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Aktuell Windkraft

Wie die Alb einen Beitrag zur Energiewende leisten soll

Online-Podium mit den Alb-Bürgermeistern und Umweltministerin Thekla Walker: Die Region wird weitere Windparks bekommen. Es werden verträgliche Lösungen gesucht.

Die sechs Windräder im Vordergrund (bei den Münsinger Stadtteilen Auingen und Böttingen) sind bislang die einzigen im Landkreis
Die sechs Windräder im Vordergrund (bei den Münsinger Stadtteilen Auingen und Böttingen) sind bislang die einzigen im Landkreis Reutlingen. Das wird sich ändern. Foto: Grohe
Die sechs Windräder im Vordergrund (bei den Münsinger Stadtteilen Auingen und Böttingen) sind bislang die einzigen im Landkreis Reutlingen. Das wird sich ändern.
Foto: Grohe

MÜNSINGEN/TROCHTELFINGEN. Für Landrat UIrich Fiedler geht es darum, »die bestmögliche Lösung für diese Raumschaft zu suchen«. Denn – das betonten alle Teilnehmer der interkommunalen Infoveranstaltung »Windenergie auf der Mittleren Schwäbischen Alb« – auch diese Region ist gefordert, ihren Betrag zur Energiewende und zum Klimaschutz zu leisten. In einem aus der Münsinger Zehntscheuer übertragenen Online-Podium diskutierten Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus neun Albgemeinden unter anderem mit Thekla Walker, der Ministerin für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft.

Bislang kommt die Windenergie in Baden-Württemberg erst auf einen Anteil von rund sieben Prozent bei der Bruttostromerzeugung. »Das reicht natürlich bei Weitem nicht«, betonte Thekla Walker. Mehr Windräder im Land seien »alternativlos«. Allerdings ist der Ausbau seit einigen Jahren sehr ins Stocken gekommen, wie die Umweltministerin rekapitulierte, die unter anderem die sehr aufwendigen Genehmigungsverfahren dafür verantwortlich machte.

Auch in der Region verlief die Suche nach möglichen Standorten irgendwann im Sande. Dr. Claudius Müller, der Ordnungsdezernent im Landratsamt, berichtete von der schon vor fast zehn Jahren begonnenen Arbeit an einem kreisweiten Gesamtkonzept, bei dem von verschiedenen Prüfflächen einzig der Bereich Planwald bei Gomadingen übrig geblieben ist, für den es jetzt auch konkrete Planungen gibt (siehe Bericht unten). Die meisten der möglichen Standorte scheiterten am Artenschutz: Der Rotmilan fliegt auf der Alb fast überall.

»Die 1,8 Millionen Bürger der Schwäbischen Alb wollen nicht zurück in die Höhlen«

Um im Konflikt zwischen Klima- und Artenschutz eine Lösung zu finden, hat das Land seine Vorgaben zu »Dichtezentren« in der Rotmilan-Population neu gefasst. Windkraft scheidet dann aus, wenn im 3,3-Kilometer-Radius um ein geplantes Windrad sieben oder mehr Revierpaare gezählt werden. Populationsstärkende Maßnahmen in von der Windkraft freigehaltenen Bereichen könnten den Verlust von einzelnen Exemplaren durch Windräder kompensieren, sagte Claudius Müller.

Rund zwei Prozent der Landesfläche werden laut Thekla Walker für Windkraft- und Fotovoltaikanlagen gebraucht, um die Klimaschutzziele der Landesregierung zu erreichen und auch den Wegfall der Atomenergie zu kompensieren: Im kommenden Jahr werde das letzte Atomkraftwerk in Baden-Württemberg abgeschaltet. In den Gemeinden der Mittleren Schwäbischen Alb, die es zusammen auf etwa 67 000 Hektar bringen, machen die aktuell in der Prüfung befindlichen Suchräume ungefähr 1,7 Prozent der Fläche aus, wie Stadtplaner Clemens Künster vorrechnet. Allerdings werden sich diese Suchräume voraussichtlich noch deutlich reduzieren. Die bereits als geeignet ausgewiesenen Standorte umfassen 0,27 Prozent der Gesamtfläche – für die Umweltministerin immerhin »ermutigend«.

Dass auch die Kommunen ihren Beitrag zum Zukunftsthemen Klimaschutz leisten wollen, unterstrichen alle Beteiligten. Gomadingens Bürgermeister Klemens Betz erinnert daran, dass die Energiewende kurz nach dem Fukushima-Unglück gesellschaftlicher Konsens war und damit auch die weitgehend Windenergie akzeptiert wurde. »Leider ist die Halbwertszeit unserer Gedanken eine andere als die Halbwertszeit der Rückstände aus Atomkraftanlagen.«

Sein Münsinger Amtskollege Mike Münzing betonte, dass auch die Bevölkerung auf der Alb von einer dezentralen Energieproduktion profitiere: »Die 1,8 Millionen Bürger der Schwäbischen Alb wollen nicht zurück in die Höhlen.« Und mit dem weiteren Ausbau der E-Mobilität werde die Erzeugung umweltfreundlichen Stroms wichtiger denn je. Eine politische Lösung forderte Münzing außerdem für die vielen Windkraft- und Fotovoltaikanlagen der ersten Stunde, die vom Netz gehen sollen, weil die Einspeiseverträge auslaufen: »Das ist inakzeptabel.«

Sich in der Energieerzeugung dezentral aufzustellen, kann für eine Region künftig sogar ein entscheidender Vorteil sein, wie die Umweltministerin betonte: »In der Pandemie haben wir gelernt, wie wichtig es ist, eigene Versorgungsstrukturen vorzuhalten.« Gerade für die Modellregion Biosphärengebiet sieht auch Landrat Fiedler hier eine Aufgabe und eine Chance.

Die vom Forum Energiedialog organisierte und von Jakob Lenz moderierte Online-Diskussion war die erste von mehren weiteren Infoveranstaltungen, in denen es dann um einzelne konkrete Projekte gehen und bei denen auch die Öffentlichkeit einbezogen werden soll. So sind beispielsweise für Gomadingen und Trochtelfingen bereits Dialog-Abende geplant. (GEA)

VIDEO-STREAM

Die Podiumsdiskussion »Windenergie auf der Mittleren Schwäbischen Alb« ist als Video-Stream im Netz verfügbar.

youtu.be/Lr6id441Fws