen, Wagyu-Tartar, karamellisiertem Ziegenkäse, Buchweizenrisotto, Saibling aus dem Heißrauch, gepökeltem Schweinebäckchen, Quarkmousse mit Erdbeeren und Rhabarber und Karamelleis mit Apfelragout endete Patrick Rapps Besuch in Sonnenbühl, bevor er seine Reise nach Zwiefalten zur Tress Lebensmittel GmbH und nach Wimsen fortsetzte. (GEA)