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Wassermangel auf der Alb führte zum Bau des Rossbrunnens in Lonsingen

Der rund 200 Jahre alte Rossbrunnen ist das Wahrzeichen von Lonsingen. Zu gerne möchte man die ehemalige Schöpfvorrichtung wiederherstellen.

Spektakulär ist das über zwölf Meter breite Becken des Rossbrunnens, der vom Quellhäusle im Hintergrund gespeist wird.
Spektakulär ist das über zwölf Meter breite Becken des Rossbrunnens, der vom Quellhäusle im Hintergrund gespeist wird. Foto: Fotos: Böhm
Spektakulär ist das über zwölf Meter breite Becken des Rossbrunnens, der vom Quellhäusle im Hintergrund gespeist wird.
Foto: Fotos: Böhm

ST. JOHANN-LONSINGEN. Urig und spektakulär ist der denkmalgeschützte Rossbrunnen in Lonsingen. Von der Kirchstraße aus ist er den Hang aufwärts in der Roßbrunnenstraße leicht zu finden. Die Anlage ist ein Zeugnis dafür, was man sich um 1800 gegen den Wassermangel auf der Schwäbischen Alb einfallen ließ. Wilfried Maschke aus der Nachbarschaft hat sich damit auseinandergesetzt.

Imposant ist der aufgemauerte Ring mit einem Durchmesser von zwölfeinhalb Metern. Während der obere Teil aus Tuffstein besteht, ist es unten wasserdichter Kalkstein. Gewachsener Lehmboden dichtet den Brunnen ab. Sieben Meter geht es vom Rand aus in die Tiefe. Im Wasser spiegelt sich der Himmel, Goldfische und Rotfedern fühlen sich wohl. Sie seien wohl, so Maschke, aus einem Gartenteich hierher ausgesetzt worden. Alles regele sich von selbst, der Brunnen werde so gut wie nie gesäubert. Wohl 1977 sei er das letzte Mal ausgeräumt worden. »Dabei haben wir ein Gewehr aus dem Zweiten Weltkrieg gefunden.« Jemand müsse es schleunigst im Brunnen entsorgt haben. Gelegentlich sei sogar jemand im Brunnen geschwommen, obwohl es, wegen all der Fische, sicherlich angenehmere Swimming Pools gibt. Lange Zeit diente der Brunnen mit einem Fassungsvermögen von 450.000 Litern auch als Löschwasserreserve.

Nur ausnahmsweise öffnet Wilfried Maschke das Brunnenhäuschen.
Nur ausnahmsweise öffnet Wilfried Maschke das Brunnenhäuschen. Foto: Gabriele Böhm
Nur ausnahmsweise öffnet Wilfried Maschke das Brunnenhäuschen.
Foto: Gabriele Böhm

Laut Chronik von Rueß 1982 wurde der Brunnen 1822 aus zwei kleineren Brunnen gebildet und nach einem Teileinsturz 1825 in massiverer Bauweise wiederhergestellt. Im Rand des Brunnens gibt es eine Mauerlücke, heute verschlossen mit Brettern. Wie historische Fotos zeigen, diente die Lücke dazu, leichter die vollen Eimer in den rund fünf Meter langen Steintrog gießen zu können, aus dem das Vieh trank. Heute dient er als Pflanzgefäß für Blumen.

Daneben ist der Stumpf eines vor rund vier Jahren abgesägten, rund viereinhalb Meter hohen Pfostens mit einem Durchmesser von 40 Zentimetern zu sehen. Es ist der Rest der Ziehvorrichtung, mit der früher das Wasser von der Brunnensohle hinaufgeholt wurde. Dazu bewegte man einen Schwenkarm, der in eine Kerbe des Pfostens eingesetzt war. »Weil das Holz morsch geworden war, hat der Bauhof diese Mechanik abgebaut«, berichtet Maschke. Alle, die er kenne, wollten den Aufbau zurückhaben, weil er einfach zum Brunnen dazugehöre. Deshalb freue man sich sehr darüber, dass Förster Enzian Schneider sich bereits um passende Baumstämme bemühe. Erst damit werde der Brunnen wieder vollständig.

Dringend gesucht: Ein kräftiger Baum für die Ziehmechanik, die wegen Holzschadens abgesägt werden musste.
Dringend gesucht: Ein kräftiger Baum für die Ziehmechanik, die wegen Holzschadens abgesägt werden musste. Foto: Gabriele Böhm
Dringend gesucht: Ein kräftiger Baum für die Ziehmechanik, die wegen Holzschadens abgesägt werden musste.
Foto: Gabriele Böhm

Neben dem Brunnen steht das Quellhäusle, dass nicht ohne Grund normalerweise fest verschlossen ist. Rund sechs Meter geht es in einem engen Schacht hinunter, innen schlägt einem die Kühle entgegen. In einem gemauerten Gewölbe fängt sich das Quellwasser vom Kirchberg. Vor einigen Jahren bekam das Häusle einen neuen Dachstuhl und Biberschwanzziegel, nachdem die alten Ziegel beim Abdecken zerbröselten.

Sechs Meter geht es im Brunnenhäuschen hinab, unten steht das Wasser.
Sechs Meter geht es im Brunnenhäuschen hinab, unten steht das Wasser. Foto: Gabriele Böhm
Sechs Meter geht es im Brunnenhäuschen hinab, unten steht das Wasser.
Foto: Gabriele Böhm

1897 wurde am Brunnen ein weiteres Reservoir angelegt. Komplett unterirdisch ist das Bauwerk nicht zu sehen. Die Feuerwehr greift heute im Notfall auf das Wasser zu, dass über eine Schachtabdeckung zugänglich ist. »Darunter gibt es einen Anschlussstutzen«, berichtet Ralf Bauder, Abteilungskommandant a. D. »Das ist für uns einfacher, als das Wasser aus dem Brunnen zu holen.«

Wilfried Maschke und der ehemalige Feuerwehrkommandant Ralf Bauder stehen genau über dem unterirdischen Reservoir. Im Vordergrun
Wilfried Maschke und der ehemalige Feuerwehrkommandant Ralf Bauder stehen genau über dem unterirdischen Reservoir. Im Vordergrund der alte Brunnentrog. Foto: Gabriele Böhm
Wilfried Maschke und der ehemalige Feuerwehrkommandant Ralf Bauder stehen genau über dem unterirdischen Reservoir. Im Vordergrund der alte Brunnentrog.
Foto: Gabriele Böhm

Im Karstgebiet der Alb war Wasser über Jahrtausende eine Kostbarkeit. In Lonsingen, so Maschke, sind in den Archivalien um die Mitte des 19. Jahrhunderts drei Schöpf- und zwei Pumpbrunnen bekannt. Außerdem gab es eine Hüle. Am Backhaus begann 1862 auch der Bau einer Zisterne. Regelmäßig gab es in den Trockenperioden von August bis November und 1881 bis 1882 sogar ein ganzes Jahr lang behördliche Wasserrationierungen. Die Gemeinde verpflichtete dazu eine Aufsichtsperson, die das Wasserholen überwachte. Täglich durfte nur eine Stunde lang und auch nur eine bestimmte Menge Wasser pro Haushalt geholt werden. In Notzeiten habe man mit Karren das Wasser aus Gächingen herbringen müssen. »Die Wasserversorgung war erst 1909 durch den Anschluss an die Uracher ALB Gruppe gesichert«, berichtet Maschke. (GEA)