HAYINGEN. Mühlen sind magische Orte, Otfried Preusslers Roman »Krabat« zeugt davon. Auch die Wimsener Mühle hat ihre dunklen Seiten: 1480 musste der Müllermeister Jörg Algöwer dem Abt Georg schwören, sich Zwiefalten nicht mehr als zwei Meilen zu nähern. Ob Algöwer wie Krabats Meister schwarze Magie betrieben hatte, ist nicht bekannt, wahrscheinlich ging es nur um nicht bezahlte Pachten und Fischwilderei in der Aach.
Diese Episode und einiges mehr kann man im Buch »Mühlen an der Zwiefalter Aach - die Wimsener Mühle und die Triebwerke in Gossenzugen, Zwiefalten und Zwiefaltendorf« nachlesen. Der Historiker Professor Dr. Rainer Loose hat bereits vor 30 Jahren eine Broschüre zu den Mühlentriebwerken an der Aach veröffentlicht. Das Interesse war groß, das Büchlein schnell vergriffen. Der Geschichtsverein Zwiefalten drängelte, Loose hat seine Forschungen jetzt nicht in einer Broschüre, sondern wesentlich ausführlicher in einem Buch veröffentlicht. Wer der Faszination »Mühle« verfallen ist, findet hier Grundlegendes über die Nutzung von Wasserkraft, Mühlentechnik, die Bedeutung der Mühlen in der Geschichte und die Rechtsgeschichte.
Wer zuerst kommt, mahlt zuerst
Ohne Mehl kein Brot und auch kein Geld, die Müllerei war für das Volk und die Obrigkeit von zentraler Bedeutung. Davon zeugen die Mühlordnungen, die Rechte und Pflichten der Müller und ihrer Kunden minutiös regeln. Eine der Regeln hat sich bis heute in der Alltagssprache gehalten: »Wer zuerst kommt, mahlt zuerst.« Dass die Müller zumindest unter ihren Kunden, den Bauern, nicht wohlgelitten waren, führte dazu, dass sie den »unehrenhaften Gewerben« zugeordnet wurden. Den Müllern hat man anscheinend so wenig getraut wie den Bierbrauern.
Die Zwiefalter Aach hat ein »Ewiges Wasser«, auch in Trockenzeiten fließt noch genug Wasser, um die Mühlräder anzutreiben. Auch wenn der Durchfluss durchaus schwankt: 588 Liter pro Sekunde sind es im Mittel, im Trockenjahr 2018 waren es nur 120, es können aber auch mal 7.000 Liter pro Sekunde sein. Davon, dass der Standort Wimsen auch seine Nachteile hatte, zeugen die Klagen der Bauern über die steile Anfahrt, die nur mit reichlich Pferde- oder Ochsenstärken zu bewältigen war. Manch einer hätte gern woanders gemahlen, aber da war der Mühlenbann vor. Das Kloster Zweifalten legte zum Beispiel großen Wert darauf, dass auch die Wilsinger und Oberstetter hinunter an die Aach fuhren, anstatt ins benachbarte Trochtelfingen.
Turbinen produzieren Strom
Loose widmet sich ausführlich den Triebwerken an der Aach, und davon gibt es eine Menge. Von der Hasenmühle bis hinunter nach Zwiefaltendorf, wo die Aach in die Donau mündet. Von der mittelalterlichen Getreidemühle bis zu hochmodernen Turbinen zur Stromerzeugung, die noch in Betrieb sind, finden oder fanden sich entlang der Aach so ziemlich alle Formen der Nutzung der Wasserkraft. Papier- und Hammermühlen, Sägewerke oder Gips- und Ölmühlen - Wasserkraft war und ist ein wichtiger Energielieferant. Auch interessant: Der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), der sich in der Region dem Breitbandausbau widmet, und die Energieversorgung Schwaben (EVS), die später in der Energie Baden-Württemberg (EnBW) aufging, waren hier früh als Stromproduzenten am Wasser.
Mühlen an der Zwiefalter Aach
Das Buch »Mühlen an der Zwiefalter Aach - die Wimsener Mühle und die Triebwerke in Gossenzugen, Zwiefalten und Zwiefaltendorf« von Rainer Loose wird vom Geschichtsverein Zwiefalten herausgegeben. Das Werk hat 145 reich bebilderte Seiten mit viel Kartenmaterial und ist auf den Rathäusern in Hayingen und Zwiefalten sowie in der Ulrich'schen Buchhandlung in Riedlingen und der Buchhandlung im Stadt-Zentrum in Hayingen erhältlich. Oder direkt beim Geschichtsverein Zwiefalten. (GEA) gauberg@geschichtsverein-zwiefalten.de
Dem Wimsener Ensemble, wie es sich heute darstellt, wird in einem literarischen Rundgang Raum eingeräumt. Um 1100 gegründet, kann die Wimsener Mühle auf fast ein Jahrtausend Geschichte zurückblicken. Die Geschichte der Friedrichshöhle, der Oberen oder Hasenmühle, des Gasthauses Friedrichshöhle und der Unteren Mühle laden zum Besuch ein. Manche Triebwerke sind Geschichte, von anderen sind die Gebäude erhalten, wieder andere arbeiten noch. Das Buch ist auch ein Wanderführer, Loose beschreibt, wie die Zeugen der schwäbischen Wirtschaftsgeschichte angesteuert werden können.
Das Buch ist bereits im Handel, in größerer Runde wird es am Deutschen Mühlentag, Pfingstmontag, 20. Mai, vorgestellt. Treffpunkt ist in Wimsen um 13.30 Uhr zur Buchpräsentation, es folgt eine Führung durch die Mühle mit Ausstellung der Mühlenmodelle und Umgebung. Dann geht es weiter nach Zwiefaltendorf. Dort wird das Buch um 15 Uhr präsentiert. Die dortigen Wassertriebwerke der Firmen Reitter und des Sägewerks Beck werden besichtigt und erläutert. Und ein Vesper gibt es zum Abschluss auch. (GEA)